Die Ansprache von OB Ernst auf dem Neujahrsempfang der Stadt Leimen

Inzwischen liegt uns der Wortlaut der Rede von Oberbürgermeister Wolfgang Ernst auf dem Neujahrsempfang der Stadt Leimen vor, die wir hier wiedergeben:


6631 - Neujahrsempfang Stadt Leimen - 4

Oberbürgermeister Wolfgang Ernst

Neujahrsempfang der Stadt Leimen am 31. Januar 2016 um 11.00 Uhr in der Schlossberghalle Gauangelloch, Begrüßung durch Oberbürgermeister Wolfgang Ernst.

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Gäste, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Gauangellocherinnen und Gauangellocher, zu unserem Neujahrsempfang 2016 heiße ich Sie hier in der Schlossberghalle Gauangelloch herzlich willkommen. Wir sind heute mit unserem Leimener Neujahrsempfang hier, weil unser schönes Gauangelloch in diesem Jahr seine erstmalige urkundliche Erwähnung vor 1.000 Jahren erlebt und wir dieses Ereignis mit einer Vielzahl von Veranstaltungen begehen, von denen der heutige Neujahrsempfang der Auftakt ist. Besonders begrüßen darf ich in diesem Jahr unseren Landrat Stefan Dallinger.

Sehr geehrter Herr Landrat, es ist uns eine große Ehre, dass Sie heute auf unserem Neujahrsempfang zu uns sprechen werden, ich bin sicher, wir werden einen äußerst interessanten Vortrag hören. Ich danke Ihnen sehr.

Ich begrüße den Bundestagsabgeordneten Prof. Castellucci, den Abgeordneten im Landtag Baden-Württemberg Dr. Schmidt-Eisenlohr, den Bürgermeister unserer Nachbargemeinde Bammental Holger Carl, bei dem in diesem Jahr ebenfalls ein 1.000jähriges Jubiläum begangen werden kann, unseren Gauangellocher Kerwebürgermeister Roland Keilbach, dem ich für sein großes Engagement für unser Jubiläumsjahr herzlich danke, stellvertretend für alle anderen engagierten Helferinnen und Helfer.

Eingeladen haben wir wie in den vergangenen Jahren alle Spenderinnen und Spender, die im zurückliegenden Jahr für einen guten Zweck gespendet haben, insbesondere die Damen und Herren, die unserem Aufruf gefolgt sind, für den Weihnachts- und Sozialfonds unserer Stadt zu spenden. Erneut ist Dank Ihnen, meine Damen und Herren, eine stattliche Summe zusammen gekommen, über 30.000 €.
Sie wissen, wir verwenden dieses Geld, um bedürftigen Menschen in unserer Stadt zu helfen, wenn andere Hilfe nicht greift oder nicht möglich ist. Im Namen Aller, die diese Unterstützung oft sehr dringend brauchen, danke ich Ihnen von ganzem Herzen für Ihre gelebte Solidarität gegenüber Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern.

Wir führen unsere Spendenaktion zu Weihnachten seit nun 15 Jahren durch und in diesen Jahren ist insgesamt die großartige Spendensumme von 327.000 € zusammen gekommen, mit der wir unendlich viel Gutes für bedürftige Menschen in unserer Stadt tun konnten und können. Wie Sie sicherlich wissen, bewerbe ich mich nicht noch einmal für das Amt des Oberbürgermeisters von Leimen und so ist dieser Rückblick auf die Spendenaktionen, die ich nach meinem Amtsantritt von 15 Jahren initiiert habe, eine der schönsten und bewegendsten Erinnerungen dieser langen Zeit. Dafür bin ich sehr dankbar.

Es ist gute Tradition, meine Damen und Herren, bei einem Neujahrsempfang einen Rückblick zu halten, der in diesem Gauangellocher Jubiläumsjahr sogar 1.000 Jahre umfassen könnte. Sie werden sicher nicht allzu enttäuscht sein, wenn wir diesen Zeitraum von 1016 bis heute nicht vollständig Revue passieren lassen, das würde sicherlich zu lange dauern. Versuchen wir aber einmal, uns zumindest kurz und für einige Momente auf diese Zeitreise zu begeben: Gauangelloch seit dem Jahre 1016 !

