Richtiger Brandschutz: Feuerwehr-Kommandant Jochen Michels beim VdK Ortsverband
(mmö – 11.11.24) Zwischen 200 und 220 mal im Jahr rückt die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Leimen in die Leimener Stadtteilen aus. Zum Glück nicht immer aufgrund eines Brandes. Das sind die Zahlen, die der Feuerwehrkommandant der Leimener Wehr Jochen Michels den Gästen des VdK Stammtisches präsentierte.
Deutschlandweit ereignen sich rund 230.000 Brände in Wohnungen und Häusern. Das sind leider die nackten und erschreckenden Zahlen, die es seitens der Feuerwehr zu vermelden gibt. Und viele Brände wären vermeidbar gewesen, so Jochen Michels, der seit 1993 ehrenamtlich bei den Leimener Floriansjüngern aktiv ist. Seit 2023 ist der 44 jährige Familienvater, dessen Vater bereits Kommandant der Feuerwehr war, deren Kommandant.
Die Leimener Feuerwehr hat drei Standorte, zählt 130 aktive ehrenamtliche Mitglieder. Besonders stolz ist Michels auf die rund 60 Jugendliche in der Jugendfeuerwehr, die den Nachwuchs der Leimener Wehr bilden. Nicht alles ist und kann mit Ehrenamtlichen gestemmt werden. Wie zum Beispiel Rohre reinigen, Geräte warten und vieles mehr. Dazu soll kein Ehrenamtlicher noch zusätzlich seine freie Zeit verwenden müssen. Daher hat Jochen Michels weitere fünf Hauptamtliche in seinem Team, die ihn bei seiner vielfältigen Arbeit unterstützen.
Von den Bränden in Leimen wäre das Gros vermeidbar gewesen, dessen ist sich der junge Kommandant sicher. Eben, weil diese sich in den eigenen vier Wänden ereignen. Unachtsamkeit ist oftmals die Ursache. So ereignen sich häufigsten Brände in der Küche, weil Essen anbrennt, weil die Herdplatte als Abstellfläche benutzt wird (sollte man tunlichst vermeiden, denn ruckzuck wird unbewusst der Regler beim Vorbeigehen nach rechts gedreht oder ein Kind dreht den Knopf am Herd und die Herdplatte springt an. Vor allem bei älteren Herdplatten ohne Induktion ist das der Fall). Aber auch alte Elektrogeräte, deren besten Zeiten schon vorbei sind, sorgen oftmals für Einsätze der Feuerwehr. Aber auch leider die Kreativität der Bewohnerinnen und Bewohner, wenn es um Verlängerungskabel geht. Das Zusammenstecken von mehreren Verlängerungskabeln oder sogar Mehrfachsteckdosen mit mehreren Verbrauchern, die dann auch noch alle gleichzeitig in Gebrauch sind, führen fast zwangsläufig dazu, dass ein Brand entsteht.
Bald kommt wieder die Jahreszeit, nämlich die Weihnachtszeit, in der wieder naturgemäß viele Lichter und dergleichen angemacht werden. Hier warnt der Jochen Michels eindringlich davor, mehrere Kabel aneinander zu stecken. ‚Brandklassiker‘, die auch verantwortlich für den Brand sind, sind heiße Asche im Mülleimer, Feuerwerkskörper, die abgebrannt und noch heiß sind, in der Mülltonne oder Abfalleimer, aber auch mutwillig hineingeworfene Böller sorgen oftmals für die Einsätze der Feuerwehr. Ebenso die falsche und ordnungswidrige Entsorgung von Batterien in der Mülltonne.
Fast genauso schlimm und zu recht vielen Einsätzen mittlerweile führen auch explodierende Akkus von E-Bikes oder E-Scootern. Hier rät und bittet der kompetente Kommandant, nie die Akkus unbeaufsichtigt laden (nicht über Nacht, nicht alleine lassen und beim Laden das Haus verlassen). Am besten lädt man die Akkus im Freien und bleibt in der Nähe, um schnell und adäquat reagieren zu können, wenn der Akku anfängt zu brennen.
Apropos Winter- und somit auch Weihnachtszeit, eigentlich sollte aus Brandschutzgründen die Verwendung von echten Kerzen auf dem Tannenbaum tabu sein. Früher war es Usus, echte Kerzen auf dem Weihnachtsbaum zu verwenden. Auch der berühmt berüchtigte Eimer Wasser, der obligatorisch bei echten Christbaumkerzen neben dem Baum stand bzw. zu stehen hat, wird im Brandfall nicht wirklich viel nützen, so Jochen Michels. Denn im Nu steht ein Weihnachtsbaum im Vollbrand, zumal ja der Baum wie auch die Nadel austrocknen. Dem wirkt auch das stetige Gießen des Baumes nicht entgegen.
Zudem sollte der Adventskranz, der ja mit echten Kerzen versehen wird, auf eine feuerfeste Unterlage gelegt werden. Heutzutage brennen die Kerzen nicht mehr völlig herunter, so der Floriansjünger. Die Industrie hat einen Schutzmechanismus eingebaut, der die Kerze bei einem Restbestand von ca 1/3 der Kerze einfach ausgehen lässt. Früher sind die Kerzen bis nach unten gebrannt, was oftmals zu Bränden geführt hat. Auch hier der Rat des Kommandanten, nie Kerzen unbeaufsichtigt brennen lassen.
