1953 – US-Militär für neue Wohnbauflächen in Sandhausen im Einsatz

– Ungewöhnliche Tiefbaufirma  –

Bau eines Schwimmbades zurückgestellt

Jedermann ist bekannt, dass eine Baumaßnahme der Gemeinde, ob Hochbau oder Tiefbau, vor Auftragserteilung öffentlich ausgeschrieben werden muss. Der günstigste Bieter erhält dann den Auftrag.

Im Jahre 1953 war das anders. Anlässlich einer Tiefbaumaßnahme erschien am 8. April 1953 im Heidelberger Tageblatt ein Artikel mit der Überschrift „Amerikaner planieren Wohnbaugelände“.

Diesem Artikel ist zu entnehmen, dass man ein Hallenbad in Sandhausen für wünschenswert hielt, aber aus finanziellen Gründen die Realisierung dieses Wunsches zurückgestellt werden musste.

Dass die Finanzsituation von Sandhausen seinerzeit alles andere als rosig war, lag daran, dass der Zweite Weltkrieg mit all seinen Folgen erst 8 Jahre zuvor geendet hatte und die Realisierung einer Baumaßnahme in Sandhausen zu dieser Zeit davon abhing, ob diese unbedingt notwendig war und ob sie noch warten konnte. Eine Haltung, die auch in der Folgezeit – bis zum heutigen Tage – durch Gemeinderat und Verwaltung beibehalten wurde. Und diesem Verhalten von damals bis heute ist es zu verdanken, dass sehr viele Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität unserer Gemeinde vorgenommen werden konnten.

Aber lesen Sie selbst:

„Amerikaner planieren Wohnbaugelände

Seit gestern arbeitet in dem neuen Wohnbaugelände Sandhausens im Gewann „Große Lach“ eine amerikanische Pioniereinheit an Planierungsarbeiten. Insgesamt werden innerhalb von etwa 8 Tagen 50.000 Kubikmeter Erde bewegt, um eine Fläche von ungefähr 12 Hektar für den sozialen Wohnungsbau vorzubereiten.

Diese amerikanische Hilfe erspart der Gemeinde eine kostspielige Arbeit (unter anderem die Erstellung einer eigenen Gleisanlage), die sie sich zurzeit kaum hätte leisten können. Es handelt sich um ein Entgegenkommen amerikanischer Dienststellen für die Unterstützung, welche die Gemeinde dem seinerzeitigen Offizier, Col T.T. Reniker bei seiner Arbeit hatte zukommen lassen. Der Gemeinde ist die Hilfe im gegenwärtigen Zeitpunkt umso erwünschter, als sie alle Anstrengungen macht, das hier besonders brennende Wohnungsproblem mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu lösen.

Sandhausen, das vor dem Krieg 4000 Einwohner zählte, hat heute für etwa 7000 Einwohner zu sorgen. Die Zahl der Wohnungssuchenden dürfte jetzt etwa 200 betragen. Selbst die Fertigstellung der im Vorjahr begonnenen 20 Häuser kann also nur einen Teil des vorhandenen Bedarfes befriedigen. Deshalb hat sich die Gemeinde auch zur Errichtung einer Nebenerwerbssiedlung für Sowjetzonenflüchtlinge entschlossen, da auch auf diese Weise die Bauwilligen eine, freilich geringere, staatliche Subvention aus den normalen Wohnbaumitteln erhalten könne.

Obzwar die amerikanische Hilfe der Gemeinde eine große Ausgabe erspart hat, wird das neue Baugelände südlich und westlich des Ortes doch einen beträchtlichen Aufwand für seine Erschließung beanspruchen. Vor allem müssen hier etwa zwei bis drei Kilometer neue Straßen gebaut werden, die noch im ersten Bauabschnitt ihre Beschotterung erhalten sollen. Es ist vorgesehen, diese Straßen zu teeren, doch ist es nicht wahrscheinlich, dass diese Arbeiten noch im Jahre 1953 durchgeführt werden können. Sie werden einem zweiten Bauabschnitt überlassen bleiben müssen. In diesem Neubaugelände, in dem die Häuser zum Teil schon stehen, zum Teil in diesem Jahr erstellt werden sollen, wird auch ein Teil der neuen Kanalisation gebaut.

Denn mit dem Anwachsen des Dorfes (des drittgrößten von Baden) sind selbstverständlich auch die Ansprüche an die hygienischen Einrichtungen gewaltig angestiegen. So musste man sich, ob man wollte oder nicht, zur Errichtung einer Kläranlage entschließen, die ebenfalls in zwei Bauabschnitten gebaut wird. Die Arbeiten laufen auch hierfür mit der Erweiterung des Kanalisationsnetzes und dem Bau des Vorfluterkanals im Zuge der Friedrich-Ebert-Straße, der Poststraße über die Pleikartsförsterwiese an. Die Kosten werden sich auf etwa 200.000 bis 300.000 DM belaufen, die Arbeit wird als Notstandsmaßnahme mit 2500 Tagewerken vom Landesarbeitsamt subventioniert. Durch diese Maßnahme wird das bisherige Kanalnetz von etwa 2,5 Kilometer um weitere 1.500 Meter verlängert.

All diese Arbeiten, die im Interesse der Bewohner dringend schnell durchgeführt werden müssen, stellen selbstverständlich an die Gemeindekasse beträchtliche Anforderungen. Hier für die Finanzierung gute Lösungen zu finden, stellt an die Initiative des neuen Bürgermeisters, Albert Schmitt, und seine Mitarbeiter hohe Ansprüche. Denn obwohl Sandhausen zum Unterschied von anderen Gemeinden in zwei maßgebenden Fabriken der Tabakbranche gute Steuerzahler hat, reichen doch diese Einkünfte bei weitem nicht aus, um auch nur den Forderungen des Alltags nachzukommen.

Unter diesen Umständen an den Bau des viel diskutierten Schwimmbades heranzugehen, wird deshalb von den maßgebenden Herren der Gemeindeverwaltung zum augenblicklichen Zeitpunkt für absolut unmöglich gehalten – so gerne man das Schwimmbad haben möchte. Hier muss der Wunsch vor der rauen Wirklichkeit kapitulieren. Und – so bedauernswert dieser Verzicht an sich ist – so erfreulich ist die Tatsache, dass man im Sandhäuser Rathaus ohne Rücksicht auf billige Popularität ruhig und sachlich auf das verzichtet, was man sich eben nicht leisten kann. Gerade hier liegt die Garantie, dass die Angelegenheiten des Gemeinwesens an den Klippen allzu großer Risiken sich vorübergeführt werden. Und vielleicht wird gerade diese Zurückhaltung am ehesten zum Ziele führen.“

Wilfried Hager

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