Auch wenn wir sicher sein können, dass bereits zur Zeit der Römer Menschen in Gauangelloch und Umgebung lebten – ich verweise auf den Weg am östlichen Rand der Gauangellocher Gemarkung, der nicht umsonst heute „Römerweg“ heißt – so war eben die erste urkundliche Erwähnung in einer auf 1016 datierten Urkunde. Wir haben Kopien dieser Urkunde für Sie heute hier ausgelegt.

Im damaligen Heiligen Römischen Reich herrscht 1016 König Heinrich II., der letzte aus der Dynastie der Ottonen. Unser Gauangelloch, damals wohl nur einige wenige Häuser oder Hütten und Ställe, vielleicht ein kleiner Weiler, mit wenigen Dutzend Menschen, dürfte sich in dieser Zeit in nichts von unzähligen anderen Dörfern unterschieden haben. Das Leben der Menschen war hart, die Lebenserwartung betrug im allgemeinen nur 40 bis 50 Jahre und den Naturgewalten war man hilflos ausgeliefert. Wenn eine Ernte schlecht ausfiel, mussten die Menschen mit dem Hungertod rechnen.

Auch in den folgenden Jahrhunderten hat sich an ihren Lebensbedingungen sicher kaum etwas geändert. Die Menschen waren froh, wenn sie überlebten. Im Mittelalter siedelten sich die Ritter von Angelach bzw. Angelloch an und erbauten eine Burg als Herrschaftssitz; um 1450 ging die Lehensherrschaft an die Freiherrn von Bettendorff über. Diese Familie hat Gauangelloch in den folgenden Jahrhunderten bis in die Neuzeit beeinflusst, ich erinnere an die Reste ihrer früheren Wasserburg am südlichen Ortsausgang, die heutige „Bettendorf’sche Galerie im Schloß“. Ich freue mich, heute Herrn von Bettendorf bei uns begrüßen zu dürfen, dessen Familie so lange Jahrhunderte das Leben in Gauangelloch mit geprägt hat. Die erste Einwohnerzahl, von der wir heute wissen, stammt aus einer Zählung des Jahres 1577, da hatte Gauangelloch 145 Einwohner.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde Gauangelloch wie die gesamte Kurpfalz zerstört, die Einwohner flohen oder wurden getötet, für 1651 sind nur noch zehn Gauangellocher notiert. Danach riefen die Kurfürsten Einwanderer, damit sie ihr Land wieder aufbauen konnten – die erste große Einwanderungsbewegung in unsere Region. Wir sollten dies nicht vergessen. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zählte Gauangelloch etwa 500 Einwohner, im Jahre 1937 wurde das benachbarte Ochsenbach nach Gauangelloch eingemeindet mit dann zusammen ca. 600 Einwohnern. In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg fanden zum zweiten Mal nach dem 17 Jahrhundert viele Menschen in Gauangelloch und Ochsenbach eine neue Heimat, über 400 Flüchtlinge und Vertriebene. Das Bauerndorf wandelte sich spätestens seit den 1970er Jahren zur Pendlergemeinde. Seit dem 1973 erfolgten

Zusammenschluss mit Leimen haben sich Gauangelloch und Ochsenbach zu attraktiven Wohngemeinden entwickelt mit heute etwa 2.500 Einwohnern.
Auf unserem Festumzug, der zu unserem Feierwochenende am 4. und 5. Juni geplant wird, werden Sie sich von verschiedenen Gruppen in historische Zeiten zurückversetzen lassen können. Sie sind bereits jetzt herzlich zu diesem Fest eingeladen!