Ein weiteres wichtiges Thema, das Jochen Michels den Stammtischgästen präsentiert hat, war das Thema Rauchmelder. Seit 2015 sind diese Pflicht in geschlossenen Räumen. Jedes Bundesland regelt die Vorgaben über die eigene Landesbauordnung. In Baden-Württemberg regelt der Paragraf 15, wo Rauchmelder verbindlich angebracht werden müssen, und zwar dort, vereinfacht gesagt, wo sich Menschen zum Schlafen aufhalten bzw. in den Räumen, wo ein Bett steht und in den Rettungswegen, die bei einem Brandfall nach außen führen.
Rauchmelder ist nicht gleich Rauchmelder, weiß der erfahrene Feuerwehrmann zu berichten. Die Billigen bei Temu für ein paar Euro sollten es nicht sein, denn im Brandfall kann es dann doch sein, dass diese Billigimportgeräte doch nicht anschlagen. Ebenso ist es wichtig, dass die Geräte ein Prüfzeichen (VdS oder CE) haben. Dann stellt sich noch die Frage, ob man ein Gerät mit Langzeitbatterie (hält mindestens 10 Jahre und muss dann komplett ausgewechselt werden) oder ein Gerät mit Austauschbatterie wählt.
Die Geräte mit Austauschbatterie sind günstiger, haben allerdings den Nachteil, dass auch die Sensorik im Gerät altert (wie gut diese dann noch funktioniert, ist schwer zu testen) und im Brandfall nicht rechtzeitig anschlagen kann. Zudem ist sie auch Staub usw. ausgesetzt, was die Lebensdauer ebenfalls negativ beeinflusst. Zur Langzeitbatterie rät daher Jochen Michels, auch wenn diese auf den ersten Blick teurer ist als das Gerät mit der Austauschbatterie.
Randbemerkung von Jochen Michels, für die Installation ist immer der Eigentümer zuständig, für die Wartung der Mieter. So will es der Gesetzgeber. Gegen Ende seines sehr interessanten Vortrags ging der Kommandant der Leimener Feuerwehr noch auf ein sehr wichtiges Thema ein, welches aber immer noch stiefmütterlich behandelt wird. Nämlich das Thema Krisenvorsorge.
Wie man auf der ganzen Welt merkt, nehmen die Unwetter zu. Die Katastrophe im Ahrtal ist allen noch präsent. Auch stellt sich nicht mehr die Frage, ob ein größerer Stromausfall kommen wird, sondern wann. Jüngst, so berichtet der Mitarbeiter der Stadt Leimen, war in Gauangelloch für eine halbe Stunde der Strom ausgefallen. Man sollte denken, dies sei keine große Sache. Man muss aber bedenken, dass es in dem zweitkleinsten Stadtteil von Leimen nur einen Mobilfunksendemasten gibt, der zudem mit Strom betrieben wird. Soll heißen in der Praxis funktioniert dann auch ein Handy nicht mehr. Man ist von der Außenwelt abgeschnitten und niemand etwas mit, denn angerufen geht nicht mehr.
Jochen Michels plant mit seinem Team, dass in allen Leimener Stadtteilen in Abständen von 600 Metern eine Art Anlaufstelle gibt, die unabhängig von Strom und dergleichen funktioniert, um einen Notruf abzusetzen. Jochen Michels gibt auch zu bedenken, dass Photovoltaikanlagen mit Strom betrieben werden. Will man eine unabhängige Funktionsweise vom Strom, muss man das beim Netzbetreiber beantragen.
Natürlich gibt es Warnapps wie Nina und Katwarn. Nur diese funktionieren mit einem Handy und dieses wiederum über den Sendemasten. Warnungen sollen auch über das Radio erfolgen. Was als antiquiert gilt, sind Sirenen, die zur damaligen Zeit durchaus ihre Bewandtnis hatten und im Laufe der Zeit abgeschaltet wurden. Mittlerweile werden diese aber reaktiviert. Leimen ist ganz up to date. Alle Sirenen funktionieren einwandfrei und können zudem individuell bespielt werden, sprich man kann individuelle Ansagen über die Sirenen laufen lassen, um die Bevölkerung Leimens zu informieren.
Zu guter Letzt rundete Jochen Michels sein Portfolio für eine gute Krisenvorsorge damit ab, dass für ihn auch ein Radio mit Batterie, eine Taschenlampe, ausreichend Medikamente und Essen sowie Trinken und Batterien sowie eine Powerbank zum Laden des Handys dazugehören.
Diabetiker können seit neuestem über das Handy ihren Blutzuckerspiegel messen, wenn aber das Handy nicht funktioniert, ist eine Messung schlicht unmöglich. Eine Powerbank lädt das Handy. Eine Frage aus dem Publikum wurde dann noch gestellt, und zwar, wie es sich verhält mit der Inrechnungstellung von Leistungen der Feuerwehr, wenn sie zum Einsatz gerufen werden.
Grundsätzlich, so Jochen Michels, sind Notfälle immer kostenfrei. Ein geplanter Krankentransport von übergewichtigen Personen, der nicht als Notfall deklariert ist, wird in Rechnung gestellt. Ebenso auch ein Einsatz zum Wasser aus dem Keller pumpen (dies hätte auch einen Fachfirma oder der Hausmeister o.ä. machen können).
Der Gesetzgeber hat beschlossen, dass auch bei einem Unfall mit PKW, Bus usw. eine Rechnung gestellt wird, die wiederum aber die KfZ-Versicherung begleicht. Am besten ist es immer, wenn man die Feuerwehr nicht braucht. Und wenn doch, dann kommt die Leimener Wehr gerne und hilft, wo sie kann.
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