Haushaltsrede Leimen 2017: Dr. Peter Sandner für die SPD
Der Haushaltsplan für das Jahr 2017 soll heute vom Gemeinderat verabschiedet werden. Zunächst gilt der Dank unserer Fraktion allen, die an der Aufstellung des Entwurfs beteiligt waren. Den Mitarbeiter der einzelnen Ämter, welche die Anforderungen aus ihrem Zuständigkeitsbereich lieferten, den Mitarbeiter der Kämmerei, die diese Anforderungen im vorliegenden Entwurf zusammenfassten, und natürlich Ihnen, Frau Felden als Finanzdezernentin und Ihnen Herr Reinwald als OB, die Sie beide den vorgelegten Entwurf in den verwaltungsinternen Abklärungen und in den Beratungen im Gemeinderat prägten.
Neben dem Dank steht auch unser Lob für die Verwaltung, dass in diesem Jahr wieder – wie schon seit längerem – der Haushaltsplan noch im November verabschiedet wird und somit nach der Genehmigung des Haushalts durch das Regierungspräsidium keine – oder nur eine sehr kurze – haushaltslose Zeit eintritt.
Wie gewohnt wurde der Entwurf in mehreren Durchgängen im Verwaltungsausschuss und vom gesamten Gemeinderat nichtöffentlich vorberaten und viele Etatpositionen waren schon zuvor in der Haushaltsstrukturkommission diskutiert, abgespeckt oder gestrichen worden. Alle Fraktionen konnten bei diesen Sitzungen ihre Vorstellungen einbringen, weshalb wir auf weitere Anträge heute Abend verzichten. Die frühzeitige Aufstellung des Haushalts barg in diesem Jahr auch eine große Unsicherheit, da der Haushaltserlass des Landes erst nach der letzten Beratung im Verwaltungsausschuss einging und den Haushaltsentwurf nochmals kräftig veränderte.
Kommen wir zu den Zahlen des Haushalts, in dem insgesamt 71,4 Mio. € veranschlagt sind.
Betrachten wir zunächst den Verwaltungshaushalt, der auf 57,9 Mio. € ansteigt.
Gründe für diesen Anstieg des Verwaltungshaushalts sind einmal die Steigerungen der Personalkosten, die sich um 1 Mio. € (von 13,6 auf 14,6 Mio. €) erhöhen. Hierzu tragen die erwarteten Tariferhöhungen bei, dann aber auch die notwendigen Personalerhöhungen in der Kinderbetreuung. Insgesamt gehen wir davon aus, dass diese Summe wie in den Vorjahren so kalkuliert wurde, dass ein gewisses Polster eingebaut wurde und daher die Planzahl durch sparsamen Haushaltsvollzug nicht voll ausgeschöpft wird. Eine Möglichkeit zur Reduzierung der Personalkosten durch Reduzierung der Stellen sehen wir gegenwärtig nicht, allerdings sind wir gespannt auf das Ergebnis des Organisationsgutachten, wofür wir immerhin in zwei Haushaltsjahren 80 T € ausgeben. Nach unserer Erwartung werden sich die Auswirkungen des Gutachtens nur langfristig in den Zahlen des Haushaltsplans niederschlagen, aber wir erwarten Verbesserungen eine größere Effizienz in Verwaltungsabläufen und auch eine Verbesserung in der „Kunden-Orientierung“, also im Service-Angebot und in Service-Qualität für die Bürger.
Der sächliche Verwaltungs- und Betriebsaufwand steigt um 250 T€. Dieser Anstieg ist moderat, weil die Haushaltsstrukturkommission und Verwaltung schon seit längerem akribisch allen Möglichkeiten nachgegangen sind, um selbst kleinste Einsparungen zu erzielen. Dies schlägt sich nach der Reduzierung von laufenden Kosten in den vergangenen Jahren jetzt auch in den Zahlen für Bewirtschaftung und Unterhalt im vorliegenden Haushaltsplan nieder. Bei der Unterhaltung sind wir nach unserer Auffassung am unteren Limit dessen, was benötigt wird, um das Vermögen der Stadt noch angemessen zu erhalten Es stellt sich uns die Frage, ob wir nicht bereits in einer Phase angelangt sind, in der wir durch unsere Sparpolitik zwar gegenwärtig Kosten einsparen aber längerfristig weitaus höhere Kosten verursachen. Als Beispiele verweise ich auf die Schulgebäude, die jetzt aufwendig saniert werden.
