Haushaltsrede von Ralf Frühwirt im Kreistag

Rede zum Kreishaushalt 2026


Die von Ralf Frühwirt als Fraktionsvorsitzender von B90/ Die Gründen gehaltene Haushaltsrede im Kreistag veröffentlichen wir im Wortlaut, da er sich auch um das freiwerdende Amt des Landrats bewirbt und daher unter besonderer Beobachtung durch die Öffentlichkeit stehtl.


Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren,

wenn man sich unseren Haushalt anschaut, mit seinen schwierigen Zahlen und dem was sie für den Rhein-Neckar Kreis und seine Kommunen bedeuten, könnte man die Haushaltsrede leicht mit düsteren Worten beginnen. Statt dessen will ich mit drei Ereignissen starten, die mir durchaus große Hoffnung für die Zukunft machen. Alle drei fanden erst kürzlich statt, sie fanden im Kreis oder knapp jenseits seiner Grenzen statt, und für das Hoffnung Machende hat nicht irgend eine  politische Entscheidung gesorgt, oder Unternehmen die gute Zahlen verkünden, sondern unsere Bürgerschaft.

Es handelt sich um drei Bürgerentscheide zur Nutzung von Windkraftanlagen, die alle drei eine mehr oder minder große Mehrheit für Windkraft ergaben. Begonnen hat es Anfang November in Schriesheim und Dossenheim, die beiden anderen fanden am letzten Wochenende in Eschelbronn und Bruchsal statt. Gerade im eher ländlichen und konservativeren Eschelbronn freut uns die Mehrheit bei einer großen Wahlbeteiligung, zumal sich meine Fraktion auch einen kleinen Teil des Erfolges zusprechen kann. Danke an die wackeren Streiter, die trotz Kälte die Stellung gehalten haben.

Für uns sind diese Ergebnisse ein Zeichen, dass sich der Wind langsam dreht, dass sich die Menschen auch nicht mehr so leicht durch fake news hinters Licht führen lassen. In einem strukturierten Dialog, wie es ihn in Dossenheim/Schriesheim gegeben hat zählen Argumente nicht Sprüche. Das bedeutet für uns, dass nicht nur das Ergebnis, sondern auch der Weg dorthin Hoffnung macht. Möglicherweise hat der Populismus seine besten Zeiten schon hinter sich, und das wäre auch gut so, weil er keine Probleme löst, sondern konstruktive Lösungen verhindert.

Warum nun räume ich diesen Bürgerentscheiden für die Windkraft in einer Haushaltsrede so viel Raum ein? Weil erneuerbare Energien ein grünes Thema sind? Wir haben einiges dazu zu sagen, wir haben Ideen und Konzepte, aber wir denken nicht, dass die energiepolitische Zukunft ein rein grünes Thema ist. __ Vielmehr spiegeln sich in diesen Bürgerentscheiden drei entscheidende Themen, die den Kreistag und den kommenden Landrat – wer auch immer das sein wird – in den nächsten Jahren quer über alle fachlichen Themen beschäftigen werden.

Das erste Thema ist die Bedrohung unserer Demokratie. Die Bürgerentscheide sind ein demokratischer Prozess. Man kann hier eine Menge Fehler machen, etwa indem man auf die Kosten verweist, auf die Arbeit die sie machen, oder durch Intransparenz. Das merken sich die Menschen, auch solche, die an dem Thema nicht wirklich interessiert sind. Das schadet der Demokratie. Man kann hier aber auch vieles richtig machen, und der Demokratie einen Dienst erweisen, durch Offenheit, durch einen strukturierten neutralen Prozess, oder indem man dafür sorgt, dass es nach einem Bürgerentscheid keine Spaltung in der Bevölkerung gibt.

Wir als Kommunalpolitiker*innen sind die ersten Ansprechpartner für unsere Bürger*innen, und egal ob auf Gemeindeebene oder auf Kreisebene wir sollten das auch dazu nutzen die Vorzüge der Demokratie immer wieder zu betonen. Gerade auf Kreisebene muss der Landrat und der Kreistag sich mehr als demokratisch politisches Gremium verstehen, statt als Verwaltungsbehörde mit einem kleinen politischen Anhängsel. Das sollte uns unsere Demokratie wert sein.

Thema zwei ist der Klimawandel, dessen Härte auch dadurch definiert wird, wie schnell wir unsere Energieerzeugung weg von der fossilen Verbrennung und hin zu erneuerbaren Energien bringen. Lassen Sie mich das in ein Bild fassen. Die Auswirkungen des Klimawandels türmen sich heute schon wie eine Tsunami Welle auf. Wir stehen an einem Strand und sehen die Welle auf uns zu kommen. Jenseits des Strandes gibt es einen steilen Hügel, der die Rettung sein kann.

