Haushaltsrede von Landrat Stefan Dallinger
Rede von Landrat Stefan Dallinger zur Einbringung des Haushalts 2016 in der Sitzung des Kreistags am 20. Oktober 2015 in Hemsbach:
Am 30. September 2015 titelte die Rhein-Neckar-Zeitung „Flüchtlings-Rekord im September“ und berichtete über weiter steigende Zahlen und über geplante Änderungen im Asylrecht, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hatte. Im Inneren der Zeitung wurde über das Registrierungszentrum im Patrick-Henry-Village berichtet sowie die Frage gestellt, ob im Rhein-Neckar-Kreis noch mehr Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht werden müssen.
Wir alle wissen, dieses Thema beschäftigt nicht nur die große Politik, nicht nur Europa, den Bund oder die Länder, nein, es beschäftigt auch – und dies besonders heftig – den Rhein-Neckar-Kreis.
Im Jahr 2015 werden nach den jüngsten Prognosen zwischen 800.000 und 1 Million Flüchtlinge und Asylbewerber nach Deutschland einreisen. Sollte diese Prognose eintreffen, und wer zweifelt noch daran, würde sich die Zahl der Flüchtlinge im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr mehr als vervierfachen. Noch nie kamen damit auch nur annähernd so viele Asylbewerberinnen, Asylbewerber und Flüchtlinge in die Bundesrepublik Deutschland, als dies in diesem Jahr der Fall sein wird.
Heute, bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2016 möchte ich ausschließlich auf die finanzpolitischen Relevanzen, ganz besonders auf die haushaltspolitischen Risiken dieser Entwicklungen für den Rhein-Neckar-Kreis eingehen. Die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur im engen Schulterschluss gemeinsam bewältigen können. Die Herausforderungen für die Kreisverwaltung bei der Aufnahme der anhaltend extrem hohen Zugänge sind enorm und unsere damit befassten Mitarbeiter arbeiten mit außerordentlichem Engagement bis teilweise weit über die Belastungsgrenzen hinaus.
Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle aber auch den vielen in unseren Asylbewerberunterkünften ehrenamtlich tätigen Kreiseinwohnerinnen und Kreiseinwohnern für ihren unermüdlichen Einsatz und ihr Engagement bei der Integration der Flüchtlinge. Diese bisher in dieser Form nicht bekannten Herausforderungen wirken sich erheblich auf den Haushalt des Rhein-Neckar-Kreises aus. Das ordentliche Ergebnis beim Budget des Ordnungsamtes wird 2016 rd. minus 9,6 Mio. € betragen und sich damit gegenüber dem laufenden Jahr mehr als verdoppeln.
Zur Betreuung der Flüchtlinge wird die Kreisverwaltung im kommenden Jahr erneut mehr Personal benötigen, insbesondere um den Betreuungsschlüssel von einem Sozialarbeiter für 120 Flüchtlinge einhalten zu können. In den Fachausschüssen hat die Kreisverwaltung hierüber bereits umfassend berichtet. Alleine 76 zusätzliche Stellen sieht der Haushaltsplanentwurf 2016 für das Ordnungsamt hierfür vor. Weitere Stellen, die aufgrund dieser zusätzlichen Aufgaben notwendig werden, sind im Jugendamt und in den Querschnittsbereichen notwendig; und ich sage Ihnen, damit ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Für den Neubau und die Erweiterung von Unterkünften für Asylbewerber wird der Eigenbetrieb Bau und Vermögen mehr als 8 Mio. € investieren.
Wir brauchen alle diese Ressourcen, um die vor uns liegenden Herausforderungen meistern zu können!
Nach wie vor gehe ich davon aus, dass aufgrund der gegebenen Zusagen des Landes aber am Ende keine zusätzlichen Kosten für Asylbewerberunterbringung beim Kreis hängen bleiben und darauf ist auch unsere Haushaltsplanung 2016 aufgebaut.
Gerade dieser Tage wird von einer Einigung zwischen dem Land und den kommunalen Spitzenverbänden zur vollständigen Übernahme der unterbringungsrelevanten Kosten durch das Land berichtet: Stichwort „Pauschalen als Abschlagszahlung und nachträgliche Spitzabrechnung“.
