Austellung und Vernissage „Sakral“ – Werke von Bernhard Apfel und Dorothea Burkhardt

Bernhard Apfel – Dorothea Burkhardt

(fwu – 6.12.18) Der Kunstverein Leimen lud am vergangenen Sonntag in den großen Sitzungssaal des Neuen Rathauses in Leimen zur Vernissage der Ausstellung „SAKRAL“ ein.  Bis Ende Februar des nächsten Jahres werden Arbeiten des Leimener Holzbildhauers Bernhard Apfel und der Walldorfer Fotografin Dorothea Burkhardt im Neuen Rathaus Leimen gezeigt.

Vorsitzende des Leimener Kunstvereins Esther Wolf

Die sehr gut besuchte Vernissage wurde von der Vorsitzenden des Leimener Kunstvereins Esther Wolf eröffnet, die die Anwesenden,  darunter Leimens Ehrenbürger Bruno Sauerzapf und etliche Kreis- und Gemeindräte, begrüßte und sich freute, erstmalig eine solche Veranstaltung in diesen Räumlichkeiten durchführen zu können, wofür sie sich bei der Stadt bedankte.

Bürgermeisterin Claudia Felden

Bürgermeisterin Claudia Felden als Vertreterin der Stadt dankte dem Kunstverein für seinen sehr wichtigen kulturellen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben in Leimen und übergab das Wort an den Verwaltungs-, Schul- und Kulturdezernent des Rhein-Neckar-Kreises Hans Werner, der das äußerst umfangreiche Buchprojekt von Berno Müller und 17 weiteren Autoren und ca. 1.500 Fotos von Dorothea Burkhardt eingehend würdigte (s.u.).

Hermann Bunse

Die Einführung zu den künstlerischen Werken von Bernhard Apfel übernahmen Hermann Bunse, ehemaliger Pastoralreferent der Jesuitenkirchen Heidelberg und Berno Müller, Autor des Buches „Sakrale Kunst im Rhein-Neckar-Kreis“ (s.u.). 

Der in Leimen lebende und arbeitende Künstler Bernhard Apfel bildhauert wie gemalt und bietet großes und skurriles Theater mit Holzplastiken und Skulpturen, bei denen der Schalk im Detail steckt. Seine fantastische, surreale Formensprache macht – augenzwinkernd – das Alltägliche sichtbar. Seine Arbeiten sind gesellschaftskritisch und humorvoll. Seine Urbanus-Skulptur steht dauerhaft im Neuen Rathaus vor dem großen Sitzungssaal.

Die eindrucksvollen Fotografien der Walldorfer Künstlerin Dorothea Burkhardt sind ein beredtes Zeugnis der verschiedenen sakralen Kunstepochen durch die Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Jede Arbeit hat ihre ganz eigene Atmosphäre, ihr individuelles Erscheinungsbild. Burkhardt zeigt aus verschiedenen Blickwinkeln ein reiches historisch-künstlerisches Erbe.

Ute Schleich

Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung durch die Blockflötistin Ute Schleich.


Ausstellungsdauer: 02.12.2018 – 27.01.2019. Die Werke können zu den Öffnungszeiten des Rathauses besichtigt werden.


Grußwort Hans Werner, Verwaltungs-, Schul- und Kulturdezernent des Rhein-Neckar-Kreises, zur Ausstellung „Sakral“ des Kunstvereins Leimen

Ich freue mich sehr, dass Sie heute – am 1. Advent, an dem es noch so viele andere Angebote und Weihnachtsmärkte gibt – den Weg hierher zur Ausstellungseröffnung „Sakral“ gefunden haben.

Hans Werner

Das Thema der Ausstellung ist vielleicht etwas ungewöhnlich für den Kunstverein Leimen. Denn der steht eigentlich dafür, junge zeitgenössische Gegenwartkunst zu präsentieren, und das seit langen Jahren und auf hohem Niveau. Da haben der Kunstverein Leimen und unsere Kreiskulturwoche, besonders das bundesweit beachtete Atelier und Künstler-Projekt, ja ziemlich viel gemeinsam. Denn beide wollen mit Kunstausstellungen einem breiten Publikum die Chance eröffnen, Künstlerinnen und Künstler kennen zu lernen, zeitgenössische Entwicklungen der bildenden Kunst zu entdecken.

