Gedanken und Rede von Tigys Bürgermeister Le Goff zur 45-jährigen Partnerschaft

2152 - Partnerschaftstreffen Tigy - 1

St. Ilgens Komitee-Präsident Rudi Sailer (l.), Tigys Bürgermeister-Stellvertreter Patrice Coulot (r.)

Rede des wegen Krankheit verhinderten Bürgermeisters von Tigy, Herrn Le Goff – in deutsch und französisch verlesen durch Bürgermeister-Stellvertreter Patrice Coulot (Deutsche Übersetzung durch Frau Ursula Riehm):

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Felden, sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte, sehr geehrter Herr Pfarrer Geißler, sehr geehrte Präsidenten der Partnerschaftskomitees, liebe deutsche und französische Freunde.

Vielen Dank an Frau Bürgermeisterin Felden und an Rudi Sailer, den Präsidenten des Partnerschaftskomitees, uns einen so warmherzigen Empfang bereitet zu haben. Das Programm dieser Tage, die wir in St.Ilgen verbringen, ist gekennzeichnet von dem Bemühen, uns die angenehmst möglichen Momente zu bereiten, sei es in der Familie oder in einer Versammlung. Dieser Wille, die Bande unserer Freundschaft zu konsolidieren, ist eine Verneigung vor denen, die uns voraus gingen und eine fesselnde Perspektive für die Zukunft.

Heute richte ich mich als Bürgermeister von Tigy an Sie, und das ist für mich sowohl Pflicht als auch eine Ehre. Ich habe aus vielen verschiedenen Gründen das
Vergnügen, heute zu Ihnen zu sprechen. Der 9. Mai 2015 ist aus diversen Gründen ein besonderer Tag für mich. Wie Sie wissen, bin ich der Sohn von einem der Pioniere der Partnerschaft, Jean Le Goff. Er, sowie M. De Moncuit, M.Vappereau, Robert Fournier und Jacques Coco trafen sich 1971 mit Kurt Hess in St.Ilgen.

Die Initiative und der hartnäckige Wille dieser Männer haben es möglich gemacht, mit Überzeugung und Geduld die Partnerschaft unserer beiden Städte aufzubauen. 1971, im Alter von 20 Jahren, kam ich zum ersten Mal nach St.Ilgen, wo meine Eltern und ich von der Familie Robert Sauer aufgenommen wurden. Ich bewahre die Erinnerung an ein Schlüsselerlebnis für meine Vision von Europa.

Auch wenn wir zu jener Zeit noch über eine Grenze fahren mußten, war die Aussöhnung schon spürbar. Andererseits hatte ich 1976 die Möglichkeit, mich 3 Wochen in West-Berlin aufzuhalten und konnte mir in diesem Jahr überhaupt nicht vorstellen, daß 13 Jahre später die Mauer fallen würde, so sehr schien die Trennung Ost-West in den Marmor der Geschichte gemeißelt.

Seither bin ich 4 Mal nach St.Ilgen zurückgekommen, besonders zu der Familie Hipp, sei es als Privatperson, sei es als Gemeinderat von Tigy. Meine berufliche Tätigkeit hat
mich auch dazu angeregt, mich für die deutsche Sprache zu interessieren, was mir die Gelegenheit zu verschiedenen kurzen Sprachaufenthalten in Frankfurt, München, Berlin und Bamberg gab. Von dieser späten sprachlichen Ausbildung bleiben mir noch einige spärliche Reste. Ich bemühe mich, sie zu bewahren und in den Dienst unserer Freundschaft zu stellen.

Mein letzter Aufenthalt in St.Ilgen ist schon einige Jahre her – es war ein Zwischenstop auf einer Ferienreise, die ich zusammen mit meiner Frau unternommen hatte und die uns von Tigy nach München, Bamberg, Frankfurt und Heidelberg führte. Meine Beziehung zu Deutschland ist das Ergebnis eines langen , fortschreitenden Prozesses. Für meine Generation, wie in jeder Familie auf beiden Seiten des Rheins, war die Kindheit geprägt durch die Erinnerungen an den Krieg, mit der langen Liste der Leiden, mit der Schwierigkeit, Ressentiments zu unterdrücken. Die Anstrengungen der Aussöhnung, die durch die aufeinanderfolgenden Staatschefs Frankreichs und Deutschlands bewerkstelligt wurden, hat in den Jugendlichen, die wir damals waren, eine gesunde Neugier auf den anderen geweckt, eine Begeisterung, die nach und nach den Schraubstock der schrecklichen Erinnerungen gelockert hat.

