Statt Umzug in die neue Heimat Belgien fand Puan den Tod in der Narkose
(zoo – 5.4.17) Ein solcher Umzug einer Menschenaffengruppe von einem Zoo in einen anderen ist ein logistisches Meisterwerk. Wochenlang schon wurde der Transport vorbereitet, Veterinärtests mussten gemacht, Transportdokumente beantragt und ausgestellt sowie geeignete Transportkisten ausgewählt werden. Auch das neue Gehege im Zoo in Belgien wurde von der Kuratorin, der Tierärztin und den Tierpflegern vorher besucht und ausgiebig begutachtet, bevor ein Transporttermin festgelegt wurde. Bis wenige Tage vor dem Transport führten die Mitarbeiter im Zoo Pairi Daiza noch Verbesserungen am neuen Gehege durch, damit die Heidelberger Tiere auch garantiert eine geeignete neue Unterkunft vorfinden würden. „Jeder Orang-Utan ist ein Individuum und hat seine eigenen Bedürfnisse, aber auch Fähigkeiten. Vor allem unser Orang-Männchen Ujian ist ein begnadeter Tüftler, für ihn müssen alle Schrauben, Winkel und Bretter ganz besonders sicher befestigt sein.“, erklärt Revierleiterin Anke Jakob.
Auch das Verladen der Tiere hier in Heidelberg wurde lange vorher akribisch vorbereitet. Ein Tierarztkollege aus der Stuttgarter Wilhelma unterstützte das Heidelberger Zootierärzteteam und auch der Kollege aus Pairi Daiza kam am Montag nach Heidelberg, um beim Verladen dabei zu sein. Ein professionelles Zootiertransport-Unternehmen aus den Niederlanden stellte spezielle Transportkisten und ein klimatisiertes Fahrzeug zur Verfügung.
Die Orang-Utans mussten narkotisiert werden, um in die Kisten verladen zu werden. Die Narkose wurde auch gleich für ein medizinisches Checkup genutzt. Trotz der guten Vorbereitung lief jedoch leider nicht alles nach Plan. Das 28-jährige Orang-Utan-Weibchen Puan erwachte nicht mehr aus der Narkose. Trotz intensivmedizinischer Betreuung durch die vier anwesenden Tierärzte konnte Puan nicht wieder ins Leben zurückgeholt werden. Das Weibchen litt bereits seit über 15 Jahren an einer chronischen Kehlsackentzündung, eine bei Orang-Utans nicht selten auftretende Krankheit. Ob diese chronische Entzündung oder eine andere bisher unentdeckte Grunderkrankung dazu geführt hat, dass das Orang-Utan-Weibchen die Narkose nicht überlebt hat, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Der Tierkörper wurde direkt zum Deutschen Primatenzentrum nach Göttingen transportiert und wird dort genauestens untersucht. „Da die Narkose eigentlich bis zur Aufwachphase gut verlaufen ist, vermuten wir stark, dass eine Vorerkrankung zu ihrem Tod geführt hat“, erklärt Dr. Barbara Bach, Zootierärztin im Zoo Heidelberg, „mehr können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen“.
Der Tod von Puan war für alle Beteiligten ein Schock. Puan wurde 1989 in Heidelberg geboren und war eine echte Zoopersönlichkeit. Sie selbst konnte leider aufgrund einer Veränderung der Gebärmutter nie selbst züchten, übernahm jedoch schnell die Rolle der perfekten Tante, als im letzten Jahr Jungtier Berani in die Gruppe geboren wurde. „Wir hätten uns sehr gewünscht, Puan auf der neuen großen Anlage in Belgien noch durch die Äste und Seile in über 8 m Höhe klettern zu sehen“, gibt Anke Jakob zu, „schade, dass sie das nicht mehr erleben konnte.“
Das Verladen der anderen drei Orang-Utans, des 22-jährigen Männchens Ujian, der 13-jährigen Sari und ihres 1-Jahr alten Babys Berani verlief problemlos. Mit etwas Verspätung verließen die Tiere begleitet von zwei Tierpflegern und dem Tierarzt aus Pairi Daiza gegen 14.00 Uhr Heidelberg in Richtung Belgien. Nach etwa sechs Stunden Fahrt konnten die Tiere am Abend noch die Räume hinter den Kulissen des neuen Geheges in Pairi Daiza beziehen, wo sie die erste Nacht gut verbracht haben. Die Heidelberger Tierpfleger bleiben nun noch einige Tage in Belgien, um die Eingewöhnung der Tiere im neuen Gehege zu begleiten. Wenn alles nach Plan verläuft, werden die drei Orang-Utans schon bald in dem großen Schaugehege, das einer Tempelanlage ähnelt, für die belgischen Besucher zu sehen sein.
Der unerwartete Tod von Puan verstärkte beim gesamten Zooteam die Trauer über den über den Weggang der Orang-Utans. „Das war ein großer Schock für uns,“ erklärt Sandra Reichler, Kuratorin im Zoo Heidelberg, „aber wir finden auch Trost im Umzug unserer kleinen Familie und freuen uns auch darauf, sie bald zu besuchen und auf der großen Außenanlage in Belgien umherklettern zu sehen.“ Sandra Reichler sieht in der Aufgabe der Orang-Utan-Haltung in Heidelberg jedoch auch den Rückschlag für das Europäische Erhaltungszuchtprogramm: „Um eine gesunde Population erhalten zu können, braucht jedes Zuchtprogramm ausreichend viele Halter. Gerade für eine so hoch bedrohte Tierart, wie den Orang-Utan.“
Das ehemalige Orang-Utan Gehege in Heidelberg wird in den nächsten Monaten umgebaut, außerdem wird der geringere Tierbesatz genutzt, um die Haustechnik im Menschenaffenhaus zu überarbeiten, was dringend nötig ist. Im Spätsommer werden dann die Roloway-Meerkatzen und Hulmans aus dem kleinen Affenhaus ins Menschenaffenhaus umziehen.
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