Apotheke in Corona Zeiten – Von FFP2 Masken, Impfstoffen und anderen Lieferproblemen
(wm – 17.11.20) Die Apotheke zählt in den Zeiten von Corona zu den „systemrelevanten Berufen“. Nun dies ist zwar eine neu geschaffene Begrifflichkeit, aber ansonsten keine neue Erkenntnis, denn relevant ist die Institution Apotheke für die Menschen seit bald 800 Jahren. Sie versorgt mit einem gesetzlichen Auftrag die Menschen mit Arzneimitteln, sie stellt welche her, sie berät die Menschen und sie ist unabhängiger „Lotse“ mit oftmals sogar „seelsorgerischen“ Fähigkeiten, nach denen die Menschen oft nachfragen und bitten, weil sie diese Zuwendung und dieses „Gehört-werden-wollen“ in der Welt von Google und Amazon nicht mehr bekommen.
Und obwohl letztere seit Corona – so wie auch Internet-Apotheken – enorme Umsatzzuwächse aufweisen können – das gestiegene Müllaufkommen in der grünen Tonne spricht Bände ! – hat sich aber dennoch die Vorort-Apotheke als unersetzlich erwiesen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Leimener Apotheken haben ihr Bestes gegeben und sie tun es weiter: als es keine fertigen Hände -Desinfektionsmittel mehr gab, haben wir selbst welche hergestellt, um schnell und unbürokratisch (und sehr oft kostenlos) u.a. Arztpraxen, Altenheime, Kindergärten, Polizeibehörde und Kirchen zu versorgen. So was können Amazon, Google und Internet Apotheken nicht leisten und die zahlen auch keine Steuern in Leimen – im Gegensatz zu den Vorort-Apotheken, die ins Leimener Stadtsäckel regelmäßig Gewerbesteuer einzahlen.
Die Beschaffung von (qualitativ hochwertigen!) Schutzmasken und Einmalhandschuhen (sehr häufig für die häusliche Pflege) war und ist auch jetzt noch immer wieder problematisch und kritisch und bedarf einer täglichen logistischen Herausforderung, die es zu meistern gilt. Ganz zu schweigen von der nicht befriedigenden Versorgung der Bevölkerung mit Impfstoffen, insbesondere Grippeimpfstoffen und Impfstoffen gegen Lungenentzündung.
Beim Grippeimpfstoff erwarten die Apotheke Ende November den Zugang weiterer Kontingente. Ganz schlecht ist allerdings die Liefersituation bei „Pneumovax“ (Lunge) Impfstoff. Hier gibt es derzeit keinen Lieferzeitpunkt. Unsere Empfehlung lautet: sprechen Sie mit Ihrem Arzt Ihres Vertrauens. Denn vereinfacht formuliert besteht „Pneumovax“ aus 23 „Komponenten“, aber dieser ist auf unabsehbare Zeit nicht lieferbar. Lieferbar ist dagegen der Impfstoff „Prevenar“ mit 13 „Komponenten“. Fragen Sie also Ihren Arzt.
Ja und weiterhin mehr als unbefriedigend ist die Lieferfähigkeit vieler, klassischer Arzneimittel von Blutdruck bis Schilddrüse, von Diabetes bis Psychopharmaka. Denn hier rächen sich die Versäumnisse aus der Vergangenheit, ganze Wirkstoffproduktionen aus preislichen Gründen nach Fernost, nach China und Indien zu verlagern und nicht mehr in Europa zu produzieren.
Die Bundesregierung will diesen Weg wieder „umkehren“, aber das dauert und gelingt nicht von heute auf morgen. Was lernen wir daraus? Gesundheit und Arzneimittel sind „Güter“, die nicht nach nur marktwirtschaftlichen Überlegungen gehandelt und beurteilt werden dürfen. Und was machen wir in dieser Situation? Wir „verwalten tagtäglich den Mangel“ und suchen permanent nach Alternativen und nach identischen bzw. gleichwertigen „Ersatzlösungen“ in „legal kritischen Grenzbereichen“.
Das ist gelebte Pharmazie des Alltags zum Wohle der Bevölkerung in den Zeiten von Corona.
Wolfgang Müller, Apotheker und Altstadtrat
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