Das Müllersche Weinbergfest brachte die Weinseligkeit nach Leimen zurück
(fwu – 6.10.25) Was für ein bombastisches Weinbergfest! Es schien fast, als hätten die Leimenerinnen und Leimener ein ganzes Fass voller Weinseeligkeit* (sic!) nachzuholen. Und wer wollte es ihnen verdenken, nach der jüngst über die Bühne gegangenen Leimener Weinkerwe – die, ganz ohne Müller’schen Weinstand, Weinbembel oder gar den traditionsreichen Weinbrunnen, eher eine Traubenenttäuschung war.
Eine Weinkerwe, bei der nur das Wetter dem Namen entsprach – denn das war zum Weinen! Hier floss der Regen in Strömen, statt der Wein. Der Sonntag wie auch der Montag? So gut wie ins Wasser gefallen! Schausteller urteilten trocken: Die schlechteste Weinkerwe, an die man sich erinnern konnte. Ein Jammer.
Nicht so beim Adam-Müller-Weinbergfest am Tag der Deutschen Einheit. Da passte alles – vom ersten Sonnenstrahl bis zum letzten Tropfen im Glas. Zugegeben: Der Tag startete frisch und mit Wolkendecke. Doch kaum hatte sich der Mittag durchgesetzt, schob sich hier und da die Sonne durch und ließ Reben und Riedel gleichermaßen glänzen. Und die Besucher? Sie kamen – in Scharen!
Der Shuttle vom Friedhof zur Rebenhöhe, wie immer souverän gesteuert von Hans Euler, fuhr pausenlos. „So viele Fahrten wie dieses Jahr hatten wir noch nie!“, berichtete der erfahrene Fahrer, dem kein Schlagloch entgeht. Fast jede Tour vollbesetzt – acht frohgelaunte Menschen auf jedem Sitz, mit Blick auf Genuss.
Und wer es nostalgischer mochte, der stieg in die Wei-Bembel, den Weinberg-Express“. Diese charmante alte Straßenbahn fuhr den ganzen Feiertag über vom Bismarckplatz in Heidelberg bis zur Haltestelle Leimen Friedhof – stilecht mit Federweißer, Grauburgunder oder Rotwein-Cuvée an Bord. Der Erlös ging übrigens an die ‚Interessengemeinschaft Nahverkehr Rhein-Neckar e.V.‘, die sich liebevoll um den Erhalt historischer Bahnen kümmert. Eine Fahrt, die nicht nur schmeckte, sondern auch Sinn hatte.
Ab 13 Uhr war dann auf dem Fest kaum noch ein freier Platz zu ergattern. Genau richtig für den Auftritt der Band „Lost and Refound“ – mit Hans Nägele, Ernst Lobstein, Volker Diehm und Wolfgang Baust. Tontechniker Manuel Wilhelm sorgte dafür, dass jeder Gitarrengriff zwischen den Rebstöcken saß. Strom für erstaunlich viel technischem Equipment kam aus dem „Moppel“ – dem knatternden mobilen Generator, der weiter hinten in den Weinständen schnurrte.
Zwiebelduft, Winzerhandwerk und süße Verführungen
Auch kulinarisch zeigte sich das Fest von seiner besten Seite. Die Winzerfamilie Müller schenkte großzügig aus, was am Hang wächst: Weiß-, Grau- und Spätburgunder, ein beschwingter Rosé, perlender Sekt und natürlich: Federweißer! Alles aus eigenem Anbau. Der Ansturm? Gewaltig. Selbst die altgedienten Helfer kamen ins Schwitzen. „Ohne Familie und Freunde am Stand wären wir verloren gewesen“, sagte Jungwinzer Leonard Müller. Glück im Timing: Die Lese war gerade abgeschlossen – so früh wie selten.
Die Landfrauen hielten mit: Mit Zwiebelkuchen in rauen Mengen – und sage und schreibe fünfzig selbstgebackenen Kuchen und Torten. Vorsitzende Renate Müller hatte mit zehn helfenden Händen alle Hände voll zu tun. „Solange’s trocken bleibt, ist alles gut“, meinte sie mit einem Blick zum Himmel – der hielt Wort. Und das Kuchenbuffet? Restlos leer. „Wir mussten sogar nochmal nachlegen!“, lachte sie später.
Wem nach Deftigem war, der wurde beim Obst-, Wein- und Gartenbauverein bestens versorgt. Winzersteaks, Bratwürste, belegte Salzweck, Mettenden und Käsebrötchen – ehrlich, bodenständig, lecker. „Wir machen das gern“, sagte Vereinschef Peter Kalbrunner. Ein Dutzend Helfer war im Einsatz – Pausen? Fehlanzeige. Auch hier: Am Ende alles ausverkauft.
Natürlich ließ sich auch die lokale Prominenz das Ganze nicht entgehen. Bürgermeisterin Claudia Felden war samt Familie vor Ort, ebenso die Altstadträte Hans Appel und Wolfgang Stern sowie zahlreiche Gemeinderäte. Und sogar aus Heidelberg zog es Gäste in den schönsten Weinberg Leimens – darunter der ehemalige Sternekoch Martin Scharff vom Heidelberger Schloss.
So gesehen: Die Weinkerwe fiel ins Wasser – aber die Weinseeligkeit? Die blühte am 3. Oktober am Adam-Müller-Weinberg in voller Pracht. Leimen kann feiern. Und wie!
* Klar, der Duden sagt „weinselig“. Aber „weinseeelig“ hört sich halt g’miatlicher an, fast wie ein nachklingender Schluck im Glas und damit passend zum gelungenen Fest!
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