Musik in der Mauritiuskirche: 1,5 Stunden Orgelmusik „Bach im Winter“

Am Sonntag wurde in der Mauritiuskirche wieder einmal Orgelmusik vom Feinsten geboten. Michael A. Müller spielte Werke von Bach, die zur Jahreszeit „Winter“, respektive zum Jahresanfang passen. Was es damit genau auf sich hat, erläutert Michael A. Müller im Interview. Einen kleinen Ausschnitt aus dem Konzert als Video finden Sie <hier>. Außerdem sei angemerkt, daß ähnliche Konzerte in Heidelberg meist um die 10 € Eintritt kosten, in Leimen aber kein Eintritt verlangt wird. Vielleicht ein gutes Argument, sich einmal Orgelmusik in der Kirche anzuhören.

Frage: „Bach – Orgelkonzerte in den vier Jahreszeiten – Wie kam es zur Idee dieser Programmkonzeption und wie soll man sich das Ausfüllen dieser Thematik vorstellen?“ 

Müller: „Ich habe nach dem Konzept einer kleinen Bach – Konzertreihe gesucht, das über ein Jahr hinweg trägt. Nichts lag da näher als der Gedanke an die vier Jahreszeiten. Nun hat man da allerdings sofort das Problem, das Bach nie programmatisch – illustrierende Musik geschrieben hat wie Haydn oder Vivaldi in seinen berühmten Violinkonzerten über die „Vier Jahreszeiten“.

Der Bezug zum Thema muß also anders hergestellt werden, nämlich über Symbolik und über Lieder zu den jeweiligen Kirchenjahreszeiten. Das wichtigste Symbol werden dabei zunächst die Tonarten stellen, die ja in der Barockzeit alle eine besondere Bedeutung hatten. Jedes Konzert bekommt einen eigenen, dominanten „Grundton“.

Die Tonart C – Dur soll den „Grundton“ stellen, der sich durch dieses heutige Konzert hindurch immer wieder hörbar machen wird. Sie steht in der Charakteristik der Tonarten, die sich vor allem bei einem barock gestimmten Instrument bemerkbar macht, für großen aber kalten Glanz und starke Erdverbundenheit, wie ein kalter, blaustrahlender Wintersonnentag.

Das Präludium BWV 545 , das Sie gerade gehört haben, bietet hierfür ein sehr gutes Beispiel, nutzt es doch immer wieder den tiefsten Ton „C“ der Orgel als Ruhe – und Entwicklungspunkt für großen Obertonreichtum und Klangpracht, es ist darüber hinaus bei aller Kürze das perfekte Eingangsstück auch für einen festlichen Gottesdienst, mit wunderbarer Balance zwischen Bewegung und statischer Feierlichkeit. Die Fuge im „Ricercar“ – Stil ist die genau passende Fortsetzung.“

Frage: „Und welche Kirchenjahreszeiten stehen in Ihrem Programm für den Winter?“

Müller: „Ganz klar ist ja Weihnachten das kirchliche Fest, das uns allen beim Winter sofort einfällt. Allerdings soll das Weihnachtsfest heute einmal außen vor bleiben, es wird ja an anderer Stelle immer wieder genug gewürdigt.

Ich möchte heute mit der Zeit nach Weihnachten beginnen, dem Jahreswechsel, dem Sonntag nach Weihnachten, dem die Geschichte des alten Simeon im Jerusalemer Tempel zugeordnet wird und dem Epiphaniasfest am 6. Januar.

Dieser Zeit sind die Lieder gewidmet, deren Bachsche Bearbeitung Sie nun auf dem Programm finden, das Lied „In Dir ist Freude“ war zur Zeit Bachs ein Lied für den Jahreswechsel,  (Wenn man den Text bedenkt eigentlich naheliegend!) Der Lobgesang des Simeon, hier im Lied „Herr Gott nun schleuß … „ nachgedichtet, gehört zum Sonntag nach Weihnachten aber auch in die Complet (Stundengebet zur Nacht), der – manchmal etwas holperige – Lebenslauf des Menschen ist durch das Figurenwerk von linker Hand und Pedal schön dargestellt. Es folgt „Herr Christ der ein’ge Gottessohn“ für das Epiphaniasfest am 6. Januar, auch „kleines Weihnachten genannt“, an dem Christus als der Morgenstern gefeiert wird, der die Nacht erhellt.

Lesen Sie dazu die angegeben Liedtexte im Gesangbuch und es wird der Zusammenhang noch deutlicher werden.“

Beim Orgelkonzert wurden folgende Werke von Bach gespielt (Erläuterungen von M.A. Müller):

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) – Präludium und Fuge C – Dur, BWV 545

Die Tonart C – Dur soll den „Grundton“ stellen, der sich durch dieses Konzert hindurch immer wieder hörbar machen wird. Sie steht in der Charakteristik der Tonarten, die sich vor allem bei einem barock gestimmten Instrument bemerkbar macht, für großen aber kalten Glanz und starke Erdverbundenheit, wie ein kalter, blaustrahlender Wintersonnentag.