Aber, soweit waren wir schon einmal. Im Frühjahr gab es schon einmal eine solche grundsätzliche Einigung mit dem Land zur vollständigen Übernahme dieser Kosten und zwar durch eine deutliche Erhöhung der Pauschalen. Nur sah dann der Verordnungsentwurf der Ministerialbürokratie zur Umsetzung dieser Einigung dann etwas ganz anderes vor. Allein dem Rhein-Neckar-Kreis hätten am Ende für das Haushaltsjahre 2014 1 Mio. € in der Kasse gefehlt und fehlen nach wie vor tatsächlich.
Wir sehen also, Einigung und Zusagen sind das Eine, die tatsächliche Umsetzung ist etwas ganz anderes. Aber wir vertrauen auf das Wort unseres Ministerpräsidenten und haben daher im vorliegenden Haushaltsplanentwurf diesen Kostentblock in Einnahmen und Ausgaben neutral gebucht. Aber nur um die Dimension einmal klar zu machen möchte ich darauf hinweisen, dass wir insoweit über ein mögliches Risiko für den Kreishaushalt 2016 in der Größenordnung von rd. 13 Mio. €, das sind knapp 1,5, Punkte Kreisumlage, reden.
Aber selbst wenn diese Zusage des Landes eingehalten wird, wie dies unseren Berechnungen zum Haushaltsplanentwurf zugrunde gelegt wurde, bleiben in diesem Kontext Kosten, die der Landkreis selbst zu tragen hat. So werden im Rahmen der Anschlussunterbringung Transferaufwendungen auf den Landkreis in einer Größenordnung von weit über 4 Mio. € zukommen, die unser Ergebnis im nächsten Jahr negativ beeinflussen werden.
Und nun zum konkreten Haushaltsplanentwurf 2016, zunächst zur allgemeinen Finanzwirtschaft.
Viele von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren Kreisrätinnen und Kreisräte, haben sich vielleicht schon ausgerechnet, um wieviel die Erträge aus dem Kreisumlageaufkommen aufgrund der um mehr als 83 Mio. € gestiegenen Steuerkraftsumme unserer kreisangehörigen Städte und Gemeinden wohl steigen werden. Ich kann es Ihnen sagen: Es werden genau 24,9 Mio. € sein – trotz, um dies vorweg zu sagen, gleichem Hebesatz von 30,0 Punkten, den wir auch im nächsten Jahr unseren Planungen zugrunde gelegt haben. Dennoch wird das ordentliche Ergebnis im nächsten Jahr mit 10,5 Mio. € um knapp 4,4 Mio. € unter dem des laufenden Haushaltsjahres liegen.
Warum ist das so?
Da ist zunächst einmal die Systematik des Finanzausgleichs. Die stark gestiegene Steuerkraftsumme der Städte und Gemeinden des Kreises führt in der Konsequenz – trotz angenommenem höherem Kopfbetrag von 628 € – zu geringeren Schlüsselzuweisungen gegenüber 2015 in einer Größenordnung von rd. 10 Mio. €. Einen weiteren Grund hierfür habe ich Ihnen bereits genannt, der Netto-Ressourcenverbrauch für das Produkt „Hilfe für Flüchtlinge“ wird um rd. 5 Mio. € steigen. Aber auch der Netto-Ressourcenverbrauch im Sozial- und im Jugendamt wird im kommenden Jahr um rd. 12 Mio. € zunehmen.
Durch die schrittweise Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung durch den Bund wird der Kreis in diesem Jahr um 26,6 Mio. Euro entlastet. Außerdem hat der Kreis in den letzten Jahren von der „Netto-Wohngeldentlastung“ in einem höheren Umfang als geplant profitiert.
Auf Grundlage des Koalitionsvertrages wird zur Entlastung der Kommunen im Vorgriff auf das neue Bundesteilhabegesetz jährlich 1 Mrd. € vom Bund ausgeschüttet, die in Baden-Württemberg durch einen höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft und durch einen erhöhten Umsatzsteueranteil an die Gemeinden weitergegeben wird. Dies führt zunächst zu einer insgesamt um 1,6 Mio. € erhöhten Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und ggf. in den Folgejahren zu einer Steigerung des Aufkommens aus der Kreisumlage.