So sind schon viele spannende Ausstellungen entstanden, über manches Kunstwerk wurde dabei intensiv diskutiert. Das macht deutlich, dass die Kunst eben keine Dienerin der Menge sein darf, sondern dass die eigene Auseinandersetzung des Künstlers mit einem Thema das eigentliche Ziel künstlerischer Arbeit sein muss. Schließlich wird Kunst ja bekanntlich erst zu Kultur, wenn es ihr gelingt, Menschen zu fesseln. Ich denke, das kann man den auf den meisterhaften Fotos von Dorothea Burkhardt abgebildeten Kunstwerken, die in unseren Kirchen zu finden sind, und den plastischen Arbeiten von Bernhard Apfel durchaus zubilligen. Beide haben sich intensiv mit dem Thema Sakraler Kunst beschäftigt, sind in gewisser Weise Entdecker, die sonst nicht so sehr in der Öffentlichkeit Stehendes oder zu Gewohntem gewordenes in den Mittelpunkt rücken bzw. Neues durch Bearbeiten aus seiner in Holz eingeschlossenen Form sichtbar, greifbar und somit begreifbar machen.

Beide sind ja nicht nur Mitglieder des Leimener Kunstvereins, dessen Verantwortliche vielleicht beim Blick ums Eck auf die evangelische Mauritiuskirche oder die unübersehbar auf dem Berg thronende katholische Herz-Jesu-Kirche auf die Idee gekommen sind, diese Gemeinschaftsausstellung anzustoßen. Beide finden sich mit Arbeiten auch im schon erwähnten renommierten Atelier- und Künstler-Projekt des Kreises, das alle beachtenswerten Künstlerinnen und Künstler aus der Metropolregion verzeichnet (Dorothea Burkhardt 13. Kreiskulturwoche 2002, AuK 5, Bernhard Apfel 20 Kreiskulturwoche 2009, AuK 7).

Wenn man so will, dann hat dieses Künstlerverzeichnis im Frühjahr einen großen Bruder bekommen: das von uns herausgegebene Buch „Sakrale Kunst im Rhein-Neckar-Kreis“. Es wurde letztendlich im Kontext des Jubiläums- und Gedenkjahres „500 Jahre Reformation“ nach langer Vorbereitung vorgelegt und in Ladenburg in einer Doppelveranstaltung mit Landebischof i. R. Dr. Ulrich Fischer und Erzbischof emeritus Dr. Robert Zollitsch. in der Evangelischen Stadtkirche sowie der katholischen St.-Gallus-Kirche der Öffentlichkeit übergeben.

Damals sagte Landrat Stefan Dallinger, von dem ich Sie herzlich grüßen darf, dass dies tatsächlich der bisher umfassendste Kunstkatalog des Kreises geworden ist, denn er dokumentiert ein Kunstprojekt an dem über mehr als 1.600 Jahre viele Generationen von Menschen mitgearbeitet haben – zur höheren Ehre Gottes.

Das gewichtige Werk: 3,8 kg, mit 616 Seiten

Aus diesem gewichtigen Werk, 3,8 kg, mit 616 Seiten im Großformat sind aus den fast 1.500 Abbildungen, die Dorothea Burkhardt zu 99,99 Prozent fotografiert hat, einige wenige ausgewählt worden, um Ihnen heute in dieser Ausstellung pars pro toto einen Eindruck zu vermitteln: Einen Eindruck vom Buch und natürlich von der Vielfältigkeit sakraler Kunst in unseren 210 evangelischen und katholischen Kirchen sowie den Andachtsräumen unserer GRN-Kliniken und Gesundheitszentren.

Wenn ich vorhin sagte, Kreis und Kunstverein wollten vor allem zeitgenössische Entwicklungen der bildenden Kunst präsentieren – so gilt das natürlich ebenso ein Stück weit für die auf den Fotos gezeigten Kunstwerke. Sie waren alle einmal, oder sind es noch, zeitgenössisch. Mit ihren ganz eigenen Sujets, bekannten oder unbekannteren Darstellungen aus der Heilsgeschichte, verschlüsselten Allegorien, Bildern und Symbolen, spielt die ganze abendländische Tradition hinein.

