„Landgut Lingental“
(mh) Zur Geschichte Lingentals
Der Lingentaler Hof ist der älteste Teil eines ehemaligen Weilers und liegt rechts der Landesstraße 600 zwischen Leimen und Gaiberg. Er war Namen gebend für den Leimener Ortsteil Lingental.
Das Gehöft besteht aus einem Wohngebäude (Bj. ca. 1920), das an das ehemalige Wohnhaus (bis Mitte der 1960er Jahre als Gasthaus genutzt) aus dem 18. Jahrhundert (Bausubstanz deutlich älter) angebaut wurde, drei großen Stallgebäuden für Großvieh und Pferde sowie einem Getreidespeicher, einem Hühnerstall und einem Schweinestall.
Der Gebäudekomplex wurde zuletzt (seit Ende der 1990er Jahre) für einen gewerblichen Handel mit Sanitätsartikeln wie Krankenhausbetten, Rollstühlen usw. genutzt.
Der Lingentaler Hof wird von Landwirtschaftsflächen umschlossen und liegt im Außenbereich nach § 35 BauGB. Die südlich und östlich angrenzenden Flächen mit einer Größe von ca. 8 ha sind Teil des ehemals zum Gehöft gehörenden Besitzes und bis heute im Eigentum der Erben.
Bis 1963 bewohnte und bewirtschaftete die Familie Stahl den Hof. Neben Streuobstwiesen- und Weideflächen wurde auch eine Himbeerplantage bewirtschaftet, die ab Hof vermarktet wurde. Im Erdgeschoss der Hofstelle wurde eine Gaststätte betrieben. Mit dem Neubau eines Hotels hangseitig nördlich der Straße wurden Landwirtschaft und Gastgewerbe im Lingentaler Hof aufgegeben.
Die Gebäude des Lingentaler Hofes unterliegen nicht dem Denkmalschutz gemäß DSchG BW, prägen jedoch in erheblichem Maß das Bild der sie umgebenden Kulturlandschaft.
Idee
Ausgehend von der historischen Bausubstanz und dem als geschlossenes Bild eines Weilers erhaltenen Ensemble soll ein nachhaltiges Nutzungskonzept erstellt werden, um den Lehens-Hof als Beispiel typischer, regionalhistorischer Landwirtschaft zu erhalten und erlebbar zu machen. Die ursprüngliche Nutzung als landwirtschaftliches Anwesen und Vermarktung ab Hof mit Gaststätte soll in zeitgemäßer Form wieder aufgenommen werden. Dabei soll auch die regionalhistorische Bedeutung des Landgutes Berücksichtigung finden, die vor allem für das 19. Jahrhundert belegbar ist:
Im Jahr 1843 schrieb Karl Eduard Zachariae von Lingenthal in der Biografie seines Vater Karl Salomo Zachariae : „Auch dadurch kündigte sich mir das Alter an, daß der Wunsch, ein Landgut zu besitzen, immer lebhafter in mir wurde. So wie man altert, wird man ungeselliger, der Natur befreundeter. Ich erkaufte (im Jahre 1818) ein Landgut in der Nähe von Heidelberg, ein von den Wohnungen der Menschen abgeschiedenes Sorgenfrei. Da genieße ich zuweilen der Einsamkeit; …
1842 wurde der Ordinarius der Universität Heidelberg in den Adelsstand erhoben wählte den Namenszusatz „von Lingenthal“.
Sein Sohn Karl Eduard war ein bedeutender Rechtshistoriker, der unter anderem in Heidelberg studierte und zu dessen studentischem Umfeld der1848er Revolutionär Friedrich Hecker sowie Albert Sprengel zählten. Das Landgut Lingental, auf dem er einen Teil seiner Kindheit und Jugend verbrachte, schien ausschlaggebend für seine spätere Beschäftigung mit der Landwirtschaft gewesen zu sein, die sich unter anderem in seinem Werk über Agrarstatistik niederschlug.
Als praktischer wie theoretischer Landwirt war er einer der ersten, welche die Wichtigkeit der Chemie für die Landwirtschaft erkannten und die Theorien von Liebig und die Anschauungen seiner Freunde Reuning und Weinlig in die Praxis einführten. Durch die von ihm ins Werk gesetzte Regulierung des Fluss- und Überschwemmungsgebietes der Schwarzen Elster, die Förderung des Straßenbaues und Errichtung der landwirtschaftlichen Versuchsstation, die später nach Halle übersiedelte und mit einer landwirtschaftlichen Schule verbunden wurde, machte er sich besonders verdient.
Geschichtliche Bedeutung des Ortes
Im Jahr 1884 wurde beim Lingentaler Hof der so genannte „Grabstein des Mogetius“, einem Sohn des Meddilius, gefunden, der sich heute im Badischen Landesmuseum, Karlsruhe (L 7743/11) befindet. Das aus rotem Sandstein gearbeitete Epitaph des wohl bedeutenden Stammesfürsten der Mediomatriker, einem von den Römern unterworfenen Stamm, ist ein wichtiges Zeugnis für die Bedeutung des Ortes Lingentaler Hof.
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