Damit können die eingetretenen Steigerungen des Aufwands im Sozialbereich aber bei weitem nicht abgefangen werden und dies obwohl der Rhein-Neckar-Kreis im Vergleich mit anderen Stadt- und Landkreisen jeweils noch unter dem entsprechenden Landesdurchschnitt liegt. Daraus wird deutlich, dass wir keine außergewöhnlichen Belastungen zu tragen haben.
Die dem Sozialetat zugrunde liegenden Ansätze berücksichtigen sowohl neue Bedarfe, die auf rechtlichen Entwicklungen beruhen, die zu erwartende Fallzahlentwicklung und Tarifsteigerungen.
Auf dem Feld der Sozialpolitik wurden in den vergangenen Jahren viele Reformvorhaben – beispielhaft sei hier nur die Inklusion genannt – auf den Weg gebracht, die ohne jeden Zweifel einen sozialpolitischen Nutzen stiften, aber auch neue Leistungsverpflichtungen zur Folge hatten. Wir müssen uns deshalb darauf einstellen, dass die Aufwendungen im Sozialbereich auch in Zukunft weiter steigen werden.
So wird es z. B. eine der großen Zukunftsfragen sein, wie die wachsende Zahl pflegebedürftiger Menschen künftig versorgt werden kann. Laut Statistischem Landesamt wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 um 43 % steigen. Bisher werden noch zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen ambulant gepflegt. Durch die steigende Zahl sehr alter Menschen und veränderter familiärer Strukturen wird die Zahl der Heimbewohner aber weiter ansteigen. Die zunehmende Verteuerung der Heimpflegesätze wird unweigerlich dazu führen, dass Privatzahler schneller als bisher ihr Vermögen aufbrauchen und bedürftig werden.
Die Eingliederungshilfe mit rd. 75 Mio. Euro ist das bedeutendste Produkt innerhalb des Sozialhaushaltes. Nach ersten Tendenzen der Teilhabeplanung für geistig behinderte Menschen im Rhein-Neckar-Kreis ist bis zum Jahr 2020 mit einem Bedarf von 80 weiteren Wohnheimplätzen zu rechnen. Daraus erwachsen Kostenfolgen von rd. 3 Mio. €.
Das geplante Bundesteilhabegesetz muss die Kreise von den Kosten der Eingliederungshilfe entlasten. Hier stehen zusätzliche 5 Mrd. € des Bundes ab 2018 im Raum. Man kann nur hoffen, dass diese Mittel bei den Leistungsträgern auch ankommen und dass damit keine weiteren Leistungsausweitungen zu finanzieren sind.
Im Rahmen der Inklusion finden die wohnortnahe Versorgung, die Schaffung kleiner Wohnheime, neuer Werkstattplätze sowie der Wunsch nach einem persönlichen Budget und einer stärkeren Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft zwangsläufig ihren Niederschlag im Haushalt 2016.
Der Kreis und die Bundesagentur für Arbeit sind Träger der Gemeinsamen Einrichtung: Jobcenter Rhein-Neckar-Kreis. Obwohl die Zahl der Arbeitslosen in den Jahren guter Konjunktur deutlich zurückgegangen ist, haben sich bei den Langzeitarbeitslosen, die zumeist über multiple Vermittlungshemmnisse verfügen, diese Effekte nicht eingestellt. Im laufenden Jahr wird die Zahl der Bedarfsgemeinschaften voraussichtlich um 400 Personen ansteigen. Laut Jobcenter wird auch in 2016 mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung gerechnet. Der Aufwand für die Kosten der Unterkunft wird nach Abstimmung mit dem Jobcenter in 2016 rd. 58,8 Mio. € betragen. Welche Beträge hier aufgrund der Entwicklung der Flüchtlingszahlen eventuell noch hinzukommen, müssen wir im Rahmen der Haushaltsberatungen noch festlegen.
