Arul Trust e.V.: Armut kann jeden treffen

(pm – 8.3.23) Armut – was ist das eigentlich? Was sagen die offiziellen Definitionen, die Religionen, die verschiedenen Kulturen dazu? Ist Armut eine Schande? Ist sie gar selbstgemacht? Verachten wir die Menschen, die nach unseren Begriffen als arm gelten? Verliert man durch Armut seine Menschenwürde? Und warum schauen so viele von uns weg, wenn es um Armut geht, bis es uns vielleicht durch einen Schicksalsschlag plötzlich selbst betrifft?

Bei uns in Deutschland gelten vor allem Obdachlose als arme Menschen. Hungern muss hier bei uns noch niemand, noch funktioniert unser Sozialstaat, was das anbelangt. Und doch können sich auch hier immer weniger Menschen einen Einkauf von gesunden Lebensmitteln in einem üblichen Supermarkt leisten, sie sind auf die Spenden der Menschen angewiesen, die an die Tafeln weitergegeben werden.

Durch fragwürdige politische Entscheidungen wie beispielsweise durch internationale Macht- und Kriegsspielchen und deren Konsequenzen für die Bürger, durch Lobbyismus usw. werden die Lebenshaltungskosten immer teurer, Medikamente werden knapp und für viele unbezahlbar.

Wohnungsmieten und Energiekosten können von vielen Menschen ebenfalls nicht mehr bezahlt werden und stürzen die Menschen, die bisher durch fleißige Arbeit ihr Einkommen und ihr Auskommen hatten, in Schulden. Firmen müssen schließen, viele Menschen verlieren dadurch ihre Arbeitsplätze.

Die Kluft zwischen Reich und Arm wird auch bei uns immer größer. Der Anteil der Menschen, die bei uns der sogenannten Unterschicht zugeordnet werden, wächst. Auch, wenn wir in Deutschland im Augenblick noch – international gesehen – im Vergleich zu den meisten Ländern der Welt gut dastehen.

Doch wie lange noch? Dabei sind auch hier die Schichten der Gesellschaft schon lange sauber getrennt. Ich erinnere mich an meine Schulzeit in den siebziger Jahren an einem staatlichen Gymnasium. Bereits damals war das ein Thema. In meiner Schule waren die Kinder von Ärzten, Anwälten, Richtern, Staatsanwälten und großen Unternehmern.

Ich war das einzige Kind aus einer Arbeiterfamilie. Meine Freundinnen luden mich zwar zu ihren Geburtstagen ein, baten mich aber immer vorher: Bitte sag meinen Eltern nicht, dass dein Vater nur ein Arbeiter ist, sonst darf ich dich nicht mehr zu mir einladen. – Im Grunde hat sich das bis heute nicht geändert.

Wir zeigen mit dem Finger auf Länder wie z.B. Indien mit seinem Kastensystem, aber im Grunde ist es auch bei uns gar nicht so verschieden, es wird nur anders genannt. Ober-, Mittel-, Unterschicht, und die Unterschicht sind unsere „Armen“, die in sozialen Brennpunkten leben, in winzigen heruntergekommenen Wohnungen in Gegenden wohnen, die man lieber meidet, oder die sogar gar keine Wohnung mehr haben.

Ein guter syrischer Freund sagte einmal zu mir: „Ihr Deutschen seid seltsam. Wenn ihr euch kennenlernt, ist eure erste Frage immer: was machst du denn beruflich? – Entsprechend wird man dann von euch behandelt. Bei uns in Syrien sind der Beruf und das Einkommen nicht wichtig. Da fragt man den anderen: Wie heißt du? Geht es dir und deiner Familie gut? Darf ich dich und deine Familie zu uns einladen?“ – Das hat mich damals sehr nachdenklich gemacht.

Also: was ist Armut? Wie definieren wir persönlich dieses Wort? Machen wir es nur am Materiellen, am Verdienst, am Besitz fest? Am Beruf? Am gesellschaftlichen Ansehen? Oder ist Armut nicht eher eine echte Chance für die anderen, die „Reichen“, die Oberschicht, auch einmal aus ihrer anscheinend heilen Welt über den Tellerrand hinauszuschauen und zu erkennen, was die Menschen wirklich arm macht?

Die Gier derjenigen Wenigen, die an der Ausbeutung anderer immer noch mehr verdienen? Politische Machtspielchen? Eine Art Kastensystem, die den meisten Menschen gar nicht erst die Möglichkeit bietet, aus der Schicht, in die sie hineingeboren wurden, jemals wieder herauszukommen?

Wer will schon einen Arbeitslosen, gar einen Obdachlosen seinen Freund nennen oder gar öffentlich mit ihm gesehen werden – außer, wenn die Presse dabei ist und mit vielen Fotos und Berichten präsentiert, wie großzügig wir uns um diese Menschen kümmern.

Wer von uns ist wirklich dazu bereit, einem solchen Menschen zu helfen, indem wir selbst auf unseren gewohnten Urlaub verzichten, auf das neue große Auto, auf einen regelmäßigen Besuch im teuren Edellokal, und stattdessen dem Bedürftigen den Wert unserer gewohnten Luxusgewohnheiten zukommen lassen, damit auch dieser Mensch ein Dach über dem Kopf hat, sich gesund ernähren kann und sich bei Bedarf wirksame Medikamente für sich und seine Kinder leisten kann?

Auch hier, und da schließe ich auch mich selbstverständlich mit ein, gilt ein Satz, den ich noch aus meiner Schulzeit kenne: wenn man mit einem Finger auf einen anderen zeigt, zeigen drei Finger zurück auf sich selbst. Beginnen wir also bei uns selbst, indem wir nicht mehr wegsehen, wenn es anderen Menschen schlecht geht, wenn sie nach unseren Begriffen in Armut leben. Lernen wir, zu teilen, was wir haben.

Geben wir unseren armen Mitmenschen, egal, wo auf der Welt sie leben, eine Chance, ihre Schicht, ihre Kaste, oder wie auch immer wir das für uns benennen wollen, verlassen zu können und ein menschenwürdiges Dasein zu führen.

Und vergessen wir nie: Armut kann jeden treffen. Auch Sie und mich. Ein Schicksalsschlag genügt.


Mit (pm – Datum) als Redaktionskürzel versehene Artikel sind Pressemitteilungen (pm) von Parteien oder Organisationen, die wir i.d.R. als ungekürzter und uneditierter Originaltext veröffentlicht. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Die obige PM wurde von Birgit Ulrich-Reinisch geschrieben und von Arul Trust e.V.  zur Veröffentlichung an Leimen-Lokal gesandt.


 

 

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