„Wut, Zorn und Enttäuschung“ über die geplante Abschaffung der Realschule

Bildungs- und Begabungsforscher Prof. em. Dr. Kurt A. Heller stellte die baden-württembergische Bildungs- und Schulpolitik auf den Prüfstand

246 - Prof Heller

Bildungs- und Begabungsforscher Prof. em. Dr. Kurt A. Heller

(bu – 14.3.13) „Das war wissenschaftlich ein Hochgenuss“ – so das Urteil eines Besuchers, der sich nach dem Vortrag des international renommierten Bildungs- und Begabungsforschers Prof. em. Dr. Kurt A. Heller als Erster in der rund einstündigen Diskussionsrunde zu Wort meldete. Heller war am gestrigen Montag auf Einladung des CDU-Ortsverbandes Wiesloch, des Landtagsabgeordneten Karl Klein (CDU) und der CDU-Kreistagsfraktion Rhein-Neckar in der Weinstadt vor Ort, um aus wissenschaftlicher Sicht die aktuelle Bildungs- und Schulpolitik des Landes Baden-Württemberg zu beleuchten und stellte gleich zu Beginn diesbezüglich fest: „Was derzeit in Baden-Württemberg geschieht, das ist traurig und ärgerlich zugleich.“

Der aus Baden stammende und in Bayern beheimatete Heller weiß, wovon er spricht: Seit Jahrzehnten widmet er sich intensiv den Themen Bildung und Begabung, seine Publikationsliste umfasst rund 550 Titel, für zahlreiche Forschungsprojekte im nationalen und internationalen Kontext zeichnet der Direktor des LMU-Zentrums für Begabungsforschung der Universität (LMU) München verantwortlich. Nahezu eineinhalb Stunden dauerte sein auf wissenschaftlichen Fakten basierender Vortrag, im Rahmen dessen er mit „ideologischen Irrtümern in der Bildungspolitik“ aufräumte.

„Ich kenne keine seriöse Studie, die nach wissenschaftlichen Standards überprüfbar ist und die das belegt, was die Advokaten der Gemeinschaftsschule behaupten“, sagte Heller, „gegen jegliche wissenschaftlichen Erkenntnisse soll die Gemeinschaftsschule durchgedrückt werden. In der Medizin wäre es undenkbar, dass man wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert. Das Traurige daran ist, dass es nicht diejenigen ausbaden müssen, die dafür verantwortlich sind.“ Und weiter: „Gemeinschaftsschulen versprechen eine schöne heile Welt, die es nicht gibt. Das gegliederte Schulwesen hat sich eindeutig als überlegen erwiesen, gerade auch im Hinblick auf den sozialen Chancenausgleich und individuelle Bildungserfolge. Die wissenschaftlichen Fakten sprechen für mehr und nicht für weniger Differenzierung.“

Das Abschaffen des Sitzenbleibens in der Schule hält Heller („Da wette ich um Millionen mit Ihnen, dass damit das eigentliche Problem nicht behoben wird“) ebenso für kontraproduktiv wie eine Verlängerung der vierjährigen Grundschulzeit: „Nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand ergeben sich sowohl für die schwächeren Schüler wie auch die begabteren Schüler erhebliche Nachteile.“ Seine Aussagen belegte der Wissenschaftler, der sich auch durch einen kurzfristigen kompletten Stromausfall in der Mensa des Ottheinrich-Gymnasiums Wiesloch nicht in seiner engagierten Rede bremsen ließ, durch zahlreiche Folien. Man merkte: Heller geht es darum, der Jugend bestmögliche Lebens- und Berufschancen zu eröffnen.

Weitere Podiumsteilnehmer waren Karl Klein MdL, Dr. Stephan Harbarth MdB, Bruno Sauerzapf (Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion Rhein-Neckar), Alexander Oberst (VBE Baden-Württemberg / Referat Realschule) und Adrian Seidler (CDU-Ortsverband Wiesloch).

Karl Klein MdL führte aus, dass Grün-Rot das baden-württembergische Bildungs- und Schulwesen, das sowohl national als auch international gut aufgestellt und anerkannt sei, negativ verändere. Nach Aussagen des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann soll es zukünftig nur noch ein 2-Säulen-Modell bestehend aus Gymnasium und Gemeinschaftsschule geben – dies würde für die Realschulen das Aus bedeuten.

