75 Jahre Grundgesetz – Ansprache von Bürgermeisterin Claudia Felden im Gemeinderat
(fwu – 24.5.24) Zu Beginn der Leimener Gemeinderatssitzung am 23. Mai 2024 hielt Bürgermeisterin Claudia Felden ein Laudatio auf das Grundgesetz. Im Anschluß wurde die Nationalhymne gesungen, begleitet von Luisa Koch aus der Musikschulklasse von Birgit Seele- Eppel an der Querflöte.
Die Laudatio lautete:
„Am heutigen Tag wird das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland 75 Jahre alt.
Als am 8. Mai 1945 die deutsche Wehrmacht bedingungslos kapitulierte und damit der Zweite Weltkrieg in Europa endete, lagen weite Teile unseres Kontinents in Trümmern; Städte und Infrastruktur waren vielfach zerstört. Die unglaubliche Nazi-Barbarei hatte Millionen Menschen das Leben gekostet. Hunger, Not und Elend bestimmten das Dasein der Überlebenden.
Kaum jemand in dem in vier Besatzungszonen aufgeteilten Rest Deutschlands hat sich wohl vorstellen können, dass sich nur drei Jahre später, nämlich im August 1948, im bayrischen Herrenchiemsee 65 Abgeordnete versammeln würden, die über einen Verfassungsentwurf für ein neues, demokratisches und rechtsstaatliches Deutschland beraten würden.
Ihr Vorbild war die Verfassung der Paulskirche in Frankfurt. Hier hatte man schon 1848 die Grundrechte des deutschen Volkes festgeschrieben. Von diesen 65 Abgeordneten, zu denen noch fünf weitere, nicht stimmberechtigte Mitglieder aus Berlin kamen, waren nur vier Frauen: Helene Weber, Elisabeth Selbert, Friederike Nadig und Helene Wessel.
Vor allem Elisabeth Selbert hat im Grundgesetz ihre Spuren hinterlassen, denn es ist ihrer Hartnäckigkeit zu verdanken, dass im Artikel 3 im 2. Absatz steht: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
Wichtigster Satz im Entwurf, der mit seinen 149 Artikeln bereits das Gerüst für das Grundgesetz bildete, war und ist noch heute Artikel 1, Absatz 1:2
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Am 23. Mai 1949 verabschiedeten die damaligen Bundesländer mit Ausnahme Bayerns das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, das am folgenden Tag in Kraft trat. 1957 trat das Saarland dem Geltungsgebiet des Grundgesetzes bei, 1990 folgten die fünf Bundesländer, die sich in der untergehenden DDR neu gebildet hatten.
Heute begehen wir den 75. Jahrestag dieses für die deutsche Geschichte so bedeutenden Ereignisses. Die Bundesrepublik Deutschland ist damit älter als das Kaiserreich, die Weimarer Republik und das unselige Dritte Reich zusammen. Nur die „Goldene Bulle“ von 1356, das „Grundgesetz“ des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die ihre grundsätzliche Gültigkeit immerhin bis 1806 behielt, ist älter. Ein Vorbild an Langlebigkeit, das wir sicher alle auch unserem Grundgesetz wünschen. Dieses garantiert uns seit 75 Jahren ein Leben in Freiheit, Würde und Rechtsstaatlichkeit.
Sicher ist auch das Grundgesetz nicht perfekt, welches Menschenwerk wäre das schon? Es gibt Ungerechtigkeiten, soziale Verwerfungen, immer wieder wird nachgebessert und ergänzt. Es gibt noch viel zu tun, aber es gibt keinen Grund, alles schlecht zu reden, und damit unsere Demokratie zu gefährden. Denn der Grundgedanke – die Würde des Menschen – ist unverändert gültig und er muss es auch immer bleiben.
Arbeiten wir also weiter im Sinne der Väter und Mütter dieses Grundgesetzes, die uns vor 75 Jahren dieses einmalige Geschenk machten und achten die Würde des Menschen aller Menschen.
Herzlichen Glückwunsch zum 75.!“
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