Dass Kunstwerke ihren Schwerpunkt aber auch in sich selbst haben können, das unterstreichen die mitunter „gegen den Stachel löckenden“, zu Diskussionen anregenden, aber immer mit großer Meisterschaft geschaffenen Schnitzarbeiten von Bernhard Apfel. Sie waren schon in vielen Kirchen temporär zu sehen, einige seiner Arbeiten haben zudem schon ihren festen Platz hier im neuen Rathaus und im Landratsamt. Zusammen mit den anderen nun hier ausgestellten Plastiken und den Fotoarbeiten stellen sie einmal mehr unter Beweis, dass Stillstand der wirklich ärgste Feind der Kunst wäre.

Auf diese umfassende Bandbreite der Kunst, die hervorragenden künstlerischen Schätze in unseren Kirchen alle Interessierten aufmerksam zu machen, das ist das Anliegen dieser Ausstellung mit dem Titel „Sakral“ und unseres Buches „Sakrale Kunst im Rhein-Neckar-Kreis“, in dem 17 Autorinnen und Autoren mit Prof. Hans Gercke an der Spitze die theologischen sowie kunsthistorischen Aspekte der Kunstwerke und der Kirchengebäude aufgearbeitet haben. Denn man sieht zwar nicht nur, was man weiß – aber ohne Wissen sieht man nicht richtig oder eben etwas völlig anderes…

Übrigens hat eine weitere Leimener Institution viel zur großen Reputation des Buches beigetragen, die ColorDruck Solutions GmbH. Sie hatte die Ausschreibung des Buches für sich entscheiden können und mit ihrer außerordentlich hohen Druckqualität das Gelingen des Bandes ermöglicht. Wer sich noch einen weiteren Einblick verschaffen möchte, dem will ich noch das Internet ans Herz legen. Gibt man auf Youtube „Ladenburg“ und „Kirchenbuch“ ein, so findet man dort ist seit einigen Tagen, rechtzeitig zum Advent, eine besondere musikalische Überraschung: Ein Musikstück für Glocken und Orgel, eine Kombination, die man selten zu hören bekommt. Es ist ein Teil des Konzerts, das der Orgelsachverständige Prof. Dr. Michael Gerhard Kaufmann und Glockenpapst Kurt Kramer bei der Buchvorstellung gespielt haben, kombiniert mit Bildern aus dem Buch.

A propos Konzert: Wer noch zeitliche Kapazität hat, den will ich gerne noch einladen nach Schönau. Dort spielt heute Abend um 17 Uhr in der evangelischen Stadtkirche die Junge Philharmonie Rhein-Neckar ihr traditionelles Adventskonzert. Wer in den letzten 30 Jahren schon einmal dabei gewesen ist, weiß, was dort Tolles von den jungen Musikern unter der Leitung von Andreas Treibel geboten wird. Vielleicht sehen wir uns ja…

Liebe Gäste, mit der Musik ist es wie mit der Kunst – ihre Werke sprechen noch zu den Zuhörern oder Betrachtern, wenn die Schöpfer schon lange nicht mehr leben. Das gilt umso mehr bei Werken sakraler Kunst, das gilt für die Plastiken und die fotografierten Werke, die heute und in den nächsten Wochen hier ausgestellt sind, das empfinden wir natürlich vor Ort in den Kirchen ganz besonders. Jetzt im Advent gibt es dort ja besonders viele Angebote. Vielleicht finden Sie Gelegenheit dort die eine oder andere ruhige Stunde zu finden, die sonst im Alltagsstress untergeht. Mit dem Besuch dieser Ausstellung haben Sie die Adventszeit ja schon gut begonnen! Ich wünsche Ihnen allen eine gute kommende Zeit, und Glückwunsch noch einmal dem Leimener Kunstverein zu dieser Ausstellung und alles Gute für Ihre weitere Arbeit.


