Lokalgeschichte: Sandhausens Ehrenbürger Alexander Kann
Ehrenbürger Alexander Kann vor 150 Jahren geboren.
„Ihren unvergesslichen Wohltäter in schwerer Zeit, Herrn Alexander Kann (s.B.l.) aus Essen, ernennt zum Ehrenbürger aus Dankbarkeit die Gemeinde Sandhausen am 1. September 1918″. – Eine Auszeichnung, die ausschließlich Persönlichkeiten zu Teil wird, die sich in herausragender Weise um das Wohl der Bürger hervortun.
Doch was hatte zur Ernennung des ehemaligen Sandhäuser Lehrers geführt?
Während der harten Kriegsjahre von 1914-18, in denen Lebensmittel rationiert und Brennmaterial knapp waren, versorgte der Essener Bankier Alexander Kann gemeinsam mit dem Fabrikanten Brandenburg und dem Vorsitzende der Kohlenhandelsgesellschaft Borchardt aus Duisburg 1917 die Bevölkerung von Sandhausen mit 100 Kohlenwaggons lebenswichtigen Brennmaterials. Eine Geste, die man ihm nie vergaß.
Der 150. Geburtstag des am 21. Dezember 1865 in Oberzell geborenen und 1885 in Sandhausen arbeiteten Lehrers gibt nun Gelegenheit sich mit der Vergangenheit dieser schillernden Persönlichkeit zu beschäftigen: Nach seiner Heirat mit Mirjam Reis aus Eubigheim verzog Alexander Kann nach Essen, wo er es als Direktor der Rheinisch-Westfälische Bank für Grundbesitz zu beachtlichem Wohlstand brachte und 1918 als alleiniger Inhaber das „Bankgeschäft Alexander Kann“ gründen konnte. Zu seinen Freunden zählte u.a. der prominente deutsche Motorrad- und Automobilrennfahrer Bernd Rosenmeyer, der als Pionier des Rennsports galt und während eines Rekordversuchs ums Leben kam.
Politisch-propagandistische Dramatik ergriff auch die jüdische Bankiersfamilie Kann, der man wegen Unterschlagung von 1932-36 den Prozess machte. Obwohl Alexander Kann sich 1933 nach Paris absetzen konnte, verlor er durch den Prozess nicht nur sein gesamtes Vermögen, sondern auch seine deutsche Staatsbürgerschaft. Sein Geschäftsgebaren wurde von den Nationalsozialisten propagandistisch als jüdisch herausgestellt. Durch die Besetzung Frankreichs wurden die Kanns in das Internierungslager von Drancy gebracht und von dort am 2. November 1942 nach Ausschwitz deportiert, wo Alexander Kann dem Terror zum Opfer fiel. Seine Frau Mirjam und seine Tochter Martha überlebten. Ihr Wiedergutmachungsantrag blieb erfolglos.
Dank der Mithilfe verschiedener Archive ist es der Verwaltung gelungen, das Wissen über einen Mann, dessen Leben mit Sandhausen verbunden war, deutlich zu erweitern, so dass dieses nun den nachfolgenden Generationen zur Verfügung steht.
Im Rathaus der Gemeinde Sandhausen erinnert noch heute seine Ehrenbürgerurkunde (s.o.r.) neben dem großen Sitzungssaal an seine einstige Spende zum Wohle der Sandhäuser Bevölkerung.
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