Manche Menschen glauben nicht an die Welle, auch wenn sie wissenschaftlicher Fakt ist. Andere meinen sie hätten noch Zeit sich um ihre Reichtümer zu kümmern, weil wir erst knöcheltief im Wasser stehen und es scheinbar nur langsam steigt. Aber viele haben sich schon auf den Weg gemacht den Hügel hinauf, weil der Weg anstrengend ist und wir nicht mehr viel Zeit haben. Für mich sind diese erfolgreichen Bürgerentscheide auch ein Zeichen, dass immer mehr M enschen die Gefahr anerkennen, den Kopf aus dem Sand nehmen und selbst zu handeln beginnen. Das muss sich auch in den Beschlüssen des Kreistages wider spiegeln.

Heute beim Klimaschutz sparen, weil er unbequem, anstrengend ist und nicht in die Pläne passt, die man sich gemacht hat, ist wie im Angesicht der Welle im Liegestuhl sitzen zu bleiben. Ob wir es wollen oder nicht, wir werden uns in den nächsten Jahren auf kommunaler Ebene verstärkt mit Klimaschutz und Klimaanpassung beschäftigen müssen. Je schneller wir uns heute bewegen, desto einfacher wird es. Wenn einem das Wasser bis zur Brust steht, wird die Fortbewegung anstrengend, das kann ihnen jeder Aquajogger bestätigen.

Das dritte Thema, das sich bei diesen Bürgerentscheiden spiegelt, sind die Finanzen. In jeder der beteiligten Kommunen wurde auch darüber diskutiert, welche positiven Ausflüsse der Bau von Windrädern auf die kommunalen Finanzen hat, über Pachten oder eine steigende Gewerbesteuer. So mancher, der sein Kreuz beim Wind gemacht hat, hatte nicht nur den Klimawandel im Hinterkopf, sondern auch die steigenden Kita-Gebühren, das marode Feuerwehrhaus oder holprige Gehwege.

Damit haben sie und wohl auch die beteiligten Bürgermeister einen geistigen Schritt gemacht, der längst noch nicht bei allen angekommen ist. Der Schritt, dass der Umstieg auf  erneuerbare Energien nicht nur ökologisch notwendig ist, sondern auch ökonomisch Chancen bietet.

1,5 Mrd. € werden im RNK von Privaten, von Unternehmen und der öffentlichen Hand pro Jahr für fossile Energien ausgegeben. Wieso muss das nach Norwegen, in die USA,  nach Katar und vielleicht immer noch nach Russland gehen? Die Kommunen können über Stadtwerke oder die Kooperation mit Bürgerenergiegenossenschaften einen Teil der Wertschöpfung in der Region behalten und nebenbei ihre Haushalte sanieren. Auch der Kreis hat mit der AVR Umwelt Service ein Instrument zur Hand, das schon reichlich Erfahrung mit erneuerbaren Energien hat. Wenn wir hier in den kommenden Jahren gemeinsam mit unseren Kommunen, regionalen privaten Unternehmen und Bürgerenergiegenossenschaften verstärkt investieren, können wir nicht nur den Kreis als Vorreiter erneuerbarer Energien etablieren, wir haben damit auch einen Hebel, unseren Haushalt zu entlasten und die Kreisumlage im Rahmen zu halten.

Diese steigt in diesem Jahr auf 32,75 % und das tut unseren Kommunen weh. In Zeiten knapper Kassen kommt auch der Kreis mit 1,5 Punkten Erhöhung. Deshalb kann man die Gemeinden verstehen, wenn sie dagegen protestieren. Aber wir sind hier als Kreisräte und verantwortlich für den Haushalt des Kreises. Wir haben über die vergangenen Jahre über eine umsichtige Finanzpolitik die Verschuldung des Kreishaushaltes sukzessive auf 60 Mio. € gesenkt, ganz so wie es im Handbuch steht, wenn man in wirtschaftlich guten Zeiten lebt. Jetzt wird sich die Verschuldung bis 2029 verdreifachen, wenn die Rahmenbedingungen so bleiben. Das kann weder im Interesse des Kreises sein, noch in dem der Kommunen. Deshalb ist es auch keine nachhaltige Strategie den Kreis bei der Umlage knapp zu halten – wir haben seit vielen Jahren einen der niedrigsten Hebesätze im Bundesland – um die eigenen Sparanstrengungen in Grenzen zu halten.