Bei den freiwilligen Leistungen wurden die meisten Sparvorschläge von allen Fraktionen getragen. Über einige weitergehende Sparvorschläge wurden im Verwaltungsausschuss heftig diskutiert, daher einige kurze Worte dazu.
Uneinigkeit herrschte über soziale Angebote, z.B. über die Fortführung der Schuldnerberatung oder die Ausweitung der Schulsozialarbeit. Obwohl dies freiwillige Leistungen sind, die de jure gestrichen werden könnten, sind wir der Überzeugung, dass wir gerade unserer Verpflichtung jungen Menschen gegenüber nachkommen müssen genau wie der Verpflichtung gegenüber denjenigen, die finanziell ins Abseits geraten sind.
Uneinigkeit herrschte bei den Kosten für Märkte und Feste. Hier wurde z.B. die Notwendigkeit des Feuerwerks und der Weinprobe bei der Weinkerwe angezweifelt. Wir sind der Auffassung, dass wir bei unserer letzten Sparrunde die Sparauflagen zu weit getrieben haben und hier etwas mehr Geld in die Hand nehmen sollten, um Kerwen und Frühlingsfeste nicht nur zu erhalten, sondern mit neuem Leben zu füllen. Auch die Beteiligung der Vereine muss reaktiviert werden, ansonsten können wir die Feste ganz aufgeben. Diesen Kontext will unsere Fraktion beim Vereinszuschussprogramm miteinbeziehen, das wir im nächsten Jahr neu auflegen müssen.
Bei den Steuereinnahmen ist die Grundsteuer B die am besten zu prognostizierende Steuereinnahme, die Steigerung durch die erhöhte Bautätigkeit der letzten Jahre erfreulich. Die Gewerbesteuer ist konservativ veranschlagt, hier ist zu hoffen, dass 2017 die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin positiv verläuft. Bei beiden Hebesätzen befinden wir uns im oberen Bereich vergleichbarer Gemeinden. Über weitere Steigerung der Hebesätze bei Grund- und Gewerbesteuer höhere Einnahmen zu erzielen ist fraglich. Vordringlicher ist die Ansiedlung neuer, vor allem zukunftsorientierter Betriebe und – mit Abstrichen, was die finanziellen Auswirkungen anbelangt – auch die Gewinnung neuer Einwohner. Daher sollten wir hier die richtigen Signale senden. Vordringliches Ziel unser Kommunalpolitik muss sein, Leimen für neue Einwohner und vor allem neue Gewerbe-, Dienstleistungs- und Industriebetriebe attraktiv zu machen.
Bei den Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen beharrt das Land auf seinem Vorhaben, vorab aus den vom Bund für die Kommunen zur Verfügung gestellten Mitteln einen Betrag von 600 Mio. € zur Sanierung des Landeshaushalts zu entnehmen. Wir teilen die Meinung des Gemeindetags, der sich ob der sturen Haltung der Landesregierung schwer enttäuscht zeigte.
Dennoch scheinen die Steuerprognosen insgesamt derart günstig zu sein, dass wir aus den Schlüsselzuweisungen und der Investitionspauschale des Landes 1,4 Mio. € mehr erhalten als ursprünglich geschätzt. Beim Einkommensteueranteil haben wir gegenüber unserer Schätzung allerdings nach dem Haushaltserlass 220 T € weniger zu erwarten. Dennoch saldiert sich beides zu einem kräftigen Plus. Beim Einkommenssteueranteil leiden wir unter dem Ergebnis des Zensus, das uns fast 2 Mio. € kostet. Es wäre uns allen zu wünschen, dass unsere Klage gegen das Zensusergebnis Erfolg hat.
Erfreulich zudem, dass die Kreisumlage nicht nur um ½ Prozentpunkt sondern jetzt um 1 Prozentpunkt unter der ursprünglich vom Kreis vorgesehenen Höhe bleibt, wodurch von der Stadt 330 T € weniger an den Kreis zu zahlen sind als ursprünglich befürchtet.