Ausstellung „Sakral“ des Kunstvereins Leimen – Einführung Fotografie von Berno Müller

Berno Müller

Kunst als Brückenbauer zwischen dem Kreis, der Öffentlichkeit und vor allem den Kulturschaffenden, das war Landrat Dr. Jürgen Schütz wichtig, das ist Landrat Stefan Dallinger und dem Kreistag wichtig. Deswegen freue auch ich mich sehr, dass Sie, liebe Frau Felden, als Erste Bürgermeisterin der Stadt und als Fraktionsvorsitzende im Kreistag vorhin einige Worte zu uns gesprochen haben.

Mein lieber Kollege Hans Werner, Verwaltungs- und Kulturdezernent unseres Rhein-Neckar-Kreises, hat heute nicht nur seinen voraussichtlich drittletzten öffentlichen Auftritt vor dem Ruhestand – und deshalb ist es klasse, dass Du gekommen bist –, sondern vorhin das Atelier und Künstler-Projekt des Kreises angesprochen, das über viele Jahre hinweg bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Bisher gibt es 11 Bände, die – genau wie alle anderen Kunstkataloge auch – von Dorothea Burkhardt fotografiert und vor allem in den letzten Jahren auch gelayoutet worden sind. Ohne sie gäbe es das kulturelle Erscheinungsbild des Kreises in der vorliegenden Form nicht.

Dorothea Burkhardt hat eigentlich eine Ausbildung zur Industrie- und Werbefotografin absolviert. Daran hat sie ein Kunststudium in England angeschlossen und 1992 einen akademischen Grad in Fotografie erworben, ab 1993 hatte sie einige Jahre einen Lehrauftrag im Fachbereich Kunst an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Als Künstlerin war sie schon mit zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen in der Öffentlichkeit, ihre Arbeiten befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen.

Für den Kreisarchivar Dr. Jörg Kreutz und mich, vor allem aber für den Rhein-Neckar-Kreis ist es unschätzbar, dass sie ihr großes Können seit 1992 in den Dienst des Landkreises gestellt hat. Ihre Fotos von unseren Veranstaltungen, von unseren Gebäuden, den Kliniken, Betreuungszentren, der AVR, bauen die Brücken zu den Menschen, die oft mit dem abstrakten Rhein-Neckar-Kreis nicht so viel anfangen können. Eine solche Brücke sind zudem unser großer Kreisbildband „Impressionen“, viele vom Kreisarchiv herausgegebene Bücher, ein fast 45 Minuten langer Film über den Rhein-Neckar-Kreis und und und… – ganz viele Projekte, die wir in den letzten fast 25 Jahren gemeinsam bewältigt haben. Das hätte uns alles nicht gelingen können, wenn Dorothea Burkhardt, unseren Kreisarchivar und mich nicht auch eine herzliche Freundschaft verbinden würde, und ohne dieses Zusammenhalten und gegenseitig ermutigen, wäre dieses Mammutprojekt Sakrale Kunst nicht zu einem guten Ende gekommen.

Denn immerhin haben wir 13 Jahre Grundlagen gesammelt, vor Ort recherchiert, waren intensiv ökumenisch unterwegs in Kirchen und Andachtsräumen. Dann Textarbeit am heimischen Computer, Aufarbeitung am Bildschirm und Aufbereitung der fotografischen Sammlung mit den Autoren sowie grafische Gestaltung des Satzes und kooperatives Teamwork mit ColorDruck – und aus einem veritablen Nachschlagewerk ist ein Opus magnum entstanden, das Seinesgleichen sucht.

Damit haben wir, Dorothea Burkhardt, Jörg Kreutz und alle Autoren uns ebenfalls als Brückenbauer gesehen. Heute, wo so vieles verloren zu gehen droht, wo manche Zusammenhänge und Grundlagen in Vergessenheit geraten sind oder sich nur noch mühsam erschließen lassen, will das Buch Sakrale Kunst ein Wegweiser sein, eben eine Brücke, um das Verständnis wieder zu erschließen, den geistlichen und geschichtlichen Hintergrund wieder mehr ins Bewusstsein zu rücken.