Im Rahmen der Sozialen Agenda leistet der Kreis mit immerhin 500.000 € auch 2016 einen Beitrag dazu, dass Beschäftigungsmaßnahmen im Landratsamt durchgeführt werden und die Finanzierung sinnvoller Projekte, wie Stromsparhelfer und Passiv-Aktiv-Tausch fortgeführt werden können. Mein besonderes Augenmerk liegt dabei im kommenden Jahr auf den Alleinerziehenden. Im Rahmen des Europäischen Sozialfonds haben wir deshalb ein Projekt initiiert, das sich speziell an diesen Personenkreis wendet.
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz wurde seit seinem Inkrafttreten vor 25 Jahren zwischenzeitlich über 30 Mal novelliert. Die folgenreichsten Neuregelungen waren die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz bzw. einen Platz für frühkindliche Betreuung ab dem 1. Lebensjahr, die Einführung eines Leistungstatbestandes für die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und schließlich die Präzisierung des Schutzauftrages der Jugendhilfe.
All dies hat zu einer Expansion der Aufgaben- und Fallzahlen und damit der Personal- und Aufwandsentwicklungen geführt.
Auch hier darf ich auf einen Artikel in der RNZ in ihrer Ausgabe am 12/13. September verweisen. Dort wird berichtet, dass von den Jugendämtern in Deutschland im Jahr 2014 7,4% mehr Verfahren zur Überprüfung auf Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung durchgeführt wurden, als im Jahr zuvor. Die Zahl der Fälle, in denen dabei eine akute Gefährdung festgestellt wurde stieg sogar um 8,2% und die Fallzahlen, bei denen eine Kindeswohlgefährdung nicht ausgeschlossen werden konnte, erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 4,7%.
Der Bedeutungszuwachs der erzieherischen Hilfen macht deutlich, dass Familien, nicht nur in benachteiligten Haushalten, aus den verschiedensten Gründen immer mehr Unterstützung benötigen.
Ein weiterer Grund für die aufgezeigte Entwicklung ist der rasante Ausbau der Krippenplätze und der Plätze in der Tagespflege. Die Tatsache, dass die geschaffenen Plätze belegt sind und weiter nachgefragt werden, macht deutlich, dass Kreis und Gemeinden die Zeichen der Zeit erkannt haben und auf dem richtigen Weg sind. Dass zur Finanzierung dieser Plätze aber zusätzliche Kosten entstehen, sollte uns daher nicht überraschen. Dies war gesellschaftspolitisch so gewollt.
Sie sehen also, der Rhein-Neckar-Kreis ist bei der Jugendhilfe, wenn man die Fallzahlen zugrunde legt, trotz hoher Ausgabesteigerungen ebenfalls noch unterdurchschnittlich belastet. Aber sowohl aus sozial- als auch aus finanzpolitischer Sicht ist dieser seit Jahren andauernde überproportionale Anstieg der Jugendhilfekosten mit Sorge zu betrachten.
Ich stelle damit fest:
Der Sozialhaushalt 2016 wird den gesetzlichen Anforderungen gerecht und dient unseren Leitsätzen: Behinderte und sozial schwache Menschen in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen und für Kinder und Jugendliche gute strukturelle Bedingungen für die Entwicklung und das Aufwachsen in allen Lebenslagen zu schaffen.
Hierzu gehört auch, und auch dies ist in unseren Leitsätzen verankert, die Stärkung unserer attraktiven und bedarfsgerechten Bildungslandschaft. Für das kommende Jahr sieht der Teilergebnishaushalt Bildung wieder Aufwendungen in einer Größenordnung von rd. 28 Mio. € vor. An Investitionen kommen noch einmal über 9 Mio. € hinzu.
Ich darf dabei nur an den Umbau des Zentrums beruflicher Schulen in Schwetzingen, die Erweiterung der Comeniusschule oder aber den Neubau der Louise-Otto-Peters-Schule in Hockenheim erinnern.
