Heute letzter Arbeitstag: Abschied von Oberbürgermeister Wolfgang Ernst
Liebe Leimener Mitbürgerinnen und Mitbürger,
mit dem 10. Juni endet meine Amtszeit als Ihr Oberbürgermeister. Ich habe zusammen mit meiner Frau entschieden, dass 16 Jahre, zwei Amtsperioden, in diesem Amt genug sind, somit habe ich bei der OB-Wahl am 13. März nicht mehr kandidiert. Nun beginnt am 11. Juni die Amtszeit meines Nachfolgers. Ich wünsche ihm viel Erfolg, Geduld, starke Nerven und das nötige Quantum Glück.
Meine Zeit als Leimens Oberbürgermeister ist im Rückblick fast wie im Flug vergangen. Ich habe eine intensive Erinnerung an den damaligen Start in das Amt und an den langen Flug seitdem (und an die Turbulenzen insbesondere zu Beginn des Fluges), so dass auch der jetzige Landeanflug eine ganz besondere Zeit in meinem Leben darstellt. Ich möchte Sie nicht mit allen Ereignissen dieser Zeit langweilen, aber eine kleine Rückschau möchte ich mir gönnen, schon, um mir auch einige der schönen Erlebnisse in Erinnerung rufen zu können.
Die Startphase war recht ruppig, die meisten von Ihnen werden noch wissen, was ich meine, z.B. gleich zu Beginn die Schließung des Freibades aufgrund der dringendsten Vorstellungen des Gesundheitsamtes, dessen immer drängendere Mahnungen in den Jahren vor meinem Amtsantritt nicht beachtet worden waren; eine lange Sonderprüfung der Gemeindeprüfungsanstalt, daraufhin die Einschaltung des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft, intensive Untersuchungen, ein Gemeinderat in U-Haft, Mitarbeiterbefragungen; schon damals sehr große Haushaltsprobleme. Da konnte einem schon ein wenig mulmig werden, es waren kein leichter Start und Flug.
Aber es gab auch von Anfang an viele schöne Erlebnisse, vor allem: Meine Frau und ich wurden von den Menschen in Gauangelloch, Ochsenbach, Leimen, St. Ilgen, Lingental, auf das Herzlichste willkommen geheißen.
Die Zusammenarbeit mit meinem langjährigen Kopiloten, unserem damaligen Ersten Bürgermeister (und heutigem Ehrenbürger) Bruno Sauerzapf gestaltete sich von Anfang an kollegial, konstruktiv und nach kurzer Zeit, bis zu seinem altersbedingten Verlassen seines Pilotensitzes, freundschaftlich. Für diese gute gemeinsame 12jährige Zeit im Cockpit der Stadtverwaltung bin ich ihm auch heute noch dankbar. Wir konnten uns stets aufeinander verlassen. Ich denke, unser gutes Verständnis und unsere konstruktive Zusammenarbeit waren auch nach außen deutlich sichtbar und haben den Leimener Bürgerinnen und Bürgern gut getan. Danke, Bruno !
Wie gesagt, viele gute Ereignisse und Leistungen sind mir heute beim Landeanflug deutlich in Erinnerung. Ich denke oft an die Aktion Tobias zurück, an den kleinen Jungen, für den wir die große Typisierungsaktion durchführten, um einen Lebensretter für ihn zu finden. Etwa 7.500 Menschen kamen damals an einem Sonntag, um ihr Blut untersuchen zu lassen. Eine großartige Welle der Hilfsbereitschaft. Leider war sie für Tobias vergebens, auch wenn aus diesen vielen Untersuchungen später mehrere Knochenmark-Spender gefunden werden konnten, die anderen Menschen das Leben retteten.
Sehr dankbar bin ich den vielen Spenderinnen und Spendern unseres Weihnachts- und Sozialfonds, den ich im Jahre 2001 ins Leben gerufen habe. In diesen 15 Jahren seitdem sind ca. 330.000 € gespendet worden, mit denen wir den Bedürftigen unserer Stadt helfen konnten. Mein aufrichtiger herzlicher Dank, dass dies möglich wurde. Bitte zeigen Sie auch in Zukunft Ihr Herz.