Somit stehen im Verwaltungshaushalt den Einnahmen von 57,9 Mio. € nur 56,9 Mio. € an „echten“ Ausgaben gegenüber, sodass der Verwaltungshaushalt einen Überschuss von knapp über 1 Mio. € erwirtschaftet, der dem Vermögenhaushalt zugeführt werden kann. Gegenüber dem ersten Entwurf von Ende September eine sehr erfreuliche Entwicklung, dort war noch eine umgekehrte Zuführung von 600 T € als notwendig erachtet worden.
Wenden wir uns nun dem Vermögenshaushalt zu, der 13,5 Mio. €. umfasst.
Obwohl wie jetzt eine richtige Zuführung haben, müssen wir Kredite in Höhe von 4,5 Mio. € aufnehmen und der Rücklage 1,5 Mio. € entnehmen, um unserer Vermögenshaushalt zu finanzieren. Dass dieser keinesfalls aufgebläht ist, sondern durch einen Sparkurs geprägt wird, zeigt eine Auflistung der Bauvorhaben, die verschoben oder gestrichen wurden.
Schon in den ersten Verwaltungsentwurf nicht geschafft haben es der Neubau des Jugendtreffs, die Dachsanierung der Feuerwehr und die Sanierung sanitärer Anlagen in der Realschule. Beim Jugendtreff hat uns der Brand eigentlich in Zugzwang gesetzt, hier wollten wir auch die Gelegenheit nutzen, durch Schaffung eines gemeinsamen Treffs an geeigneter Stelle für beide Ortsteile einen gemeinsamen Jugendtreff zu schaffen. Jetzt müssen wir notgedrungen den Beginn um ein Jahr verschieben. Auch die beiden anderen Vorhaben sind eigentlich notwendig.
Für Baumaßnahmen waren dann im ersten Verwaltungsentwurf 10,7 Mio. € veranschlagt, jetzt sind fast 1 Mio. € weniger enthalten. Grund für diese Senkung ist der zusätzliche Verzicht auf den Baubeginn des Ludwig-Uhland-Kindergartens im nächsten Jahr. Ein weiterer saurer Apfel, in den wir beißen müssen, um den Haushalt genehmigungsfähig hinzubekommen. Wenn man fragt, warum gerade dieser Neubau und nicht andere Vorhaben verschoben wurden, so sollten uns die verbliebenen Maßnahmen anschauen.
Die Sanierungsmaßnahmen, wie die der Georgi-Tiefgarage mit 2 Mio. € und der Kurpfalzhalle mit 0,5 Mio. € können nicht weiter verschoben werden. Bei der ersten Maßnahme sind durch Schäden statische Probleme entstanden und damit unmittelbar Gefahr im Verzug, bei der zweiten Maßnahme müssen die Schäden im Duschbereich des Sanitärtrakts und daraus resultierende Gefahrensituationen beseitigt werden.
Dann haben wir bereits durchgeführte Maßnahmen, bei denen Restzahlungen anfallen, wie beim Neubau des Verwaltungsgebäudes. Dann gibt es bereits begonnene und im nächsten Jahr fortzuführende Maßnahmen wie die Sanierung der Turmschule und der Realschule, der Hirtenwiesenstraße. Und letztendlich existieren Vorhaben, deren Finanzierung bereits vertraglich zugesagt wurde, wie der Investitionszuschuss für den Umbau des St.-Georg-Kindergartens oder die Beteiligung am Breitbandnetz des RN-Kreises. In all diesen Fällen besteht keine Möglichkeit zu verschieben.
Auch bei der Stadtkernsanierung können wir den Betrag etwa 550 T€, der als jährlichen Zuschuss der Stadt seit Jahren bereitgestellt wird, nicht aussetzen, ohne uns unglaubwürdig zu machen.
Die einzigen Baumaßnahmen, bei denen wir dann überhaupt noch eine freie Entscheidung hatten, waren: Entweder die Sanierung eines Teils der GSS durch Abriss und Neubau mit 1,5 Mio. € oder der Neubau Ludwig-Uhland-Kindergarten mit 1 Mio. €. Bei der Abwägung zwischen Schule und Kindergarten haben wir der Sanierungsmaßnahme an der GSS höhere Priorität als dem Neubau des Kindergartens gegeben, nicht zuletzt, um den Eltern schulpflichtiger Kinder in unserer Stadt zumindest eine Grundschule mit einem Ganztagesangebot anbieten zu können.
