Klimaschutz: Ist ein ungenutzter oder ein bewirtschafteter Wald besser?

(rnk – 14.12.21) Die vergangenen Trockenjahre haben gezeigt, wie stark der Klimawandel bereits vorangeschritten ist und welche Auswirkungen er auf die Wälder hat. Vielerorts hat der Trockenstress zu schweren Schäden oder sogar Absterbe-Erscheinungen an Waldbäumen aller Art geführt. Das lässt die Sorge um den Gesundheitszustand unserer Wälder in der Bevölkerung, aber auch bei den Försterinnen und Förstern, wachsen. Dabei ist der Wald wichtiger denn je. Denn er ist nicht nur Opfer des Klimawandels, sondern selbst ein aktiver Klimaschützer, indem er das klimaschädliche Kohlenstoffdioxid speichert.

Tatsächlich beschäftigt sich die Forstwissenschaft und Forstwirtschaft schon seit Jahrzehnten mit der Thematik der Klimaveränderung. Dabei wird beispielsweise erforscht, welche Baumarten auf welchen Standorten mit den künftig veränderten Verhältnissen voraussichtlich besser zurechtkommen, oder welche Rolle der Wald als CO2-Speicher einnehmen kann. Es stellt sich die Frage, wer der bessere Klimaschützer ist – ein bewirtschafteter oder ein ungenutzter Wald?

 

Um wachsen zu können, benötigt ein Baum Kohlenstoffdioxid, das er aus der Atmosphäre bezieht. Mittels Photosynthese wird ein Anteil dieses Kohlenstoffdioxids zu Zuckern umgewandelt und nach weiteren biologischen Prozessen im Stamm eingelagert. Bei der Zellatmung, die man sich als „umgekehrte Photosynthese“ vorstellen kann, gibt der Baum den anderen Anteil des aufgenommenen Kohlenstoffdioxids wieder an die Atmosphäre ab.

Solange sich Bäume noch in der Wachstumsphase befinden, binden sie mehr CO2 als sie wieder an die Umgebung abgeben und fungieren so als Kohlenstoffsenke. Ist ein Wald erst einmal ausgewachsen, ist zwar eine erhebliche Menge an Kohlenstoffdioxid in den Urwaldstämmen gespeichert, jedoch kommt es kaum noch zu Zuwächsen an den Bäumen.

Der ungenutzte Urwald ist somit zwar noch ein Kohlenstoffspeicher, aber keine aktive Kohlenstoffsenke mehr. In bewirtschafteten Laubwäldern hingegen wächst pro Jahr und Hektar etwa 12 Prozent mehr Holz hinzu als in ungenutzten Laubwäldern. Bei Nadelbäumen macht der Unterschied sogar bis zu 35 Prozent aus.

Außerdem kommt es im Urwald irgendwann zu einem altersbedingten Zerfall der Bäume. Der abgestorbene Baum wird nach und nach von Mikroorganismen zersetzt. Hierbei wird das im Holz gespeicherte CO2 wieder freigesetzt und an die Atmosphäre abgegeben, während im bewirtschafteten Wald das geerntete Holz weiterverwendet wird.

Nach der Ernte des Holzes gilt es, dieses Holz möglichst klimaschonend einzusetzen.  Eine Möglichkeit wäre es, das Holz energetisch zu verwenden, sprich zu verbrennen. Weil dabei lediglich das CO2 freigesetzt wird, das vorher im Baum gebunden wurde, kann Holz als eine fast klimaneutrale Energiequelle angesehen werden. Zudem zählt Holz im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern zu den nachwachsenden Rohstoffen. Jedoch wird bei der Verbrennung das Treibhausgas vergleichsweise schnell wieder freigesetzt.

Eine bessere Alternative stellt die Kaskadennutzung dar. Hier wird das Holz zunächst stofflich genutzt. Das bedeutet, es wird zu Möbeln verarbeitet oder in Gebäuden verbaut. Der Kohlenstoff ist also über die gesamte Lebensdauer des Möbelstücks oder Bauwerks gebunden. Die Kaskadennutzung schließt damit ab, dass das stofflich genutzte Holz ganz am Ende noch als Brennstoff genutzt wird und der Kohlenstoff erst dann wieder freigesetzt wird.

Neben der Dauer der Speicherung ist es auch wichtig, das Holz so zu verwenden, dass möglichst viele klimaschädliche Rohstoffe ersetzt werden. Man spricht hier von der Substitutionswirkung. Baustoffe wie Beton oder Stahl benötigen zur Herstellung extrem viel Energie und tragen damit zur Verschlechterung der CO2-Bilanz bei. Beispielsweise kann beim Bau eines Holzhauses 35 bis 50 Prozent der Energie eingespart werden, die bei der Errichtung eines Massivbaus mit gleicher Funktion nötig wäre.

Warum werden dann nicht 100 Prozent des geernteten Holzes zum Haus- oder Möbelbau verwendet? Leider ist dies technisch nicht umsetzbar. Das Lebewesen Baum besteht immer aus einem Stamm, dessen Holz stofflich gut verwertbar ist, und der Krone, in der viel dünnes und krummes Holz vorhanden ist. Dieses Holz ist zur Verwendung als Brett oder Balken nicht geeignet und wird daher zwangsläufig zu Brennholz oder Papier.

Ein Teil davon verbleibt aber auch in den Wäldern, sodass es zersetzt werden kann und die dabei freiwerdenden Nährstoffe dem Waldboden wieder zur Verfügung stehen. Denn auch der Waldboden darf nicht vergessen werden, wenn man die CO2-Speicherleistung des Waldes betrachtet. Allerdings unterscheiden sich hier der bewirtschaftete und der ungenutzte Wald nicht, beide speichern etwa gleich viel Kohlenstoff im Boden.

Zusammenfassend gilt: Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald leistet einen effektiveren Beitrag zum Klimaschutz als ein ungenutzter Wald. Durch die Bereitstellung von Holz können Emissionen aus fossilen Brennstoffen vermieden werden. Ein nicht bewirtschafteter Wald trägt durch seine Speicherfunktion zwar zur Kompensation der Emissionen bei, allerdings werden hier keine fossilen Brennstoffe ersetzt und damit eingespart.

Bei der gesamten Thematik sollte berücksichtigt werden, dass die Klimaschutzleistung des Waldes begrenzt ist. Er leistet einen wichtigen Beitrag als Kohlenstoffsenke, das Klima kann er aber nicht alleine schützen. Dafür bedarf es weiterer technischer Hilfsmittel und einem hohen Maß an Eigenverantwortung.

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