Aprilwetter: Trockenheit, Kälte, und sogar Frost schädigen Wein, Obst- und Nussbäume

Geschädigter Nußbaum in Nußloch

(fwu – 27.4.17) Auf die bereits begonnene Blüte vieler Bäume – im Bild ein betroffener Nussbaum aus Nußloch – traf in der letzten Woche ein sehr verspäteter Nachtfrost mit von Wetterfachmann Jürgen Scheuermann in Nußloch gemessenen -1,2 Grad. Der milde März ließ die Pflanzen sprießen und früh erblühen, aber der jetzige Frost hat sie schwer geschädigt, viele sogar vollständig zerstört. Ein Desaster für Winzer, Obstbauern und Landwirtschaft.

Erfrorene Nußbaumblüten

Auch viele Hobbygärtner beklagen Schäden an ihren nicht frostbeständigen Lieblingspflanzen, von Kiwi bis Feige. Bei den Nussbäumen hoffen Beobachter noch auf ein erneutes Austreiben bei wieder steigenden Temperaturen, die bereits für das kommende Wochenende prognostiziert sind.

Die helle Steinlinie liegt bei Normalpegel unter Wasser

Auch wenn der nicht so Wetterinteressierte es kaum bemerkt hat, es herrscht eine bemerkenswerte Trockenheit, die u.a. auch die Rheinschifffahrt erheblich in Mitleidenschaft zieht. So liegt der Rheinpegel bei Emmerich am Niederrhein derzeit bei nur 115 cm. Normal wären 263 cm (Mittel)! Es fehlen fast 1,50 Meter. Auch am Mittelrhein das gleiche Bild: Der Pegel Oberwinter liegt bei nur noch einem Meter!

Tip: Die heutige SWR-Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg“ widmet sich ausführlich diesem Thema.


Austreibender Rebstock in Leimen

Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Der Frosteinbruch in den Nächten vom 19. bis 21. April 2017 hat beim Wein- und Obstbau im Land zu katastrophalen Schäden geführt. Viele landwirtschaftliche Betriebe sind in der Folge in ihrer Existenz bedroht. Ähnlich massive Schäden hat es zuletzt im Jahr 1981 gegeben.

„Der Frosteinbruch in den Nächten vom 19. bis 21. April 2017 hat den Wein- und Obstbau im Land und die Landwirtschaft schwer getroffen. Im Vergleich zum Frostjahr 2011 ist landesweit von einem drei- bis viermal höheren Schaden auszugehen. Zwar wird der gesamte Schaden erst in einigen Wochen sichtbar und bezifferbar sein. Wir müssen aber heute bereits von einem dreistelligen Millionenbetrag ausgehen. Bei diesem Ausmaß können wir von einem Jahrhundertfrost sprechen, der zu einer Katastrophe für unsere Winzer und Landwirte geführt hat“, sagte der Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk.

Damit seien viele Betriebe in ihrer Existenz bedroht. Ähnlich massive Schäden habe es zuletzt im Jahr 1981 gegeben.

„Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand ist die erst Bilanz verheerend. Landesweit sind rund 7.000 Hektar Reben sehr stark geschädigt. Hinzu kommen 6.000 Hektar obstbauliche Flächen und Ackerkulturen mit starken Schäden“, so der Minister.

Knapp ein Viertel der Weinbauflächen im Land stark beschädigt

Rund 7.000 Hektar der insgesamt 28.000 Hektar Weinbauflächen im Land weisen starke Schäden bis hin zu Totalschäden auf. Von den 11.000 Hektar Kernobst (Apfel, Birne) im Land gelten 2.500 Hektar als sehr stark geschädigt. Darüber hinaus weisen nahezu alle Flächen im Land Teilschäden auf. Bei den teilgeschädigten Flächen ist eine Ertragsverlustprognose zurzeit noch nicht möglich. Von den rund 4.000 Hektar Steinobst (Kirsche, Zwetschge) sind rund 3.000 Hektar sehr stark beschädigt. Von den rund 1.700 Hektar Strauchbeeren (Johannisbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren, Brombeeren) sind rund 50 Prozent stark geschädigt. Bei den rund 2.700 Hektar Erdbeeren im Land ergibt sich ein sehr heterogenes Bild. Etwa 50 Prozent der Fläche weisen Blütenschäden im Bereich von 20 Prozent bis 80 Prozent auf.

Darüber hinaus sind bei Acker- und Gemüsekulturen (zum Beispiel Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln, Feldgemüse) landesweit Schäden entstanden, die in der Fläche noch nicht beziffert werden können. Auch der Streuostbau und die Kulturen in den Hausgärten sind in vielen Regionen stark geschädigt.

Möglichkeiten zur Hilfestellung auf Landes- und Bundesebene

„Zur Zeit prüfen wir alle Möglichkeiten zur Hilfestellung auf Landes- und Bundesebene. Ich habe deshalb bereits ein Schreiben an die Finanzministerin übermittelt, mit der Bitte, steuerliche Erleichterungen für die vom Frost geschädigten Betriebe zu ermöglichen“, so Hauk.

Ebenso wurde die Landwirtschaftliche Rentenbank gebeten, das dortige Liquiditätshilfeprogramm für alle frostgeschädigten Betriebe zu öffnen. Die Weinbaubetriebe können außerdem im Jahr 2017 noch einmal Anträge auf die Umstrukturierung ihrer Rebflächen stellen und total geschädigte Weinberge roden und im Rahmen des bestehenden EU-Förderprogramms neu anpflanzen.

„Ich werde mich sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene um Hilfen für die stark betroffenen Familienbetriebe bemühen. Erste Gespräche finden heute bereits in Berlin statt. Der Ministerrat wird sich am 2. Mai 2017 mit dem Thema befassen. Neben der Bewältigung der aktuellen Schäden muss aufgrund der starken Klimarisiken in der Landwirtschaft aber auch eine langfristige Strategie entwickelt werden. Alle Möglichkeiten der Schadensbeschränkung und Risikominimierung müssen geprüft werden. Dies betrifft sowohl die Einführung von Risikomanagementmaßnahmen in der EU-Agrarpolitik ab 2021 als auch nationale steuerliche Regelungen und Versorgungsmaßnahmen des Landes“, betonte Minister Hauk.

Kein durchschlagender Erfolg des Hubschraubereinsatzes

In diesem Zusammenhang seien auch die Versuche zum Hubschraubereinsatz in der letzten Woche zu sehen. In der Einsatzfläche im Kochertal war erkennbar, dass bei bestimmten Konstellationen positive Effekte mit dem Hubschrauber erzielt werden können. Aufgrund der massiven Kaltluftfront und der Minustemperaturen von teils minus sieben Grad Celsius hat der Einsatz insgesamt leider keinen durchschlagenden Erfolg mehr gebracht und wurde deshalb, bis auf das Kochertal, in der zweiten Frostnacht nicht widerholt.

In Baden-Württemberg werden 28.000 Hektar Rebfläche von 25.000 Weinbaubetrie-ben bewirtschaftet. 30.000 Hektar Obst- und Gartenbaufläche werden von weiteren 7.000 Betrieben gepflegt. Darüber hinaus hat das Land mit rund 116.000 Hektar die umfangreichsten Streuobstbestände in Deutschland. Die Sonderkulturen haben einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert, sie prägen die Kulturlandschaften mit vielen positiven Effekten.

 

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