Es waren keine leichten Amtsjahre, die bekannt schwache finanzielle Struktur der Stadt Leimen musste gleich zu Beginn offen gelegt werden, sie erzwang dann unabdingbar die Handlungsmaxime: „Wir müssen uns unbedingt auf das zwingend Notwendige konzentrieren“. Und das ist im Grunde auch gelungen. Freunde schafft man sich mit dieser konsequenten Haltung allerdings nicht viele, dafür bekommt man von den Einsichtigen durchaus Respekt und Anerkennung.
Vieles war vernachlässigt und musste von Beginn an erst einmal grundsätzlich angegangen werden. Wir konnten unsere Stadtbücherei aus ihrem abgelegenen Dasein im Dachgeschoss des Kurpfalz-Centrums befreien, wo sie nicht einmal per Lift erreichbar war, und in neue attraktive ebenerdige Räume gleich neben der Turmschule in Leimen umsiedeln. In Gauangelloch wurde nach langen Jahrzehnten endlich das Versprechen aus der Zeit der Kommunalreform erfüllt, eine neue Sport- und Kulturhalle, die heutige Schlossberghalle, zu erbauen. In St. Ilgen wurde die Alte Fabrik saniert und durch einen gemeinsamen Aufzug ist nun auch das alte Rathaus barrierefrei erreichbar. Und auch das Freibad ist – trotz des zwischenzeitlichen Reinfalls auf falsche Versprechen und nicht eingehaltene vertragliche Zusagen – wieder dauerhaft geöffnet. Viele Sanierungsmaßnahmen konnten endlich, nach Jahren des Stillstands, angegangen werden. Die Sanierung des Wassernetzes und der Kanalisation wurde konsequent angegangen und befinden sich in einem guten Rhythmus der Erneuerung, ebenso viele Straßen.
Apropos Straßen: Es war ein gutes Gefühl, nach einem Jahrzehnt die bereits vor meiner Amtszeit fertig gestellte und damals auch gleich wieder gesperrte innerörtliche Durchgangsstraße, die Bürgermeister-Lingg-Straße, wegen der ich sogar im Länderspiegel des ZDF auftreten musste, endlich ihrer Bestimmung übergeben und mit der Innenstadtumgehung von der nördlichen B3-Ausfahrt mit der neuen L 600 über den Steinbruch in Richtung Lingental eine große Entlastung des Straßenverkehrs durch die Leimener Innenstadt erleben zu dürfen.
Unsere Kinderbetreuung wurde gewaltig ausgebaut, z.B. erhielt das Nikolaus-Lenau-Haus in St. Ilgen ein zeitgemäßes Erweiterungsgebäude, im neuen Familienzentrum der Ev. Heimstiftung in St. Ilgen konnten wir weitere Gruppen des Pestalozzi-Kindergartens unterbringen, in Leimen wurde das neue Ludwig-Uhland-Haus mit insgesamt 10 Gruppen und schönen Spiel- und Bewegungsräumen gebaut. Das sind nur einige der vielen Maßnahmen, die ich gar nicht alle aufzählen kann. Damit wird die Kinderbetreuung in unserer Stadt auch dank engagierter Erzieherinnen den von Bund und Land vorgegebenen neuen großen Anforderungen gerecht.
Die Stadtkernsanierungen von Leimen und St. Ilgen konnten konkret fortgesetzt werden und sind trotz der begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel ein gutes Stück voran gekommen. In Leimen wurde das zeitgemäße Neue Rathaus errichtet. Damit hat Leimen nun wie fast alle Städte und Gemeinden endlich ein eigenes Rathaus. Ich durfte es wenige Monate vor dem Ende meiner Amtszeit einweihen und seinen Benutzern, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, übergeben. Ihnen verdanke ich viel, es war stets zu spüren, dass wir in Leimen in der Stadtverwaltung, in den Kindergärten, bei den Stadtwerken eine aktive Truppe haben, die sich engagiert dem Wohl der Menschen widmet. Ich danke Allen, mit denen ich in meiner Amtszeit vertrauensvoll zusammenarbeiten durfte. Ich kann hier nicht Alle nennen, aber die, die ich meine, werden es schon verstehen und wissen.