Wenn der Kreis die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung gestellt bekommt, leidet seine Investitionskraft und damit mittelfristig auch der Lebensstandard in unserer Region. Man denke an Kreiskrankenhäuser, Kreisstraßen, Berufsschulzentren. Neben dem Erschließen weiterer Finanzierungsquellen – ich bin darauf schon eingegangen – richtet sich der Blick auch auf Bund und Land. Auch hier lebt die kommunale Familie vergleichsweise in guten Verhältnissen, denn Baden-Württemberg stattet seine Kommunen noch mit am Besten aus.

Beim kommunalen Anteil am Sondervermögen wird hierzulande der größte Prozentsatz ausgeschüttet. Das trifft nicht nur die Gemeinden, auch der Kreis profitiert in den nächsten Jahren mit über 100 Mio. € für Investitionen davon. Und auch in diesem Jahr hilft uns das Land die Erhöhung des Hebesatzes im Grenzen zu halten. Durch den Finanzpakt des Landes werden die Mittel für die Schulbegleitung und die schulische Inklusion um Millionenbeträge aufgestockt, und das FAG legt auch um 7,4 Mio. € zu.

Trotzdem muss man konstatieren, dass Bund und Land noch immer nicht für alle Aufgaben, die sie uns zuteilen die nötigen Mittel bereit stellen. Hier gibt es dringenden Änderungsbedarf, sonst steht die kommunale Selbstverwaltung auf dem Spiel.Deshalb gilt es die Initiative der Landesregierung und insbesondere unseres Ministerpräsidenten Kretschmann zu unterstützen, unter anderem einer Steurreform bei der Beteiligung der Kommunen an den steuereinnahmen.

Wenn man spart, dann nicht an der falschen Stelle. Ich habe vorhin schon den Klimaschutz erwähnt. Doch auch die Ermahnung an den Sozialkosten zu sparen weist auf die falsche Stelle. Sie sind über die letzten Jahrzehnte im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt nicht gestiegen. Wenn sich der Staat allerdings selbst arm macht, indem er das Geld nicht bei denjenigen holt, wo es reichlich vorhanden ist, werden wir sie uns irgendwann nicht mehr leisten können.

Die mangelnde Finanzierung von Bund und Land zeigt sich seit Jahren ganz besonders bei den Krankenhäusern. Im laufenden Betrieb haben wir eine jährliche Kostenunterdeckung von 22 Mio. €, und bei den erheblichen Investitionen muss der Kreis auch erhebliche Mittel zuschießen. Das ist nicht unsere Aufgabe, und Bund und Land müssen das endlich zur Kenntnis nehmen. Unsere Aufgabe ist die flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung, die wir auch in Zukunft unverändert gewährleisten wollen. Die Medizin ist im Fluss und wir können das Gesundheitssystem der Zukunft nicht mit dem der letzten 20 Jahre vergleichen.

Deshalb war die Krankenhausreform längst überfällig und wir haben darauf mit unserem Konzept GRN4future geantwortet, das den Erhalt unserer Krankenhäuser ermöglicht, auch und besonders in Eberbach. An dieser Stelle bedanken wir uns ausdrücklich bei allen unseren Mitarbeiter*innen unserer Gesundheitseinrichtungen für die hervorragende Arbeit, die sie trotz der Unsicherheiten und des demotivierenden Defizits jedes Jahr vollbringen.

Sehr geehrter Herr Dallinger, dies ist der letzte Haushalt, den Sie im Kreis einbringen. Ich denke, Sie werden mir zustimmen, dass Sie sich lieber mit positiveren Zahlen hier verabschiedet hätten. Aber ich darf konstatieren, dass Sie, Herr Bäuerlein, für den das auch der letzte Werk war, und sein Team aus den schlechten Rahmenbedingungen einen soliden Haushalt gestaltet haben, dem die Grüne Fraktion zustimmt.

Wir stimmen auch TOP 6 der Verwaltungsgebührensatzung, TOP 8 der Abfallgebührensatzung zu und nehmen TOP 7 den Beteiligungsbericht zur Kenntnis. Wir danken den Kolleginnen und Kollegen für die gute Diskussion in den Ausschüssen, der Verwaltung für die Bereitstellung der Unterlagen und die kompetente und schnelle Beantwortung
unserer Fragen, und allen Mitarbeiter*innen des Kreises, dem EBVIT, des GRN und der AVR für die geleistete Arbeit. 

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