Eintritt frei beim Leimener Satiregipfel: Montäglicher Tankstau live und in Farbe
Nein – dieser Beitrag ist nicht wirklich ernst gemeint. Gesellschaftskritische Untertöne zwischen den Zeilen sind reine Leser-Interpretation und vom Verfasser nicht (unbedingt) beabsichtigt – jede Ähnlichkeit mit lebenden oder tankenden Personen ist unbeabsichtigt und die Fotos sind alle nur gestellt. Worum handelt es sich also: Wir wollen uns dem Thema Mindestlohn widmen. Den Mindestlohn, der viele Bürger&Innen unverzüglich dazu anregt, sich mit dem eigenen Auto (freiwillig!?) in einen Stau zu begeben und dort so circa 15-20 Minuten auf das beglückende Ereignis des Tankens oder Sparens zu warten.
Dieses lemmingische Ereignis kann fast jeden Montag an der zentralen Tankstelle in Leimen beobachtet werden, wenn ein bekannter Ölkonzern aus Großbritannien aus unerfindlichen Gründen (Vermutung: längerer Frieden in Nahost am letzten Wochenende, Spotmärkte in Amsterdam waren geschlossen, Sekretärin nicht da) beschließt den Benzinpreis um ca. 10 Cent pro Liter zu senken und damit die normalerweise ab Wochenmitte schrecklich dräuende Ölkrise (Vermutete Gründe: „internationale Märkte“, Sekretärin anwesend, Spotmärkte arbeiten, ….) kurzfristig für beendet zu erklären.
Dieses scheinbar überall beliebte Ritual veranlaßt derart viele Tankbeseelte zum sofortigen Anfahren der Tankstelle, daß es zu chaotischen Verkehrsverhältnissen kommt. Der Verkehr staut sich bis auf die Straße, nein – bis zur nächsten Kreuzung zurück. Die Autos drängeln (genau genommen deren Fahrer&Innen) und kämpfen um die besten Plätze! Das spart wertvolle Sekunden. Dennoch sind mindestens an jeder Tanksäule zwei Autos vor einem dran. Und die (gemessene!) Wartezeit beträgt die besagten 15 Minuten im Schnitt. Selbst eilig und freiwillig tätig werden Lotsen, die den kürzesten und schnellsten Weg zum ersehnten Sprit weisen, vermögen das Chaos nicht zu bändigen. Das beglückende Ereignis – 10 Cent billiger als Freitags! – nimmt Lourde-ähnliche Züge an. Wer vollgetankt wegfährt, hat diesen seeligen Gesichtsausdruck und fühlt sich als Sieger über die internationen Ölkonzerne, denen er/sie gerade ein Schnippchen geschlagen hat!
50 Liter x 10 Cent gespart! Und das nur, weil man clever genug war, zur rechten Zeit zu tanken und nicht auf die unsägliche Preistreiberei der Konzerne reinzufallen. Das ist doch was!
(Ab 13:55 begann die wöchentliche Ölkrise übrigens erneut! + 5 Cent/Liter binnen Sekunden! Das Radio medete zwar keinen akuten internationalen Vorfall aber wir vermuten als Grund: „internationale Märkte“, Sekretärin anwesend, Spotmärkte arbeiten, ….“).
Doch wir wollten ja nicht über die armen Konzerne herziehen, sondern über den selbstdefinierten Mindestlohn reden. Also: in 15 Minuten 5,- Euro sparen. Macht circa 20,- € pro Stunde. Für diesen Stundenlohn sind die Fahrer&Innen bereit, sehr kurzfristig „einzuspringen“. Und nein – es waren nicht nur uralte Rostlauben und Kleinwagen „am Start“. Auch dicke Luxuskarossen mit „Cheffe“ selbst am Steuer, nahmen an der Tankrallye teil (einen Angestellten zum Tanken zu schicken hätte sich nicht gelohnt, vermuten wir).
Da Chefs rechnen können (sollten), kann der Spargrund auf keinen Fall entscheidend sein und unsere Mindestlohn-Vermutungen muß der Höhe nach vollkommen falsch sein (die üblichen Stundensätze der Tankbegeisterten Chefs liegen nämlich sehr, sehr deutlich höher). Daher bleibt nur ein logisches Résumé: Billigtanken macht einfach Spaß! Es handelt sich um wertvolle und sinnvoll genutzte Freizeit. Es ist das reinste Vergnügen. Volkssport eben!
Und nachdem wir das jetzt endlich verstehen, danken wir den Ölkonzernen (Plural, denn Esso war eine Stunde später zum gleichen Preis auf der Billigsprit-Vergnügunsschiene), die uns uneigennützig dieses Vergnügen schenken! Jeden Montag Vormittag verzichten sie auf die ihnen bösartigerweise unterstellte Gewinnmaximierung und gewährend uns dies Schauspiel ohne Eintritt. TOLL.
Die beste Aussicht hat man übrigens vom Kurpfalz-Centrum aus. Noch. In anderen europäischen Ländern dürfen die Ölkonzerne schon nicht mehr einfach so mehrfach am Tag die Preise ändern. Dort geht man scheinbar davon aus, daß sie ihre Marktmacht mißbrauchen. Aber wer hat schon den alpenländischen, südlichen Nachbarn unterstellt, diesen tiefgründigen britischen Humor zu verstehen? Wir freuen uns jedenfalls, wenn wir mal billiger tanken können. Als wir um 13:55:20 nach längererer (sic!) Wartezeit endlich den Rüssel einführen durften, änderte sich flugs der Preis … Wir kommen dann halt nächsten Montag wieder… 😉 Außerdem ist uns der Spritpreis vollkommen egal …
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