Die Reise im Buch führt uns über 16 Jahrhunderte und zeigt das Zusammenwirken von Kunst und Kirche durch die Geschichte bis in die jüngste Gegenwart. Wobei zeigen genau das ist, auf das es uns auch heute mit dieser Ausstellung des Kunstvereins, ankommt. Aus den mehr als zehntausend Fotos, die Dorothea Burkhardt für diesen Band aufgenommen hat, haben es knapp 1500 ins Buch geschafft, die Qual der Auswahl, – und jetzt 38 pars pro toto – hier ins neue Rathaus.

Für die Aufnahmen hat sie immer wieder den Kreis durchfahren, zu allen Morgen-, Mittags-, Abend- und Nachtzeiten Kirchen fotografiert – und darin Bekanntes wie Unbekanntes. Nichts war ihr zu viel, sie hat viel gewagt für die besten Perspektiven, mit dem Hubsteiger nach oben, furchtlos riesige Drehleitern erklommen. Und ganz zum Schluss noch enge Stiegen bezwungen, steile Holztreppen und Leitern in alten Kirchtürmen, als mit Prof. Dr. Kaufmann und Kurt Kramer noch zwei herausragende Kenner von Orgeln und Glocken gewonnen werden konnten. Das ging fast an die physische Leistungsgrenze, um mit dem Equipment unter ganz schwierigen Lichtverhältnissen im besten Sinne „erhellende“ Aufnahmen zu machen, die mit einem Blick für das Wesentliche und das Verständnis für Architektur und Raum fernab des „genius loci“ erst ermöglichen.

Natürlich tauchen in Kirchen des Öfteren verschiedene Motive immer wieder auf, aber über die Zeiten wurden sie mit unterschiedlichen künstlerischen Techniken angegangen, die Künstler haben ihre eigene Sichtweise eingebracht, und schließlich ändern sich ja auch unsere Sehweisen.

Um das zu unterstreichen, haben wir die Fotos etwas in thematische Zusammenhänge gestellt. Hier unten – gewissermaßen als eye catcher für die Eintretenden – erst ein paar richtig farbige Bilder, alte und moderne Kunst, gehängt, und Bilder der wunderbaren mittelalterlichen Wandmalereien aus der Leimener ev. Kirche. Auch wenn Heiligenbilder in ev. Kirchen eher selten zu finden sind, hat zumindest davor für die ev. Johanneskirche in (Schriesheim-) Altenbach Karl-Ulrich Nuss 2016 eine Figur des Täufers geschaffen, die durch eine Wand zu gehen scheint, vom Alten zum Neuen, auf das sie mit einer an den überlangen Finger des Isenheimer Altars erinnernden Hand hinzuweisen scheint.

Im 1. OG – passend zur kommenden Zeit – haben wir das Weihnachtsmotiv mitgebracht, unschwer zu erkennen, aber es kommt gar nicht so häufig in unseren Kirchen vor, wie man vielleicht denken könnte. Das älteste stammt von 1300 und zeigt Maria mit dem Jesuskind, die Krippenszene sieht man auf einem Glasfenster von Albert Finck in der Sinsheimer evangelischen Stadtkirche, 1930 entstanden. Die Farben Weiß und Gold überwiegen, der Himmel hat sich aufgetan. Davon ist im von Carolus Vocke 1937 für die evangelische Kirche Sinsheim-Steinsfurt gestalteten Glasfenster nicht sehr viel zu spüren. Gott ist Mensch geworden, hier hat der Künstler die traditionelle Farbgebung verwendet, doch die Liebe zu den Menschen, die Gott dadurch offenbart hat, spricht in dieser „deutschen Kunst“ allenfalls aus der Zeichnung Marias. Sie trägt den blauen Mantel der Himmelskönigin, der etwas distanziert schauende Josef ist in brauner Farbe gehalten, die in der christlichen Tradition für Bescheidenheit und Demut. Eine frühe Arbeit von Franz Dewald in der St.-Bruder-Klaus-Kirche in Edingen (-Neckarhausen) ist eine wunderbare Wiedergabe der Krippenszene, die beispielhaft das Gestaltungsprinzip des Künstlers von Fläche und Form erkennen lässt. An die Weihnachtsbilder schließen sich weitere Szenen der Heilsgeschichte an.