Ein Wort zum Investitionsplan bis 2021, der Teil der mittelfristigen Finanzplanung ist, und dem darüber hinaus vorgelegten 10-Jahres Plan für Investitionen, Es steht zu erwarten, dass hier immer wieder Verschiebungen notwendig werden, da die finanziellen Rahmenbedingungen wie Steuern und Zuweisungen oder gar die jährlichen frei verfügbaren Mittel schwierig über 5 bzw. 10 Jahre zu prognostizieren sind. Dennoch ist der Verwaltung dafür zu danken, diese Aufstellung vorgelegt zu haben. Die stolze Investitionssumme von 100 Mio.€ in den nächsten 10 Jahre ist Herausforderung und Warnung zugleich.
Ein Wort noch zu den Grundstücksverkäufen. Leider scheidet die Möglichkeit, hieraus höhere Einnahmen zu erzielen, weitgehend aus, da die Stadt nur sehr wenige veräußerbare Grundstücke mehr besitzt. Einzige nennenswerte Ausnahme das Gewerbegebiet Süd. Zwar werden dort wahrscheinlich die erzielbaren Einnahmen durch die Kosten der notwendigen Erschließungsmaßnahmen relativiert werden. Dennoch sollten wir große Anstrengungen unternehmen, diese Flächen im nächsten Jahr zu verkaufen, vor allem um auf diesem Areal die so notwendigen Gewerbebetriebe anzusiedeln.
Welches Resümee können wir ziehen?
Wie schon oft in den vergangenen Jahren stellt sich die finanzielle Situation der Stadt als äußerst schwierig dar: Um überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen, müssen wir trotz einer Zuführungsrate vom Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt eine Entnahme aus den Rücklagen tätigen und auch eine Kreditaufnahme vorsehen.
Allerdings ist die Rücklage schon so aufgezehrt, dass wir nur 1,4 Mio.€ entnehmen können. Wir müssen daher 4,5 Mio.€ Kredite aufnehmen um die geschilderten Baumaßnahmen, die nach unserer Auffassung ein absolutes Minimum darstellen, durchführen zu können. Daher trägt unsere Fraktion die geplante Kreditaufnahme mit. Dass wir die Kredite – wie immer in den letzten Jahren – nur in der Höhe aufnehmen, wie sie nach Baufortschritt wirklich gebraucht werden, muss wohl kaum betont werden. Ein Glück ist, dass das Zinsniveau so niedrig ist, dass uns die Kredite mit keiner überbordenden Zinslast drücken.
Und wie fast immer ist nicht nur nach unserer Auffassung der Haushaltsplan für das nächste Jahr mit der Frage verbunden, ob sich die deutsche Wirtschaft nach den politischen Veränderungen in den USA weiterhin so positiv entwickeln wird und uns beim Risikofaktor Nr. 1 unseres Haushalts, der Gewerbesteuer, die veranschlagten Einnahmen beschert.
Nun sind in der Vergangenheit die tatsächlichen Resultate der Jahresrechnung fast immer positiver ausgefallen als die Ansätze im Haushaltsplan prognostizierten. Auch der Verweis auf die Jahresrechnung 2015, die wir vor kurzem diskutiert und festgestellt haben, wo die Zahlen des Haushaltsplans sehr viel negativer waren als die für 2017, die Ergebnisse dann sich ins Positive gewendet hatten, sollte uns nicht dazu verleiten unseren Sparkurs zu verlassen.
Allerdings kein rigider Sparkurs, der die Stadt in eine Abwärtsspirale treibt, sondern einer mit Augenmaß, der auch positive Signale aussendet. Dieser Balanceakt wurde im vorgelegten Plan nach der Auffassung unserer Fraktion gemeistert, weshalb wir dem Haushaltplan 2017 zustimmen.
Ihre lokale Internetzeitung für Leimen, Nußloch, SandhausenKurz-URL: https://leimenblog.de/?p=86164