Und dabei wird nicht nur in die Baukosten investiert, sondern es werden auch die Mittel für die Beschaffung von Maschinen und Ausstattungsgegenständen für unsere Schulen zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus sind mehr als 1,2 Mio. € für die Teilnahme an der Initiative des Landes „Lernfabriken Industrie 4.0“ vorgesehen. Das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg beabsichtigt, das Lernen an beruflichen Schulen unter Berücksichtigung der Erfordernisse der „Industrie 4.0“ zu fördern. Unter Industrie 4.0 wird die Verwendung modernster Informations- und Kommunikationstechnik für die Optimierung der Produktfertigung verstanden. Für die Einrichtung von solchen Lernfabriken stellt das Ministerium insgesamt 4,0 Mio. € zur Verfügung. Damit sollen acht Berufliche Schulen im Land mit einmalig 0,5 Mio. € bezuschusst werden Die zusätzlich erforderlichen Mittel sollen vom Schulträger und der örtlichen Wirtschaft aufgebracht werden.
Im Sinne der bereits genannten Zielsetzung, unsere Beruflichen Schulen zukunftsfähig weiter zu entwickeln, halte ich es für unerlässlich, dass sich der Rhein-Neckar-Kreis um die Aufnahme in dieses Förderprogramm bewirbt. Zumal bereits viele interessierte Partner aus der regionalen Wirtschaft gefunden werden konnten. Ich werde Ihnen, meine sehr geehrten Kreisrätinnen und Kreisräte, in der Sitzung des zuständigen Ausschusses noch im Detail über dieses Projekt berichten.
Die Digitale Revolution – nicht nur in der Industrie – erfordert auch die notwendige Infrastruktur. Deshalb investiert der Kreis auch 2016 wiederum 2,0 Mio. € für den Ausbau des kreisweiten Glasfasernetzes mit jeweils zwei Übergabepunkten für alle 54 Städte und Gemeinden. Mit dem Aufbau dieses Netzes hat der Zweckverband High-Speed-Netz Rhein-Neckar in diesem Jahr begonnen. Auch der Netzbetreiber, der die Glasfaser mit Leben erfüllt, wurde nach einer europaweiten Ausschreibung gefunden. Derzeit laufen neben den weiteren Planungen auch konkrete Baumaßnahmen, damit noch in diesem Jahr die ersten Kunden die Vorzüge einer schnellen Internetverbindung genießen können. Aufgrund seiner Potenz als Europas führender Softwarestandort und im gemeinsamen Handeln mit der Metropolregion müssen wir aktiv die digitale Zukunft des Rhein-Neckar-Kreises gestalten.
Zur Infrastruktur des Kreises gehören aber auch der ÖPNV und die Straßen.
Für den Ausbau des ÖPNV sieht der Haushaltsplanentwurf 2016 5,9 Mio. € vor; davon mit über 5 Mio. € den überwiegenden Teil für den Ausbau der 2. Stufe der S-Bahn Rhein-Neckar. Die S-Bahn Rhein-Neckar ist ein gemeinsames, regionales Erfolgsmodell und ich setze mich weiterhin persönlich mit allen Mitteln dafür ein, dass auch diese zweite Stufe zügig und im Rahmen der für die kommunale Seite prognostizierten Kosten umgesetzt wird. Leider sind wir hier in hohem Maße von Stuttgart, Berlin und insbesondere von der Deutschen Bahn abhängig.
Für die Förderung des ÖPNV-Betriebs haben wir auch 2016 eine Quote von 40% der anfallenden Deckungsfehlbeträge veranschlagt. Dennoch steigt der Aufwand hierfür um 0,1 Mio. auf insgesamt 5,0 Mio. €.
In der Vergangenheit wurde viel über die richtige Höhe und über neue Kriterien für die ÖPNV-Förderung diskutiert. Ich glaube, es gibt kaum komplexere Sachverhalte als eine „gerechte“ Finanzierungsaufteilung im ÖPNV. Lassen Sie uns deshalb mit der notwendigen Ruhe, aufbauend auf den Erkenntnissen des neuen Nahverkehrsplans und eines ergänzenden Gutachtens, im kommenden Jahr mit einer breiten Meinungsbildung Vorschläge für eine eventuell notwendig werdende Änderung der Finanzierung des Betriebs des ÖPNV im Rhein-Neckar-Kreis erarbeiten.
Für Betrieb und Unterhaltung von Kreis-, Landes- und Bundesstraßen sind Mittel von rd. 5,4 Mio. € vorgesehen; das sind 1,2 Mio. € mehr als im laufenden Haushaltsjahr. Hier ist beim Direktaufwand für die Kreisstraßen neben dem Sicherheits- und Deckenprogramm, das im Übrigen im nächsten Jahr fortgeschrieben werden muss, der Aufwand für das Radwegeprogramm des Kreises zu nennen.
