Vereinsgemeinde Zementwerk Leimen 1903 – Eine bisher 110-jährige Geschichte
(llrf – 26.7.13) Abgebrannt 1985 in Heidelberg, zwei Jahre später „auf der grünen Wiese“ am Stadtrand von Leimen wieder aufgebaut. Und seither rauchen bei HeidelbergCement die Schlote, sichtbares Zeichen für die Zementproduktion.
Archivar Dietmar Cramer aus der Hauptverwaltung fasste es in einer Denkschrift zur Vereinsgemeinde zusammen, diesen Wandel der Gemeinde Leimen mit behäbigen 2000 Einwohnern und umgehend mehr als 1000 neuen Arbeitern und Angestellten innerhalb der Gemarkungsgrenze. Die führten ein Eigenleben, beklagten, dass Beschlüsse aus dem Gemeinderat nur spärlich bis zu ihnen vordrangen. Eine Schicksalsgemeinschaft der „Zementwerker“ entstand, 1903 wurde der „Verein Gemeinde Cementwerk in Leimen“ gegründet. Ziel war eine politische Unabhängigkeit der „Cementwerks Gemeinde“ zu erreichen. Cramer schrieb dazu:“ Wie nicht anders zu erwarten, lehnten sowohl die Stadt Leimen als auch der badische Großherzog das Ansinnen, eine unabhängige Gemeinde zu bilden, ab“.
Werkswohnungen am Kieslochweg entstanden um 1900, „das Krappennest“ wurde in den 50er Jahren wieder abgerissen. Die Beleuchtung der Ortsstraßen oder die Beschaffung von Lebensmitteln, damit musste sich die Vereinsleitung und der Vereinsbürgermeister befassen. 1906 wurde die Kantine errichtet, hier konnte dann auch eingekauft werden. Drei Jahre vorher hatte sich der „Sängerbund Zementwerk Leimen“ gegründet, in der „Jägerlust“, heute Weingut Seeger, wurde gesungen.
Es folgte das Ritual aller Vereine mit Vereinsfahne, Fahnenweihe und dem Besuch von Sängerfesten. Mit dem Unterschied, dass die Firmenleitung, nicht ohne Hintergedanken auf Einflussnahme, das Vereinsleben rege bezuschusste. Dr. Ing. h.c. Friedrich Schott, Direktor des Zementwerkes, lies Wohnungen bauen, 1905 wurde ein Arbeiterrat eingesetzt, 1907 wurde das Hallenbad errichtet. Sozialkassen und weitere Vergünstigungen sowie der Bau der Festhalle fielen in seine Ära. Einer Zeit, in der die Sozialdemokratie einen Aufschwung verzeichnete. Dr. Ehrhart Schott lies die Direktorenvilla bauen, die Festhalle wurde zur festen Einrichtung.
„Tages Arbeit, Abends Gäste, Saure Woche, Frohe Feste“ diente als Leitmotiv, um Arbeiter, Beamte und Angestellte zusammenzuschweißen. 1919 kam es zu Aufständen, Arbeiter der Fuchs´schen Waggonfarbrik marschierten ins Werk Leimen ein, die Produktion kam zum Stillstand.
Nach der Währungsreform und den Turbulenzen stabilisierte sich das Vereinsleben wieder, genauso der Stand der Vereinskasse. 1935 wurde dem Dirigenten, dem Nußlocher Ehrenbürger August Ziegelmüller, die Kündigung nahegelegt, die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ hatte die Oberhand gewonnen.
Nach Kriegsende erweiterten sich die Aktivitäten. 1951 gründete sich ein Kegelclub und frönte dem Hobby in der ehemaligen Bergbrauerei, 1953 feierte man das 50-jährige Vereinsjubiläum. Als Geheimrat Ehrhart Schott in den Ruhestand verabschiedet wurde, stiftete er eine Kegelbahn im Keller der Festhalle. Eine weitere Sänger-Kegler-Abteilung gründete sich.
Der neue Werksleiter Dr. Erich Prophet regte die Gründung einer Blasmusik- und Betriebskapelle an, was umgesetzt wurde. Ab 1960 wurden keine öffentlichen Veranstaltungen in der Halle mehr zugelassen, die Vereinsgemeinde musste auf Einnahmen verzichten. Warum? Trotz „Securities“ des Athleten-Klubs Heidelberg-Rohrbach kam es zu Tumulten und „unsittlichen Auswüchsen“.
Mit der Rationalisierung im Werk ging der Verlust an Mitgliedern der Vereinsgemeinde einher. Die Vereinsgemeinde Zementwerk Leimen 1903 ist in diesem Jahr 110 Jahre alt, Chronist Cramer stellt zu Recht fest: „das zeigt welche Widerstandskraft der Sängerbund der Vereinsgemeinde in seiner Geschichte entwickelt hat, um auch in Krisenzeiten bestehen zu können“.
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