Bei knappen Finanzen kann man nicht allen Wünschen nachkommen, es musste immer wieder heißen: „Dafür ist leider kein Geld da.“ Viele dieser Wünsche waren ja durchaus nachvollziehbar (viele andere natürlich nicht), aber dennoch nicht erfüllbar. Öfters habe ich mir, auch im Gemeinderat, eine bessere Einsicht in diese zwingenden Notwendigkeiten gewünscht. Aber, wie eben gesagt, manche Wünsche, so auch dieser, sind wohl nicht erfüllbar.
Ich bitte die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt nachträglich noch einmal um Verständnis für manche unvermeidliche Entscheidung und manches ‚Nein‘ gegenüber nicht finanzierbaren Wünschen und Forderungen.
Es gab in diesen 16 Jahren leider auch manche gehässige persönliche Anfeindung oder subjektiv verzerrte Berichterstattung. An so etwas muss und kann man sich gewöhnen, die entsprechend Verantwortlichen disqualifizieren sich durch ihr Handeln selbst. Oftmals gehen solche grundlosen Angriffe mit persönlicher Feigheit von Personen einher, denen man glaubt vertrauen zu können oder bei denen man zumindest einen Rest von Charakter vermutet. Nun, auch solche Erfahrungen musste ich machen – aber es ist mir auch gelungen, meine Freude an dem Amt des Oberbürgermeisters von Leimen und an den Begegnungen mit den Menschen in unserer Stadt zu bewahren.
Einer der vielen schönen Aspekte in dem intensiv gelebten Amt eines Oberbürgermeisters ist tatsächlich die oftmalige Möglichkeit und auch Verpflichtung, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, Kontakte zu knüpfen, die Interessen seiner Stadt gegenüber Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und anderen Lebensbereichen zu vertreten. Dabei ergaben sich auch immer wieder gute persönliche Gespräche mit gegenseitigem Verständnis und neuen Erkenntnissen, die ich für meine täglichen Aufgaben einsetzen konnte. Ebenso wichtig und interessant waren die Kontakte zu Städte- und Gemeindetag Baden-Württemberg, die intensiv die Interessen der Kommunen gegenüber der oft gegensätzlichen Haltung von Land und Bund vertreten und verteidigen.
Dieses schöne und manchmal auch anstrengende Amt des Leimener Oberbürgermeisters habe ich ohne großen persönlich verursachten Aufwand geführt, Vielen erschien der Verzicht auf aufwändige Empfänge, Feiern und Ähnliches nicht angemessen. Aber ich habe damit versucht, gegenüber der Vergangenheit ein Zeichen für die notwendige zeitgemäße Sparsamkeit und für die Konzentration auf das Wesentliche für die Menschen zu setzen. Auch aus diesem Grund verzichte ich auf eine Abschiedsfeier, auch, damit die knappen Haushaltsmittel für die Amtseinführung meines Nachfolgers verwendet werden können.
Ich danke vielen Menschen in unserer Stadt (ich kann sie nicht alle aufzählen) für die gute Zusammenarbeit zum Wohl ihrer Einwohner und Einwohnerinnen und ganz persönlich, auch im Namen meiner Frau, für viele gute Begegnungen und Gespräche.
Zum Schluss dieser Worte bitte ich Sie: Waren Sie mit mir und meiner Arbeit – wenigstens ein bisschen – zufrieden, dann behalten Sie mich in (hoffentlich guter) Erinnerung; und wenn nicht, dann vergessen Sie mich.
Auf baldiges oder öfteres Wiedersehen freut sich
Ihr Wolfgang Ernst
Ihre lokale Internetzeitung für Leimen, Nußloch, SandhausenKurz-URL: https://leimenblog.de/?p=80314