Für Investitionen in diesem Bereich sind – ebenfalls inclusive den Auszahlungen für das Radwegeprogramm – knapp 4 Mio. € vorgesehen. Mit der Stärkung des Radverkehrs und mit der Förderung des ÖPNV betreibt der Rhein-Neckar-Kreis aktiven Umweltschutz und trägt durch den Bau von Straßen auch zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes bei, wie sich der Kreistag dies in seinen Leitsätzen vorgenommen hat.
Aktiven Umweltschutz betreiben auch unsere AVR-Unternehmen. Die AVR Kommunal zeichnet sich nach wie vor durch ihren hohen Qualitätsstandard und ein großes Maß an Kundenfreundlichkeit bei der Abfallentsorgung aus. Im Frühjahr dieses Jahres hat der Kreistag einstimmig das Abfallwirtschaftskonzept verabschiedet und sich dabei auch für die Beibehaltung der komfortablen Grünen Tonne Plus als Wertstofftonne und der gebührenfreien Bioenergietonne als wichtige Säulen unseres modernen Abfallwirtschaftssystems ausgesprochen. Noch in diesem Jahr werden wir einen dreijährigen Festpreis für die Leistungen der AVR Kommunal vereinbaren und damit weitere drei Jahre für Gebührenstabilität in der Abfallentsorgung des Rhein-Neckar-Kreises sorgen.
Neben der AVR Kommunal steht die AVR UmweltService für die gewerbliche Abfallwirtschaft sowie den Bereich der erneuerbaren Energien, mit denen die klimaschutzpolitischen Ziele des Rhein-Neckar-Kreises unterstützt werden. Schritt für Schritt werden hier auch neue Produkte entwickelt, die den Gedanken der nachhaltigen Energieversorgung für alle Einwohnerinnen und Einwohner des Kreises greifbar machen. Neben die Fernwärme in Sinsheim treten nun auch Angebote z. B. für Strom aus Wasserkraft, Solaranlagen und Wärmecontracting.
Für die ebenfalls in den Leitsätzen geforderte hochwertige medizinische Versorgung stehen im Rhein-Neckar-Kreis die GRN. Dort waren in den letzten Monaten insbesondere zwei Themen von besonderer Relevanz: Zum einen die bevorstehende Krankenhausstrukturreform und mit dem Neubau des Betreuungszentrums in Weinheim die wohl größte Hochbaumaßnahme der letzten Jahrzehnte.
Nach dem im Dezember 2014 veröffentlichten Eckpunktepapier sind weitere Einschnitte bei der Krankenhausfinanzierung zu befürchten. Auch zeichnet sich ab, dass die zusätzlich bereitgestellten Mittel den Universitätskliniken und den Krankenhäusern der Maximalversorgung zufließen werden.
Von Seiten des Rhein-Neckar-Kreises wurde schon frühzeitig auf diese Risiken hingewiesen. Gemeinsam mit Vertretern des Kreistags, zuletzt in Gesprächen am 20. August mit der Parlamentarischen Staatssekretärin Frau Widmann-Mauz und am 12. September mit der Sozialministerin des Landes, Frau Altpeter, haben wir uns um Nachbesserungen beim Krankenhausstrukturgesetzt bemüht.
Zwar hat die Bund- Länder-Arbeitsgemeinschaft sich zwischenzeitlich auf weitreichende Verbesserungen des Regierungsentwurfs geeinigt, aber da das Gesetz erst im November beschlossen werden soll, bestehen aktuell noch erhebliche Unsicherheiten bezüglich der künftigen Budgetsituation unserer Kliniken. Der Haushaltsplanentwurf des Kreises sieht jedenfalls für einen eventuell notwendig werdenden Verlustausgleich bei der GRN gGmbH für das Jahr 2015 einen Betrag von 3,2 Mio. € im kommenden Jahr vor.
