Frag‘ Anwalt Woesch: Hoverboard – Spielzeug oder Fahrzeug?
(fwu – 1.9.16) Bekanntlich sagt ein beliebtes Bonmot, dass in Deutschland alles, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, grundsätzlich verboten ist, während in Frankreich oder Italien alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, grundsätzlich erlaubt ist. Vor diesem Hintergrund haben wir Rechtsanwald Rudolf Woesch um eine Bewertung der Rechtssituation bezüglich der Fahrzeuggattung Hoverboard gebeten, die wir nachfolgend wiedergeben.
Von Rechtsanwalt Rudolf Woesch, Leimen.
Ein neues Fortbewegungsmittel mit dem futuristischen Bezeichnung Hoverboard , seit kurzem auf dem „Markt“ und stark im Kommen, gibt Anlass sich mit den Rechtsfragen dieses Fortbewegungsmittel betreffend zu befassen.
1. Hintergrund:
Es geht um selbststabilisierende elektrische zweirädrige Fahrzeuge, auch als Hoverboard oder „Hyper-Board“ bezeichnet. Diese Fahrzeuge bestehen aus einer Trittfläche und zwei seitlich neben den Füßen angebrachten Rädern und werden über eine Batterie elektrisch angetrieben. Die Steuerung erfolgt durch Gewichtsverlagerung des „Fahrers“. Das Fahrzeug ist mit seiner integrierten elektronischen Balance-, Antriebs-, Lenk- und Verzögerungstechnik mit einem Segway (dessen Nachfolger dieses Gefährt ist) vergleichbar.
In zwei gravierenden Punkten unterscheiden sich die Hoverboard und das Segway jedoch:
- Ein Segway verfügt über eine Haltestange ein Hoverboard dagegen nicht.
- Der rechtliche Rahmen für den „Segway“ ist mit der Mobilitätshilfeverordnung ausdrücklich gesetzlich festgelegt worden. Gesetzliche Regelungen das Hoverboard betreffend gibt es (noch?) nicht
Eine solche Sonderregelung fehlt für diese neuen „Boards“, so dass ausschließlich die allgemeinen verkehrsrechtlichen Bestimmungen zur Anwendungen gelangen:
1. Zulassungsvorschriften
Um auf öffentlichen Straßen (Fahrbahn, Gehweg, Radweg, Parkplatz) gefahren werden zu dürfen, müssen Kraftfahrzeuge den Vorschriften der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) wie auch der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) entsprechen, sofern ihre bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit mehr als 6 km/h beträgt; diese Geschwindigkeitsgrenze wird bei den im Handel angebotenen Hoverboard deutlich überschritten.
Konstruktionsbedingt ist es bei den „Hoverboard“ ausgeschlossen, die Zulassungsvorschriften der FZV und der StVZO über Sitz, Lenkung, Bremsen, Beleuchtung, Spiegel etc. zu erfüllen. Daher dürfen Hoverboard nicht im öffentlichen Straßenraum, sondern nur im abgegrenzten öffentlichen Verkehr bewegt werden. Wer sie daher im öffentlichen Verkehrsraum nutzt begeht eine Ordnungswidrigkeit, die nach Nummer 175 Bußgeldkatalogverordnung mit einer Geldbuße von 70,00 Euro geahndet und mit einem Punkt bewertet wird.
2. Versicherungspflicht
Da die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit der Hoverboard über 6 km/h beträgt, unterliegen diese nach dem Pflichtversicherungsgesetz der Versicherungspflicht. Eine solche Versicherung wird für Gefährte dieser Art aber nicht angeboten. Wer also ein Hoverboard im öffentlichen Verkehr führt, begeht also zusätzlich eine Straftat nach § 6 Pflichtversicherungsgesetz.
3. Fahrerlaubnis
Da das Hoverboard maschinell angetrieben wird, ist es rechtlich ein Kraftfahrzeug. Wer ein solches im öffentlichen Straßenraum bewegen möchte, braucht eine Fahrerlaubnis; da eine der gesetzlich abschließenden geregelten Ausnahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fahrerlaubnisverordnung nicht eingreift. Die Klassen AM, A1, A2, A stellen darauf ab, dass es ich um ein mindestens zweirädriges Kraftrad handeln muss. Nach dem Wortlaut könnte das Hoverboard unter diese Definition fallen. Fasst man das Fahrzeug allerdings nicht unter den Begriff des Kraftrades, ist für den Betrieb eine Fahrerlaubnis der Klasse B erforderlich. Abschließend rechtlich geklärt ist dies allerdings noch nicht, Urteile gibt es (noch) nicht. Wer ohne die erforderliche Fahrerlaubnis fährt (fraglich ist nur welche??), begeht eine Straftat nach § 21 StVG (Straßenverkehrsgesetz).
4. Haftungsrecht
Aufgrund der gesetzlichen Versicherungspflicht sind die elektrisch angetriebenen Hoverboard Fahrzeuge nicht ohne weiteres von einer privaten Haftpflichtversicherung erfasst. Wer beim Betrieb einen Sach- oder Personenschaden verschuldet, hat diesen ohne Freistellung durch eine Versicherung also selbst zu erstatten.
5. Fazit
Zusammenfassend lässt sich betreffend das Hoverboard folgendes feststellen:
Es darf nicht im öffentlichen Straßenraum, sondern nur im abgegrenzten nicht öffentlichen Verkehr bewegt werden, eine Versicherung ähnlich einer Kfz-Haftpflichtversicherung gibt es nicht. Die Nutzung des Fahrzeuges im öffentlichen Verkehr ist daher zusätzlich ene Straftat nach § 6 Pflichtversicherungsgesetz. Man braucht eine Fahrerlaubnis, vermutlich Klasse B (noch nicht abschließend geklärt). Eine private Haftpflichtversicherung greift für mit dem Fahrzeug verursachte Schäden nicht!
Quelle: ADAC Jur. Abteilung
Rudolf Woesch, Rechtsanwalt, Rohrbacher Str.6 (Georgimarktplatz), 69181 Leimen, Tel.: 06224/97370 Fax: 06224/973751
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