Dort oben finden sich ebenso 3 Kreuzwegbilder – ebenfalls ganz unterschiedlich gestaltet: Einen imposanten Kreuzweg fertigte Emil Sutor für St. Cäcilia in Mühlhausen, aus dem die innigen Beziehungen der handelnden Personen und das ihnen zugefügte Leid sprechen – hier die bewegende Darstellung der Begegnung Jesu mit seiner Mutter. In ganz moderner Formensprache dagegen die Interpretation Zusammenbruch („Jesus bricht unter dem Kreuz zusammen“) von Theo Kerg in Wiesloch Hl. Dreifaltigkeit – eine Betonplastik, die gleichzeitig als Fenster dient. Doch für mich eine der eindrücklichsten Arbeiten, von Rosemarie Vollmer 1998

auf Leinwand gemalt, hängt in St. Johannes Nepomuk Atlußheim: Veronica gibt Jesus das Schweißtuch. Fast nur wie eine Skizze, aber von einer unglaublichen Farbigkeit und einer Zartheit des Ausdrucks, die bewegt und wohl niemanden unberührt lässt.

Daneben hängen oben – welch ein Unterschied – die in ihrer Schlichtheit beeindruckende romanische Krypta in St. Gallus in Ladenburg und der prächtige Chorbogen der Jugendstilkirche St. Georg in Hockenheim, von Johannes Schroth 1910/11 mit dem gewaltigen Gemälde von Josef Wagenbrenner.

Eine unvergleichliche Kombination von Romanik (12. Jahrhundert) , Barock (1780 bis 1784) und Moderne begegnet uns in St. Ägidius in Leimen-St. Ilgen. Dort ist das älteste ursprünglich erhaltene Kirchenportal im Rhein-Neckar-Kreis zu sehen, das aber auch deutlich macht, wie schwierig es für den „modernen Mensch“ ist, das

Bildprogramm „richtig“ zu deuten. Im Inneren hat der Stuttgarter Maler und Bildhauer Michael Münzer 1994 den Zelebrationsaltar, den Ambo und die Sedilien sowie das große Deckengemälde im Schiff und das Chorwandrelief entworfen. Wer genau hinschaut, wird unter der Altarmensa die Wurzel Jesse, der Jesus entstammt, entdecken.

Im 2. OG schließlich noch Fotos mit ganz eigener Dynamik, darunter das Glasfenster im Chor der evangelischen Kirche von Sinsheim-Waldangelloch: Hier hat Christof Grüger den Weltenrichter ohne Gesicht, aber in einer Sprache des weißen göttlichen Lichts gestaltet, umgeben von der violetten Farbe der Buße und den roten Flammen des Heiligen Geistes – ein ungeheurer spiritueller Eindruck.

Doch nun genug der Worte von meiner Seite, bevor ich den Vorschuss an Sympathie, mit dem Sie hierhergekommen sind, verspiele. Schön, dass SIE da sind. Hoffentlich lassen sich während der Laufzeit noch viele mehr auf die Ausstellung ein. Denn ich denke, die hier ausgestellte Kunst kann faszinieren und inspirieren, die Welt der Bibel näher zu bringen, die uns die Augen öffnen will für die Gnade Gottes. Dazu ist er Mensch geworden in Christus Jesus. Lassen wir uns in der von der Vorfreude auf Weihnachten anstecken! Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit.


 

Landrat Stefan Dallinger bei der Präsentation des gewichtigen Buches

Info zum Buch: Sakrale Kunst im Rhein-Neckar-Kreis“ – 616 Seiten, Großformat, knapp 1.500 Fotos, Gewicht 3,8 kg. Preis: 45 Euro.

17 Autorinnen und Autoren beschreiben das Zusammenwirken von Kirche und Kunst vom Mittelalter bis in die jüngste Gegenwart.

Erhältlich im Buchhandel (ISBN 978-3-932102-39-4) oder direkt beim Kreisarchiv Rhein-Neckar-Kreis, Trajanstraße 66 in Ladenburg, Telefon 06203 9306-7740 oder E-Mail [email protected]


 

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