Kleine Nachtwanderung in stockdunkler Neumondnacht – Sterne wiesen den Weg
(15.3.22) Am Samstag, dem 5. März 2022 um 19.30 Uhr trafen sich bei Neumond 20 Interessierte, um begleitet von Biologin Frau Dr. Adelheid Stahnke und Astronom Dr. Robert Schmidt, Himmel und Wald bei Dunkelheit zu erkunden.
Am Parkplatz Hirschgrund wurde man geblendet von den entgegenkommenden Autos mit dem starken kalt-weißen/blauen Licht der Kfz-Leuchten, deren LED-Technik der Automobilindustrie den Einbau kleinerer Leuchten erlaubt. Die Rezeptoren der Netzhaut werden durch die plötzliche starke Helligkeitsänderung und den zu starken Kontrast übersteuert – die Sehfähigkeit ist in diesem Moment faktisch eingeschränkt ( www.adac.de).
Bei der Begrüßung durch die Lokale Agenda Leimen wurde darauf hingewiesen, dass wir bei Sonnenlicht tagsüber Beleuchtungsstärke von 128 000 Lux haben, bei Vollmond 0,3 Lux, bei Neumond 0,001 Lux, dass wir aber trotz Neumond gut sehen würden. Dazu passte, dass wir erfuhren, dass sich in unseren Augen Sinneszellen – sog. Stäbchen – befinden, die es uns ermöglichen, nach etwa einer halben Stunde auch bei Nacht sehr gut sehen zu können. Die Augen der frühen Säugetiere entwickelten sich schon zur Zeit der Dinosaurier so, als diese kleinen Warmblüter ihr Leben in die Nacht verlegten, um bessere Überlebenschancen zu haben.
Ohne jedes künstliches Licht konnten wir auf dem Weg nach einer Weile sehr gut sehen und fanden problemlos zur Hirschgrundhütte. Über uns leuchtete der Sternenhimmel. Wir lernten, dass sich die Stäbchenzellen nicht total in der Mitte der Netzhaut befinden und man die Sterne deshalb etwas „daneben guckend“ besser sehen kann.
Als „Sterne“ bezeichnen Astronomen massereiche, selbstleuchtende Himmelskörper, also „ Sonnen“. Unsere Planeten sind keine Sterne, sie sind nicht massereich genug, um selbst leuchten (keine Kernfusion im Innern möglich) und werden von der Sonne beleuchtet. Planeten umkreisen Sonnen. Und Monde umkreisen Planeten. Es gibt gasförmige Planeten wie Jupiter und Saturn, und gesteinsförmige wie Merkur, Venus, Erde.
Am Nachthimmel ist der hellste Stern der Sirius, unserem Sonnensystem „sehr nah“ mit Entfernung von 8,6 Lichtjahren und „sehr jung“ mit 240 Millionen Jahren. Er hat einen kleinen Begleiter Sirius B einen sog. Weißen Zwerg, der nur noch so groß ist wie die Erde.
Zwei Herren, deren Hobby Astronomie ist, entdeckten sofort über uns den Sternhaufen der Plejaden. Sterne befinden sich wie diese oft in Haufen.
Leider können wir mit den Stäbchenzellen nicht farbig sehen. Doch gut ließen sich die Farben der leuchtstarken Sterne Beteigeuze, Capella und Rigel erkennen. Die Sterne leuchten in Tönen von Rot, Gelb, Blau. Ihr Lichtspektrum hat mit der Temperatur der Gase an der Oberfläche zu tun.
Seit Jahrtausenden befasst sich der Mensch mit der Bewegung der Himmelskörper und hat Zeitabläufe daran festgemacht. Man kann das an dadurch berühmten Orten wie Stonehenge in England und Newgrange in Irland beobachten, die auf den Sonnenstand an bestimmten Tagen ausgerichtet sind. Die monotheistischen Religionen haben unter Berücksichtigung der Sonnen – und Mondläufe unterschiedliche Kalender. Die Monatsanfänge von Islam und Judentum verschieben sich relativ zum gregorianischen Kalender.
Während dieser Erklärungen kam Ruhe über uns. Es war, als ob man spürte, dass ab 21 Uhr unser Melatoninspiegel steigt, der uns Müdigkeit beschert und auf das Schlafen vorbereitet. Deshalb sollten wir uns auch spät nicht mit Licht, vor allem grell weißem, beleuchten. Wenn wir mehr auf unsere innere Uhr hören, fühlen wir uns wohl. Alles in der Natur lebt vom und mit dem Tag-Nacht-Rhythmus.
Unsere Lichtüberflutung schafft wegen der Nachteile für alles in der Natur eine sog. Lichtverschmutzung. Bäume leiden unter Bodenleuchten und werfen das Laub nicht ab, Igel haben Angst vor Gartenlampen am Boden, Insekten bekommen hormonelle Störungen durch starke Strahlen der Strassenlampen und Bewegungsmelder und Insekten empfinden die Beleuchtung wie eine Wand – besonders an Straßen – , verlieren die Orientierung, sterben erschöpft und bieten nur noch Futter für andere Tiere.
Wie man heute weiß, haben unsere inneren Organe mehr oder weniger aktive Zeiten, so dass die Einnahmezeit von Medikamenten gesundheitlich kritisch sein kann.
Für einige war es die erste Wanderung im Dunkeln. Sie waren sehr positiv berührt und hätten Lust auf Mehr. Wir werden deshalb Laubdichte und Beginn der Dunkelheit im Auge behalten.
Die kleine Nachtwanderung hat uns in eine friedliche Stimmung versetzt. In dieser bösen Zeit ein kleiner Trost!
Foto: Roland Borvitz | Text Gudula Weigel-Riemann, Dr. Adelheid Stahnke, Dr. Robert Schmidt
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