Mein Leben als Erwachsener war geprägt von dem stetigen Aufbau Europas, welches trotz seiner Unzulänglichkeiten heute einen fundamentalen, unverzichtbaren Rahmen für politische Ideen und Aktionen bildet. Im Herzen diese Europas sind die deutsch-französischen Beziehungen, trotz aller Verschiedenheit auf institutioneller, kultureller und verhaltensmäßiger Ebene, wesentlich.

Die Partnerschaftsvereine tragen auf ihre Weise zu der Freundschaft zwischen den Völkern bei, die die Konstruktion Europas begleiten soll. Ohne diesen Vorgang der Freundschaft wäre Europa nur ein leerer Rahmen, der nicht durch unsere Mitbürger gefüllt wäre. Das Risiko eines Desinteresses an Europa besteht, wenn wir uns nicht aufmerksam zeigen gegenüber der menschlichen Dimension, die jeder politischen Handlung zu Grunde liegen muß. Ein lebender Beweis für diese ständige Bemühen um Friede und Freundschaft ist André Brinon, der heute Abend hier bei uns ist. Er war in Tigy 44 Jahre lang der treue, stets aktive Präsident der Partnerschaft Tigy-St.Ilgen.

Vor einigen Wochen hatten wir, in Gegenwart einer Delegation aus St. Ilgen unter Führung von Rudi Sailer, die große Freude, André Brinon zu ehren und ihm zu danken für die Aufgabe, die er 44 Jahre lang mit Engagement und Beständigkeit erfüllt hat. Während all dieser Jahre war er das Alter Ego von Rudi Sailer, und sie verdienen beide unsere Dankbarkeit für die von ihnen vollendeten Aufgaben. Ich bitte sie, zu uns hier auf die Bühne zu kommen. Und ich bitte das Publikum mit Begeisterung unseren Dank mit einer Salve von Applaus zum Ausdruck zu bringen. Danke André – danke Rudi!

Im Partnerschaftskomitee von Tigy wurde jetzt der Stab weitergegeben, und es ist mir wichtig, im Namen aller dem Vizepräsident des Vereins, Gilles Blain, zu danken. Seit den Anfängen engagiert, hat er es verstanden, die Brücken zu bauen, die nötig sind, damit die Fortdauer der Partnerschaft gesichert ist. Und ich begrüße mit großer Freude Guy Duteriez, den neuen Präsidenten des Partnerschaftskomitees. Er und seine Mannschaft wissen, daß es sich hier um die Aufgabe handelt, Botschaften von Generation zu Generation weiterzugeben und daß man sich darum bemühen muß, auch die Jüngsten für den Geist und die Tätigleiten der Partnerschaft zu interessieren. Heute wollen die Schüler des Collège La Sologne aus Tigy Ihnen zeigen, was sie können. Begleitet werden sie von den Damen Soto und Mimault, die beide treu an allen Aktionen der Partnerschaft mitwirken. Lassen sie uns wetten, daß der Aufenthalt, den die Kinder aus Tigy im Augenblick hier in St.Ilgen verbringen, vielversprechend ist für neue Freundschaften, die hier entstehen und Früchte für die Zukunft bringen werden. Ich danke den Jugendlichen allen für ihr Engagement, ihre Einsatzbereitschaft und ihre Begeisterung.

Liebe Freunde aus St.Ilgen, Leimen und den benachbarten Gemeinden, ich überbringe Ihnen freundschaftliche Grüße aus Tigy und seinen Nachbarorten. Genießen Sie das Vergnügen, heute abend beieinander zu sein und die Freude an den Vorführungen, die man Ihnen bieten wird. Bevor ich zum Ende komme, möchte ich ganz besonders Frau Riehm danken für ihre wertvolle Hilfe, um eine getreue Übersetzung meiner Rede zu gewährleisten. Sie verdient Ihren Applaus. Und jetzt uns allen einen schönen Abend. Laßt das Fest weitergehen.

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