Gedenken inmitten der Stadt – Bericht zum Stand des Mahnmal-Projektes Leimen

„Aus dem Herzen der Stadt Leimen
sind die Mitbürger jüdischen Glaubens
damals herausgerissen worden,
daher sollte ihrer auch heute
in der Mitte Leimens
öffentlich gedacht werden können!“

Am 9.November 1938 brannten in ganz Deutschland jüdische Synagogen. Dieses Novemberpogrom gegen die Juden war lediglich der vorläufige Höhepunkt des nationalsozialistischen Antisemitismus. Bereits am 22. Oktober 1940 folgte die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus 137 Gemeinden Badens in das südwestfranzösische Lager Gurs. Davon waren etwa 5600 Menschen betroffen, darunter auch vier Personen aus Leimen. Auch in Leimen ließ man den Juden Hugo und Karolina Mayer, sowie Karoline und Selma Bierig nur wenig Zeit, ehe sie aus ihrem Haus in der Rohrbacherstraße verschleppt wurden. Dies dokumentiert ein Brief von Karolina Mayer aus dem Lager Gurs an ihre Kinder in Amerika, in dem es an zentraler Stelle heißt:

„…sind … seit Freitag nach 3 tägiger Fahrt hier …. Bitte Euch um Dauerware Lebensmittel. Es ging alles ganz rasch. Hoffe Euch alle gesund und macht Euch keine Sorgen. Viele herzliche Grüße Mutter. Grüße von Vater und Sichers, Zivis und vielen Bekannten.“

Im Rahmen des ökumenischen Jugendprojektes Mahnmal haben drei Jugendliche aus Leimen zwei identische Gedenksteine angefertigt, um an die Leimener Opfer des Holocaust zu erinnern. Ein Stein wurde am 70.Jahrestag der Deportation auf der zentralen Gedenkstätte in Neckarzimmern eingeweiht. In der Zeitschrift „Pro“ (3/2011, Seite 46) der Evangelischen Jugend Baden findet sich dazu folgender kleine Bericht:

Gemäß den Vorgaben des landesweiten Jugendprojektes der evangelischen Landeskirche Baden und der Erzdiözese Freiburg soll der zweite Stein vor Ort seinen angemessenen Platz finden. Seit dem Frühjahr 2012 ist nun der zweite Gedenkstein „so gut wie“ fertig und die Suche nach einem geeigneten Standort in Leimen konnte beginnen. Die Mitglieder des Mahnmal-Projektes entschlossen sich diesen Schritt nicht alleine zu gehen und baten im März 2012 auf der Sitzung des ökumenischen Arbeitskreises um Mithilfe. Daraufhin wurde in den Leitungsgremien der Kirchengemeinden in Leimen und St.Ilgen über den möglichen zukünftigen Standort dieses Gedenksteines beraten. Am Ende dieser Beratungen konnte ein sehr einheitliches Ergebnis feststellt werden. Alle drei Kirchengemeinden, die evangelische Kirchengemeinde Leimen und St.Ilgen und die katholischen Kirchengemeinde Leimen, haben sich in ihren Sitzungen durch Beschluss dafür ausgesprochen, dass der Gedenkstein auf dem Leimener Rathausplatz aufgestellt werden sollte, und zwar etwa auf dem Areal, auf dem früher die jüdische Synagoge stand. Dass der Gedenkstein seinen Platz auf dem Leimener Rathausplatz finden sollte, dafür sprechen fünf Kriterien:

1. Zentrale Öffentlichkeit:

Die Deportation der Leimener Juden fand damals vor allen Augen statt, deshalb muss ein Gedenkstein seinen Platz an einem zentralen Ort des öffentlichen Lebens in Leimen finden, so dass der Stein als unbequeme, störende Erinnerung und Mahnung im alltäglichen Leben der Leimener Bürger wirken kann.

2. Politischer Rahmen:

Die Deportation der Leimener Juden war Ausdruck von Rassenwahn und Fremdenhass der nationalsozialistischen Machthaber. Ihre politischen Repräsentanten hatten auch in Leimen das Sagen. Die heutigen politischen Mandatsträger tragen daher eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Fremdenhass. Ausdruck dieser besonderen Verantwortung ist es, wenn der Gedenkstein seinen Platz in unmittelbar örtlicher Bindung an das politische Zentrum Leimens erhält.

3. Ortsgeschichtlicher Bezug:

In Leimen gibt es zwei zentrale Orte jüdischen Lebens in früheren Zeiten. Dies ist einmal die Synagoge, die sich bis ca. 1900 auf dem Rathausplatz vor dem Gasthaus Krone befand, und die frühere Judengasse, die heute Hessengasse heißt. Neben der Erinnerung an das Leid der Juden zur Zeit des Nationalsozialismus würde ein solcher ortsgeschichtlicher Bezug auch eine Erinnerung an ehemalige Zentren jüdischen Lebens in Leimen beinhalten.

4. Biographische Nähe:

Die aus Leimen verschleppte jüdische Familie Mayer und Bierig lebte in dem von Hugo Mayer erbauten Haus in der heutigen Rohrbacher-Str. 12. Außerdem war Hugo Mayer von 1899 – 1918 Besitzer der Bergbrauerei Leimen. Würde der Gedenkstein in relativer örtlicher Nähe zu diesen biographischen Stationen der Familie Mayer seinen Platz finden, dann stellen der Gedenkstein und der Ort der Erinnerung eine besondere Einheit dar.

5. Geeigneter Versammlungsort:

Die Einweihung des Gedenksteines soll der Beginn einer lebendigen Erinnerungskultur in Leimen werden. Der Standort muss daher die Möglichkeit bieten, sich in geeigneter Weise zum gemeinsamen Gedenken versammeln zu können.

Mit diesen fünf Kriterien haben sich die Kirchengemeinden an den Oberbürgermeister Herrn Wolfgang Ernst gewandt, um mit ihm gemeinsam über den zukünftigen Standort des Gedenksteines ins Gespräch zu kommen. Aus dem Herzen der Stadt Leimen sind die Mitbürger jüdischen Glaubens damals herausgerissen worden, daher sollte ihrer auch heute in der Mitte Leimens öffentlich gedacht werden können!

Martin Delfosse, November 2012

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