Das Präludium BWV 545 bietet hierfür ein sehr gutes Beispiel, nutzt es doch immer wieder den tiefsten Ton „C“ der Orgel als Ruhe – und Entwicklungspunkt für großen Obertonreichtum und Klangpracht, es ist darüber hinaus bei aller Kürze das perfekte Eingangsstück auch für einen festlichen Gottesdienst, mit wunderbarer Balance zwischen Bewegung und statischer Feierlichkeit. Die Fuge im „Ricercar“ – Stil ist die genau passende Fortsetzung.

Orgelchoräle aus dem Weimarer „Orgelbüchlein“ zum Jahreswechsel und der Nachweihnachtszeit

„Dem höchsten Gott allein zu Ehren, dem Nächsten d’raus sich zu belehren!“:

  • Das alte Jahr vergangen ist, BWV 614 (EG 59)
  • In Dir ist Freude, BWV 615 (EG 398)
  • Herr Gott nun schleuß den Himmel auf, BWV 617 (EG 779)
  • Herr Christ der ein’ge Gottessohn, BWV 601 (EG 67)

Der Winter beginnt mit der Weihnachtszeit und dem Jahreswechsel, das Lied „In Dir ist Freude“ war zur Zeit Bachs ein Lied für diesen Anlass. (Wenn man den Text bedenkt eigentlich naheliegend!) Der Lobgesang des Simeon, hier im Lied nachgedichtet, gehört zum Sonntag nach Weihnachten aber auch in die Complet (Stundengebet zur Nacht), der – manchmal etwas holperige – Lebenslauf des Menschen ist durch das Figurenwerk von linker Hand und Pedal schön dargestellt. Es folgt das Epiphaniasfest am 6. Januar, auch „kleines Weihnachten genannt“, an dem Christus als der Morgenstern gefeiert wird, der die Nacht erhellt.

Herr Gott nun schleuß den Himmel auf, mein Zeit zum End sich neiget,
Ich hab vollendet meinen Lauf, des sich mein Seel sehr freuet:
Hab g’nug gelitten, mich müd’ gestritten,
schick mich fein zu zur ewgen Ruh.
Laß fahren was auf Erden, will lieber selig werden.

Präludium und Fuge C – Dur, BWV 547

Dieses Präludium hat eigentlich fast einen Schlußstück – Charakter, geprägt durch die Tanzform der Gigue. Aber auch hier nutzt Bach den Tonumfang des Pedals vor allem nach unten voll aus wodurch er die fröhlich – tänzerischen Bewegung immer wieder „am Boden verankert“. Wiederum schließt sich eine feierliche Fuge im alten Stil an, interessant ist, das Bach den ersten Einsatz des Pedals lange verzögert, gepaart durch den Einsatz als Augmentation und einer raffinierten Engführung des Fugenthemas, und dadurch eine enorme Steigerungswirkung erzielt.

Partite diverse sopra il Corale

“Sei gegrüßet, Jesu gütig” BWV 768

Choral, Variatio I: Duo, II: à4, espressivo, III: Duo, vivace, IV: à4, vivace,

V: Basso solo, VI: Tripla, VII: Trio, c.f. in basso, VIII: à4, vivace, IX: Trio, c.f. in tenore, X: Aria, XI: à5, in Organo Pleno

Sei gegrüßet, Jesu gütig, über alle Maß sanftmütig. Ach! Wie bist Du so zerschmissen und dein ganzer Leib zerrissen? Laß mich Deine Liebe erben und darinnen selig sterben

Das Ende des Winters ist kirchenjahreszeitlich durch die Passionszeit charakterisiert. Es war in der Lebenswelt Bachs üblich, zu solchen besonderen Zeiten Hausandachten zu halten, bei denen man auch Choralvariationszyklen wie diesen zur Meditation nutzte.

 Sonata V, C – Dur, BWV 529

Allegro – Largo – Allegro

Lange Abende im Winter bieten viel Zeit und Gelegenheit für kammermusikalisches Musizieren, hier ein besonders gelungenes Beispiel einer Triosonate, wie sie zur Barockzeit entweder mit verschiedenen Instrumenten oder einer (Haus-) Orgel oder einem Pedalcembalo ausgeführt wurden.

 Toccata, Adagio und Fuge C- Dur BWV 564

In diesem dreiteiligen Werk finden wir ein Wörterbuch der Bachschen Orgelkunst, große Virtuosität, empfindsame Melodik, raffinierte Harmonik und klar aufgebaute Fugentechnik gepaart mit dem glänzend – erdigen Klang der Tonart C – Dur, die den Tonumfang der barocken Orgel am Besten ausnutzt.

 

Nächstes Konzert bei Musik in der Mauritiuskirche:

11. März: Orgelkonzert Hans – Joachim Dumeier, Michelstadt

 

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