Frag‘ Anwalt Woesch: „Grundfakten Erbrecht“

Vorsorge treffen durch Testament – Streit unter Miterben vermeiden.

I. Was muss im Erbfall alles geregelt werden?

Viele Rechtsfragen sind zu klären, u.a.:

  • Ausstellung Totenschein und Sterbeurkunde
  • Regelung der Beisetzung
  • Klärung des Mietverhältnisses
  • Ablieferung des Testaments
  • Benachrichtigung eines Testamentsvollstreckers
  • Benachrichtigung der Versicherungen
  • Mitteilung an Berufsverbände und Vereine
  • Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft?
  • Erbscheinantrag und Grundbuchberichtigung

II. Die gesetzliche Erbfolge

Ist ein gültiges Testament vorhanden, geht dies der gesetzlichen Erbfolge immer vor.  Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge! Danach erben grundsätzlich nur Verwandte, d.h. Personen, die mit dem Erblasser gemeinsame Vorfahren hatten.

Erben 1. Ordnung

Abkömmlinge des Verstorbenen: Kinder, Enkel, Urenkel, auch nichteheliche und adoptierte Kinder. Sind Erben der 1. Ordnung vorhanden, gehen alle anderen Verwandten leer aus.  Kindeskinder (Enkel, Urenkel…) erben nur, wenn ihre Eltern (also die Kinder des Erblassers) bereits verstorben sind oder das Erbe ausgeschlagen haben.

Erben 2. Ordnung

Eltern des Verstorbenen und deren Kinder und Kindeskinder (Geschwister, Neffen und Nichten des Erblassers).  Diese erben nur, wenn keine Verwandten der 1. Ordnung vorhanden sind.  Leben zur Zeit des Erbfalls beide Elternteile noch, so erben sie allein und verdrängen die Geschwister des Erblassers und deren Kinder.

Erben 3. Ordnung

Großeltern und deren Kinder und Kindeskinder (Tante, Onkel, Cousin, Cousine…).  Diese erben nur, wenn keine Verwandten der 2. Ordnung vorhanden sind. Sind alle vier Großelternteile noch am Leben, erben sie allein und zu gleichen Teilen. An die Stelle eines verstorbenen Großelternteils treten dessen Abkömmlinge. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so fällt das Viertel der Großmutter dem Großvater (und umgekehrt) zu. Lebt ein Großelternpaar nicht mehr, so erbt das andere Großelternpaar den ganzen Nachlass.

Erbrecht des Ehepartners

Der überlebende Ehepartner erbt neben Abkömmlingen zu 1/4, neben Verwandten der 2. Ordnung und neben Großeltern zur Hälfte.  Haben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt (dies ist der Fall, wenn kein Ehevertrag existiert), so erhöht sich dieser Erbteil um 1/4. Sind die Ehepartner geschieden, besteht kein Erbrecht. Das Ehegattenerbrecht gilt entsprechend für gleichgeschlechtliche Paare einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

Paare ohne Trauschein

Kein gesetzliches Erbrecht

Erbrecht des Fiskus

Ist weder ein Ehegatte noch ein Verwandter festzustellen, fällt der Nachlass an den Staat.

III. Nachteile der gesetzlichen Erbfolge

Ohne Testament entsteht zwischen dem überlebenden Ehepartner und den Verwandten des Erblassers eine Erbengemeinschaft.  In vielen Fällen entspricht die gesetzliche Erbfolge nicht den Wünschen des Erblassers, etwa weil der überlebende Ehegatte nicht hinreichend abgesichert ist. Bei Nachlassimmobilien ist eine solche Zwangsgemeinschaft besonders gefährlich.  Dagegen hilft ein klar formuliertes Testament

  • Streit zu verhindern
  • Vermögen zu erhalten
  • Erbsteuerlast zu vermeiden
  • das Vermögen gerecht zu verteilen

IV. Formen letztwilliger Verfügungen

Das private Testament.

Eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung. 

Das öffentliche Testament

Vor einem Notar errichtet, in amtlicher Verwahrung beim Amtsgericht (in BW beim Notariat)

Das gemeinschaftliche Testament

Ehegatten können in einer Urkunde gemeinsam ihren letzten Willen niederlegen: handschriftlich durch einen Ehegatten und durch beide unterschrieben

„Berliner Testament“

Das „Berliner Testament“ sorgt dafür, dass das Vermögen des einen Ehepartners erst nach dem Tod der Witwe bzw. des Witwers an die eigenen Kinder oder nahe Verwandte vererbt wird.

Erbvertrag

Verbindliche Bestimmung, wer Erbe oder Vermächtnisnehmer werden soll, notarielle Form erforderlich.

Für alle letztwilligen Verfügung gilt: sicher verwahren! Denn immer wieder gehen Testamente verloren oder werden von nicht bedachten Angehörigen beseitigt.

V. Fehler bei der Testamentserrichtung vermeiden

90% aller privatschriftlichen Testamente sind laut Stiftung Warentest

  • unklar
  • widersprüchlich
  • unvernünftig
  • gänzlich unwirksam

Gesetzliches Formerfordernis: das private Testament muss eigenhändig verfasst und unterschrieben sein. Ist das Testament mit Schreibmaschine oder Computer geschrieben oder fehlt die Unterschrift, so ist es ungültig mit der Folge, dass nur die gesetzlichen Erben zum Zuge kommen.

VI. Inhalt eines Testamentes

Ziele eines Testamentes:

  • Gerechte und zügige Verteilung des Nachlasses
  • Schutz des Vermögens
  • Erhaltung des Familienfriedens
  • Finanzielle Absicherung des Ehepartners und anderer Angehöriger

In einem Testament kann frei bestimmt werden, wer was und unter welchen Umständen bekommen soll.  Streit unter den Erben kann vermieden werden durch

  • Einsetzen eines Testamentsvollstreckers
  • Ausschließen von Auseinandersetzungen für den gesamten Nachlass oder Teile des Nachlasses
  • Teilungsanordnungen
  • Anordnung von Schiedsverfahren

VII. Der Pflichtteil

Sind die nächsten Angehörigen durch ein Testament enterbt worden, haben sie einen gesetzlichen Anspruch darauf, einen Teil des Nachlasses in Geld zu erhalten. Pflichtteilsberechtigt sind nur die Abkömmlinge des Erblassers oder (falls keine Abkömmlinge vorhanden sind) dessen Eltern sowie der überlebende Ehegatte.  Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils

VIII. Die Auslandsimmobilie

Hatte der Erblasser Grundvermögen im Ausland, stellt sich die Frage, ob die deutsche Erbrechtsordnung oder die ausländische zur Anwendung kommt.

Beispiel: Hat ein Deutscher neben seinem Vermögen in Deutschland auch eine Ferienwohnung in Frankreich, unterliegt im Erbfall diese französische Immobilie dem französischen Erbrecht. Achtung: In romanischen Staaten, etwa Italien, wird weder das gemeinschaftliche Ehegattentestament noch ein Erbvertrag anerkannt!

(c) RA Rudolf Woesch, Leimen 2012

 

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