Krachröhren-Reibeisen-Nachtigallen-Stimme: Holger Görrißen zerfetzt Hörgewohnheiten
(fwu – 21.12.15) Wehe, wenn man diesen Bankanwalt im Hauptberuf an das Mikro läßt! Dann wird aus dem seriösen Strahlemann Holger Görrißen ein wahres Musikmonster, daß mit seiner einmaligen Erdbebenstimme die Hütte erbeben läßt. Ob mit selbstgepielter Akkordeon- oder Keyboardbegleitung, mit selbstgebastelten Perkussioninstrumenten oder eigenhändig abgemischten Sounds aus scheppernden Autotüren, Axthieben auf Holz und Alltagsgeräuschen – seine Stimme dominiert auch die wildesten Backgrounds und schafft im gewählten Chaos Melodien, die unter die Haut gehen.
Erleben durften dies die (leider viele zu wenigen) Besucher in Kai’s Musikbar in Leimen am vergangenen Samstag. Ob es an der Weihnachtszeit oder dem ungewohnten Samstagstermin (normalerweise keine Livemusik) lag, auch viele Stammgäste haben an diesem Samstag einen der mit Abstand besten Livesessions verpasst, die KMB bisher erlebt hat.
Jenseits aller üblichen Hörgewohnheiten interpretiert Görrißen Tom Waits, Leonard Cohen und exzellente eigene Songs. Umfang und Volumen seiner Stimme reichen locker aus, um auch bei Range-Fetischisten höchste Anerkennung zu finden, doch der Hammer sind seine dreckigen, schier im stimmlichen Keller absaufenden Basspassagen, manchmal gefolgt von reinen Nachtigallsequenzen (Video ab 3:11), die unmöglich der gleichen Stimme entspringen können. Oder doch?
Görrißen ist eine echte Klasse für sich und für uns die musikalisch-stimmliche Überraschung des Jahres schlechthin. Ein echter Glücksgriff für Kai’s Musikbar – die ihn hoffentlich nicht zum letzten Mal präsentiert haben wird.
PS: Hört doch mal rein, in seinen Youtube-Channel – seine nächsten Auftritte veröffentlicht er auch auf Facebook.
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