125 Jahre Liedertafel – Zeitsplitter – Prunkstücke – Neue Chöre und Neue Musik
(rk – 2021) Der fleißige Besuch von Sängerfesten und Wertungssingen brachte der Liedertafel über die Jahre eine Fülle von Pokalen, Urkunden und Ehrenzeichen ein.
Aus den Jahren vor 1945 sind leider keine Erinnerungsstücke mehr vorhanden, denn während des 2. Weltkrieges mussten die kompletten bis dahin errungenen Pokale abgegeben werden. Der entsprechende „Beschluss“, die in 45 Jahren errungenen Ehrenpreise des Vereins der Materialspende zuzuführen, wurde am 8. April 1940 gefasst.
Freiwillig war das sicher nicht. Seit 1933 hatte das Gleichschaltungsgesetz schon ganz andere Veränderungen bewirkt. Nicht nur die Titulierung „1.Vorstand“ war in „Der Führer“ geändert worden, nach Maßgabe des Sängergaus Wiesloch mussten auch 51% der Vorstandschaft Mitglieder der NSDAP sein.
Mit welch schwerem Herzen man sich von diesen Erinnerungen trennte, zeigt die penibel aufgeführte Beschreibung der Stücke im Protokoll: „…führte die im Besitz des Vereins befindlichen Ehrenpreise (11Plaketten, 1 Fahnenkranz, 2 Kränze und 9 Pokale) der Materialspende des Reiches zu.“
Mit dem Neustart 1948 wurden wieder neue Trophäen errungen und das mit solchem Erfolg, dass die Aufbewahrung derselben organisiert werden musste.
So vermerkt der Schriftführer Georg Michel am 28.7.1968 „.. dass zwecks Neuanschaffung eines Pokalschrankes der 1.Vorsitzende und Erich Schäfer die Weinstube in Nußloch besuchen, um dort eine Einrichtung zu begutachten, die zur Aufbewahrung der Pokale geeignet ist“. Wie der Besuch in der Weinstube endete, ist jedoch im Protokoll nicht vermerkt.
Im Vorstandzimmer der Liedertafel steht heute jedenfalls ein bis zum Rand gefüllter Pokalschrank, der an viele beeindruckende Erlebnisse erinnert. Übrigens sind dies noch lange nicht alle Pokale, ein Großteil der Pokale aus Sportveranstaltungen ist, wegen Platzmangel im Schrank, ausgelagert.
Unter der Vielzahl von errungenen Auszeichnungen und Pokalen sind einige besondere „Raritäten“, wie unschwer auf dem Bild zu erkennen ist, aber auch Pokale, auf die der Verein ganz besonders stolz sein kann.
Zeitsplitter #9 – Neue Chöre – Neue Musik
Die Geschichte des Wandel vom MGV Liedertafel Leimen zum GV Liedertafel Leimen e.V. ist unmittelbar mit der Persönlichkeit des langjährigen Dirigenten der Liedertafel Werner Kaiser verbunden. In 38 Jahren als Dirigent der Liedertafel (1955 bis zu seinem Tod im Jahre 1993) sorgte er nicht nur für ein beachtliches musikalisches Fundament, sondern brachte aus seiner Arbeit als Gymnasiallehrer auch immer wieder neue Impulse in den Verein.
In dieser langen Zeit ging es natürlich auch um die hohen Ansprüche, die Werner Kaiser an sich, aber auch an seine Sänger stellte. Und er war mit seinem Liedertafel Chor auch nicht immer zufrieden. Der in seinen Augen stark wechselnde und schwache Singstundenbesuch war für Werner Kaiser ein Grund anzukündigen, sein Engagement zu 1.01.1964 kündigen zu wollen. Die Vorstandschaft war dadurch natürlich alarmiert und setzte dieses Problem auf die Tagesordnung der Vorstandsitzung.
Auf dem Papier war der Chor zu dieser Zeit ca. 90 Sänger stark. Realistisch das Problem betrachtend, beschloss man in dieser Sitzung eine Sollstärke für den Chor von 60 Sängern und versprach Werner Kaiser selbstbewusst: „Man ist der Auffassung, dass 60 Sänger immer anwesend sein können.“ Gesagt, getan der Dirigent konnte überzeugt werden und die Kündigung war vom Tisch.
Schon lange förderte Werner Kaiser die Einbindung der Sängerfrauen auch in die musikalische Arbeit, durch deren Mitwirkung nicht nur bei den jährlichen Theaterstücken zur Weihnachtsfeier, sondern auch bei den beliebten Operettenaufführungen, die eine besondere Tradition in der Liedertafel haben. Bereits 1930 führte die Liedertafel die erste Operette „Der Bratelgeiger“ auf, 2 Jahr später „Die Winzerliesel“. Im Jahr 1950 nahm man diese Tradition wieder auf. Nach „Die Winzerliesel“ folgte 1953 „Glück am Rhein“, Aufführungen die von der Leimener Bevölkerung mit Begeisterung aufgenommen wurden.
Die kleine Chorgruppe der Spätheimkehrer, die schon seit mehreren Jahren für Unterhaltung bei der Winterfeier und anderen Gelegenheiten sorgten, wurde durch die Mitwirkung ihrer Ehefrauen zur gemischten Chorgruppe. Die Einstudierung der Auftritte übernahm Werner Kaiser persönlich. Nachdem die Sängerfrauen bei der „Berliner Luft“ noch für das farbenfrohe Bild der Darbietung sorgten, wurden sie für die nächsten Auftritte zum Singen ermutigt und in extra Singstunden die Musicalmelodien von „My Fair Lady“, „Oklahoma“ und „Im weißen Rössel“ einstudiert. Die Werbung für die Winterfeier 1974 spricht immerhin schon von der gemischten Chorgruppe der „Spätheimkehrer“
Während hier ein Anfang gemacht war, das musikalische Spektrum zu erweitern, aber der Gedanke wohl noch reifen musste, ging es mit einer anderen Chorgründung sozusagen ruck-zuck.
Keine 3 Monate dauerte es vom Vorstandsbeschluss am 18.10.1974 bis zum ersten Chorauftritt des Kinder- und Jugendchors auf der Weihnachtsfeier der Liedertafel am 21.Dezember. Schon bei der ersten Singstunde am 25.10.1974 waren 66 Kinder gekommen.
Genial einfach der Ansatz: die Schule stellt den Raum, der Verein den Dirigenten und das ganze beitragsfrei und ohne dass die Kinder Mitglieder des Vereins werden mussten. Lange vor den heute so hochgelobten Kooperationen Verein-Schule hat dies funktioniert. Als Pädagoge hatte Werner Kaiser hier leichtes Spiel, aber wohl auch gute Verbindungen zu den Leimener Schulen.
Mit der Überschreitung der 100er Grenze wurde im Frühjahr 1975 ein zusätzlicher Jugendchor gebildet. Die Jugendlichen sollten dort bis zum 14. Lebensjahr singen und dann in den Männerchor wechseln.
Nun waren aber schon damals viele der Kinder und Jugendliche Mädchen und für diese gab es keinen Erwachsenen Chor. Um hier Abhilfe zu schaffen, gründete die Liedertafel 1979 einen Frauenchor. Auf der Basis der schon bei den „Spätheimkehrern“ mitsingenden Ehefrauen und weiteren Interessierten entstand aus 23 Frauen und 11 Jugendlichen der Frauenchor der Liedertafel.
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