An Investitionszuschüssen sind für diesen Bereich 9,7 Mio. € vorgesehen und damit 1,1 Mio. € mehr als im laufenden Jahr. Alleine 8,0 Mio. € hiervon entfallen auf den bereits erwähnten Neubau des Betreuungszentrums in Weinheim. Dieser umfasst mit dem Behindertenbereich, der stationären Altenpflege, der geriatrischen Reha-Klinik und dem Altersmedizinischen Zentrum insgesamt 240 Betten. Die Gesamtkosten belaufen sich voraussichtlich auf 47 Mio. €. Davon leistet der Rhein-Neckar-Kreis mit 24,2 Mio. € den größten Finanzierungsanteil. Im Planungszeitraum 2016 – 2018 werden in den Einrichtungen der GRN alleine bauliche Investitionen in einem Umfang von über 63 Mio. € getätigt, die der Rhein-Neckar-Kreis mit ca. 38 Mio. € mitfinanzieren wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den angesprochenen Themen habe ich nur einige Schwerpunkte des Haushaltsplanentwurfs 2016 angesprochen. Ich glaube aber, alleine aus den bis hierher getroffenen Aussagen wird deutlich, warum der Ergebnishaushalt des kommenden Jahres mit rd. 587,2 Mio. € ein um rd. 60 Mio. € höheres Volumen als im Jahr 2015 hat und warum das ordentliche Ergebnis mit 10,5 Mio. € unter dem des laufenden Jahres liegt. Auf die Risiken bei der Finanzierung der Kosten für die Asylbewerberunterbringung habe ich bereits zu Beginn meiner Ausführungen hingewiesen.
Hoffen wir, dass wenigsten die Grunderwerbsteuer auch im nächsten Jahr wieder so fließt wie derzeit, die wir mit insgesamt 26,5 Mio. € und damit mit 4,0 Mio. mehr als in diesem Jahr eingeplant haben. Die so erwirtschafteten Mittel werden benötigt, um im Finanzhaushalt Investitionen in einer Größenordnung von knapp 41 Mio. € zu finanzieren. Hiervon erhält alleine der Eigenbetrieb Bau und Vermögen Zuweisungen von 16,0 Mio. €. Zusammen mit der dort vorgesehenen Kreditaufnahme von 14,8 Mio. € können die vom Eigenbetrieb veranschlagten Investitionsmaßnahmen in einer Größenordnung von 30,8 Mio. € finanziert werden.
Damit steigt die Verschuldung von Kernhaushalt und Eigenbetrieb im Jahr 2016 auf insgesamt 101,7 Mio. €. Nach den bisher vorliegenden Daten kann bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums die Gesamtverschuldung wieder auf 97,0 Mio. € zurückgeführt werden und wir gehen davon aus, dass das vom Kreistag beschlossene Ziel, einer Rückführung der Verschuldung auf 90,0 Mio. € bis zum Jahr 2020 – trotz der großen Investitionen die vor uns liegen – noch erreicht werden kann.
Da zur Finanzierung dieser Investitionen auch flüssige Mittel eingesetzt werden müssen, wird sich die Liquidität des Kreises bis zum Jahresende 2016 auf 11,7 Mio. € reduzieren. Damit sind auch hier die Mindestanforderungen, die der Entwurf zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts vorsieht, erfüllt.
Und wenn wir nun noch sehen, dass wir all diese Herausforderungen meistern können, ohne den Hebesatz für die Kreisumlage zu erhöhen, dann glaube ich sagen zu können, dass dies für eine effiziente und nachhaltige Haushaltswirtschaft des Kreises spricht und dass damit die finanzielle Handlungsfähigkeit sowohl des Kreises als auch der kreisangehörigen Gemeinden erhalten wird.
Damit ist die Grundlage für die Umsetzung der gesteckten Ziele geschaffen und ein weiterer Leitsatz der strategischen Ziele des Kreistags erfüllt. Meine sehr geehrten Damen und Herren Kreisrätinnen und Kreisräte, hiermit ich übergebe Ihnen hiermit den Haushaltsplanentwurf 2016. Ich bin mir sicher, dass sich aufgrund der derzeitigen Entenwicklungen in den Fachausschüssen noch einige Veränderungen ergeben werden, über die wir diskutieren müssen.
Hierzu wünsche uns allen eine faire und konstruktive Beratung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
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