Blickt man für die gesamte Stadt Leimen auf 2015 zurück, so bleibt besonders der Umzug der Stadtverwaltung in unser Neues Rathaus in Erinnerung, den wir vor einigen Tagen abgeschlossen haben. Dass eine Stadtverwaltung ein neues Domizil bezieht, ist etwas Außergewöhnliches und ich bin allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr dankbar, mit wie viel Elan und Tatkraft sie diesen Umzug bewältigt haben. Das Neue Rathaus ist ein besonders bedeutsames Projekt, denn nun endlich ist die Stadtverwaltung Leimen in einem eigenen Gebäude untergebracht und nicht mehr in angemieteten Räumen. Und angesichts unserer bekannt knappen Finanzen ist dies ein gutes Geschäft, denn wir sparen uns zukünftig die Miete und einen erheblichen Teil bei den Nebenkosten. Überhaupt dürfen wir betonen, dass es uns 2015 wie in den zurückliegenden Jahren durchaus gelungen ist, innerhalb unseres engen Finanzrahmens alle zwingenden Anforderungen zu erfüllen .

Meine Damen und Herren, glaubt man einer aktuellen Umfrage, so beurteilen die meisten Deutschen ihre persönliche Situation positiv, auch wenn sie zunehmend befürchten, dass die Welt, ihre Welt, in vielen Bereichen unsicherer geworden ist.

Bei uns suchen viele Menschen Schutz und Hilfe, die tatsächlich erfahren mussten, in einem unsicheren Land leben zu müssen. Sie wissen, was es bedeutet, wenn man Krieg, Not, Hunger, gnadenloser Verfolgung ausgesetzt ist. In Leimen haben bisher rund 500 Menschen Zuflucht gefunden, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Weitere werden dazu kommen, wie Sie in den letzten Tagen aus den Medien erfahren haben.
Der Rhein-Neckar-Kreis bekommt jeden Monat über Tausend dieser Menschen zugeteilt und muss sie in den Städten und Gemeinden unterbringen – das ist eine gewaltige Aufgabe, der sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres heutigen Redners Landrat Stefan Dallinger stellen müssen. Das gelingt nur, weil in den Gemeinden viele Ehrenamtliche unermüdlich helfen und Unterstützung leisten. Bei uns sind dies besonders die Helferinnen und Helfer der Flüchtlingshilfe Leimen, stellvertretend darf ich hier Frau Weigel-Riemann und Herrn Riemann nennen, denen ich heute – sie sind unserer Einladung gefolgt – aufrichtig Danke sagen möchte. Auch unser Rotes Kreuz verdient einen besonderen Dank für die unermüdliche Hilfe für die Flüchtlinge in Leimen, hier danke ich für alle Helferinnen und Helfer dem Vorsitzenden Matthias Frick.

Angesichts dieser wunderbaren Hilfsbereitschaft vieler Menschen in Leimen stimmt es mich wiederum traurig und ich bin entsetzt, wenn ich von ausländerfeindlichen Parolen, Hetzereien und rassistischen Verleumdungen erfahren muss. Dies geschieht nicht nur anonym in Hetzwerken des Internet, sondern auch ganz in unserer Nähe. Es ist traurig, dass wir nun solche Sprüche vom rechten Rand auch von einem Mitglied unseres Gemeinderats lesen mussten.

Wie Sie wissen, bewerbe ich mich nicht für eine weitere Amtszeit als Oberbürgermeister. Aber es ist mir ein großes Anliegen Sie zu bitten, am 13. März von Ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und bei der Landtags- und OB-Wahl Ihre Stimme abzugeben.

Nun darf ich unserem Musikverein danken, dessen Musiker unseren Neujahrsempfang musikalisch umrahmen. Sie bringen uns jetzt ein weiteres kleines Musikstück dar, bevor anschließend unser Landrat zu uns sprechen wird. Anschließend bleiben wir bestimmt noch ein bisschen zusammen.
Ich wünsche Ihnen, uns allen, noch ein glückliches Neues Jahr (ich denke, am 31. Januar darf man das noch für die restlichen 11 Monate dieses Jahres) und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


 

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