Leserbrief Thomas Heim: „Nicht nur eine Frage des Führungsstils“
(lb – 4.10.21) Verwundert reibt man sich die Augen, wenn man die Schlagzeilen der letzten Tage liest: Zunächst lässt OB Reinwald die Ratssitzung vom 30. September platzen, indem er nahezu alle angekündigten Punkte von der Tagesordnung streicht. Erst im Nachgang der Sitzung führt er als Begründung an, ihm sei im „Vorfeld der Sitzung zugetragen worden, dass es an einigen Tagesordnungspunkten heftige Kritik gäbe“ (RNZ-Artikel vom 01. Oktober 2021).
Nun ist es aber Sinn und Zweck einer Ratssitzung, dass Argumente auf einer guten Informationsbasis in einer konstruktiven Atmosphäre ausgetauscht werden. Wenn eine Fraktion der Meinung ist, dass ein bestimmter Sitzungspunkt nicht beschlussreif ist oder zusätzliche Informationen zu einer Meinungsfindung erforderlich sind, dann stellt sie einen entsprechenden Antrag, argumentiert diesen und sucht dafür auch Mehrheiten.
Wenn aber – wie geschehen – der Sitzungsleiter die zu behandelnden Tagesordnungspunkte einfach streicht, dann können natürlich auch die Anträge zu diesen Punkten – und damit die mit den Anträgen verbundene Kritik – nicht mehr vorgetragen werden. Der politische Diskurs wird an entscheidender Stelle gestört.
Die Vorgehensweise des OB ist also nicht nur eine Frage des Stils, sondern vor allem auch eine Frage seines Demokratieverständnisses.
Offener Konfrontationskurs
Fast noch heftigeres Kopfschütteln lösen jedoch die Erklärungen aus, die der OB am „Tag danach“ über die verschiedenen Pressekanäle verbreiten lässt: Er habe ein „Zeichen gegen den Stillstand“ setzen wollen, heißt es da. Etwa, indem er den Gemeinderat abstraft? Oder, indem er (wie weiter zu lesen ist) mit einseitigen Schuldzuweisungen zur bisherigen Stadtentwicklung um sich wirft?
Eine Analyse der Vergangenheit würde an dieser Stelle sicherlich zu weit führen. Es drängt sich aber schon der Eindruck auf, dass die verschiedenen Entwicklungsprozesse in Leimen gegenwärtig nicht gerade vorbildhaft moderiert werden.
Pädagogisch gesehen, darf man diese Art des „Abstrafens“ ebenfalls getrost als Relikt von Vorgestern betrachten. Gerade im erzieherischen Kontext erreichen Strafen in der Regel nicht die gewünschte Wirkung. Unter anderem aus diesem Grunde orientiert man sich heute klar an konstruktiven Lernkonzepten. Auch in der Wirtschaft ist Teamfähigkeit übrigens eine wichtige Voraussetzung, um zielführend zu arbeiten.
„Gemeinsam mehr erreichen“ war einst auf den Plakaten des Kandidaten Reinwald zu lesen. Es ist bedauerlich für Leimen, dass der OB Reinwald diesen schön formulierten Anspruch von einst mit seiner jetzt offenbarten Interpretation des Amtes geradezu konterkariert.
Mit (lb – Datum) als Redaktionskürzel versehene Artikel sind Leserbriefe, die wir i.d.R. als ungekürzter und uneditierter Originaltext veröffentlicht. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Der obige Leserbrief wurde von Thomas Heim zur Veröffentlichung an Leimen-Lokal gesandt.
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