Bruno Sauerzapf betonte, dass sich die CDU – Kreistagsfraktion Schulwesens intensiv mit der Thematik Bildung beschäftige. In einem sehr guten Gespräch mit den Schulleiterinnen und Schulleitern der beruflichen Schulen des Rhein-Neckar-Kreises wurde die evtl. Auswirkungen der Gemeinschaftsschulen auf das berufliche Schulwesen kritisch diskutiert. Nahezu 50 % aller Studierenden haben ihr Abitur an den beruflichen Gymnasien oder den Berufskollegs abgelegt. Es besteht bereits eine sehr gut funktionierende Oberstufe als zweiten Bildungsweg zum Abitur. Deshalb müsste – sollten die Gemeinschaftsschulen als Regelschulen eingeführt werde – auf die Oberstufe in dieser Schulart verzichtet werden, weil ansonsten kostspielige Doppelstrukturen entstehen. Sauerzapf betonte, dass die Kreistagsfraktion ein Eindruck habe, dass es den beruflichen Schulen in Stuttgart an einer Lobby fehlt..

Alexander Oberst (Verband Bildung und Erziehung Baden-Württemberg / Referat Realschule) plädierte überzeugend für die Weiterentwicklung der Realschule – und nicht für deren Abschaffung. Angesichts der grün-roten Bildungs- und Schulpolitik herrsche in den Realschulen „Wut, Zorn und Enttäuschung“. Die Realschule sei die Schule des sozialen Aufstiegs, der Fachkräftemangel könne nur mithilfe guter Realschüler gedeckt werden. Oberst mit Blick auf die von Grün-Rot favorisierte Gemeinschaftsschule: „Wir Lehrer haben eine Vorbildfunktion. Wir wollen Lehrer sein – und keine Lernbegleiter.“

Adrian Seidler, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Wiesloch, stellte in seinem Beitrag das bildungs-und schulpolitische Engagement der Wieslocher Christdemokraten vor. In der anschließenden Fragenrunde diskutierte Heller intensiv über die Gemeinschaftsschule.

Von einer anwesenden Gymnasiallehrerin wurde in diesem Zusammenhang die von Grün-Rot abgeschaffte verbindliche Grundschulempfehlung kritisiert.

(Text/Fotos: Busse/Sf).

 

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1 Kommentar für “„Wut, Zorn und Enttäuschung“ über die geplante Abschaffung der Realschule”

  1. I_Schmidt

    Wenigstens hier kommt mal Widerstand gegen das was unter dem Etikett Gemeinschaftsschule angepriesen wird. Das ist löblich und der Widerstand darf nicht nachlassen. Es zeigt sich also doch, dass hier mehrheitlich die Eltern dieses Schulmodell “Gemeinschaftsschule“ ablehnen. Insbesondere junge Eltern deren Kinder noch nicht zur Schule gehen, sollten ganz genau hinsehen was gerade geschieht. Es wird unseren Kindern die Grundlage für eine differenzierte Bildung noch weiter entzogen als es bislang schon der Fall war. Wenn im Vortrag von Wut und Enttäuschung die Rede ist, trifft es den Kern schon sehr genau. Anstatt jedoch in Sachen Bildung einer arbeitsteiligen Welt gerecht zu werden und noch mehr Wettbewerb der Bildungsanbieter zuzulassen, wird, strikt nach sozialistischem Vorbild, die Einheitsbildung bevorzugt. Da werden unsere Kinder es schwer haben sich zukünftig noch für gehobene Arbeitsplätze zu qualifizieren. Dann bleibt es beim Fachkräftemangel. Dieser kann ja zum Glück durch Zuzug von hochqualifizierten Bürgern aus dem fernen Ausland behoben werden. Dort hat man von Bildung eben eine gesündere Auffassung. Unsere Kinder, so sie sich einheitlich bilden lassen müssen, was mangels Finanzen der Eltern immer häufiger der Fall sein wird, bleibt dann nicht mehr viel Auswahl auf dem Arbeitsmarkt. Eine echte Umwälzung des Bildungssystems muss eine noch weit differenziertere Bildung, angepasst an die Begabungen unserer Kinder, anbieten. Mehr Bildungsträger, finanzierbar für alle Eltern. Runter mit der staatlichen Steuer- und Abgabenlast.
    Raus aus einem rein staatlichen Bildungssystem.

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