Zukunftsmusik? Bedeutung autonomer Fahrzeuge für die Rathausplatz-Bebauung

Runder Tisch Moderatorin Dr. Ing. Christine Grüger (stehend)

(fwu – 28.7.17) Ein wesentlicher und der am meisten diskutierte Aspekt bei der letzten Sitzung des Runden Tisches zur Bebauung des Leimener Rathausplatzes, war die Verkehrssituation, sowohl beim fließenden als auch beim ruhenden Verkehr. Eine ausreichende Anzahl von Parkplätzen um oder auf oder neben dem Rathausplatz wurde mehrheitlich als unabdingbar bei einer künftigen Bebauung angesehen.

Bisher noch nicht berücksichtigt wurde bei den Diskussionen jedoch die aktuelle und absehbare künftige Entwicklung im Bereich der Autonomie von Fahrzeugen.

Teilautonome Fahrzeugfunktion wie autom. Geschwindigkeits- und Abstandsregelung, vollautomatisches Einparken oder ein Notbremsassistent sind heute bereits in Serienfahrzeugen verfügbar.

Die weltgrößten Technologiekonzerne (Google, Apple, Amazon, IBM, Facebook, Baidu, Alibaba, Uber) investieren Milliarden Euro pro Jahr in die Entwicklung von künstlicher Intelligenz und als Teilaspekt davon in die Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Auch die großen Autokonzerne forschen an dieser Stelle teils selbst, teils in Kooperation mit Zulieferbetrieben (z. B. Bosch und NVIDIA Kooperation, Siemens) und/oder Technologiekonzernen.

Die bei der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen gemachten Fortschritte sind atemberaubend und die Verbesserung der Technologie erfolgt nicht linear sondern exponentiell. Die ersten vollautonomen Fahrzeuge fahren bereits in den Vereinigten Staaten auch außerhalb von Teststrecken im öffentlichen Straßenverkehr in abgegrenzten Gebieten und sammeln so weitere Daten für das Deep Learning der sie steuernden künstlichen Intelligenz.

Selbstfahrende (autonome) Fahrzeuge sind also keine Utopie , sondern werden bereits in weitaus kürzerer Zeit breit zum Einsatz kommen als z. B. die Nutzungsdauer einer neu gebauten Tiefgarage wäre.

Die durch autonome Fahrzeuge zu erwartende Verschmelzung von ÖPNV und Individualverkehr durch einen nicht mehr fahrplangebundenen ÖPNV mit individueller Nutzung autonomer Fahrzeuge, die einfach per App gerufen werden können, stellt heutige Verkehrs- und Parkkonzepte in Frage.

Und das bei einem Zeithorizont von möglicherweise nur 5 – 10 Jahren.

Entsprechende grundsätzliche Überlegungen sollten daher auch bei der Frage einer künftigen Rathausplatz-Bebauung und der damit verbunden Verkehrs- und Parkplatzfragen mit berücksichtigt werden.


Link: Elon Musk / Tesla zum Stand der Technologie: Video/Englisch – Zu auton. Fahrzeugen ab Min. 14


Mitglieder des Runden Tisches im Sitzungssaal des neuen Rathauses


Mobilität von morgen: Theresia Bauer diskutiert mit Experten über neue Ideen für die Lösung von Verkehrsproblemen

Mobilität von morgen: Grüne diskutieren über neue Ideen zu Verkehrsproblemen Diskussionsveranstaltung am 25. Juli mit Barbara Lenz, Willi Diez und Theresia Bauer „Mobilität von morgen: sauber, vernetzt und autonom“ lautete das

BaWü Wissenschafts-Ministerin Theresia Bauer bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Verkehrspolitik am letzen Montag in Heidelberg

Thema der Diskussion von Theresia Bauer mit Prof. Dr. Barbara Lenz und Prof. Dr. Willi Diez. Trotz Dauerregen war der große Saal im Deutsch-Amerikanischen Institut gut gefüllt, was zeigt, dass dieses Thema hochaktuell ist und auf reges Interesse nicht nur bei Heidelbergerinnen und Heidelbergern stößt, sondern auch im Umland – so war z. B. auch der Grünen-Vorsitzende  und Leimener Gemeinderat Sahin Karaaslan im Auditorium.

Theresia Bauer begrüßte zunächst alle Anwesenden und läutete das Thema ein, das in Zeiten von immer neuen Skandalen aus der Autoindustrie aktueller nicht sein könnte. Deshalb sei es umso wichtiger, sich nun mit neuen Konzepten zur Lösung alter Probleme zu beschäftigen. Auch besonders in Heidelberg würde seit Jahrzehnten immer wieder über Verkehr geredet und es sei an der Zeit, hier die eingefahrenen Muster aufzubrechen: „Es gibt so viele bahnbrechende neue Ideen, aber in der Stadt wird immer wieder über den Bau von Neckarbrücken und Autobahnzubringern geredet“, so Theresia Bauer.

Prof. Dr. Willi Diez, der als Leiter des von ihm gegründeten Instituts für Automobilwirtschaft als Experte im Bereich Autonomes Fahren gelten kann, erklärte daraufhin, dass das herkömmliche Auto in der Stadt sowieso ausgedient habe und die Grenze des Machbaren längst erreicht sei. Das autonome Fahren könne hier jedoch Abhilfe schaffen: Mit selbstfahrenden Autos sei eine Verschmelzung von individuellem und öffentlichem Verkehr möglich, die zu maximaler Flexibilität und Individualität führt.

Prof. Dr. Barbara Lenz, Leitern des DLR-Instituts für Verkehrsforschung, sieht das ähnlich: „Schon immer gab es den großen Wunsch, dass der öffentliche Personennahverkehr so individuell und flexibel wie das Auto ist – jetzt ist mit dem autonomen Fahren das geeignete Instrument dafür vorhanden“.

Prof. Dr. Barbara Lenz, Leitern des DLR-Instituts für Verkehrsforschung

So wird im schwäbischen Schorndorf bereits seit letztem Jahr ein Buskonzept entwickelt, das auf Abruf überall einsatzbereit ist und die Fahrgäste an jeden gewünschten Zielort bringt. Kombiniere man dies mit selbstfahrenden Kleinbussen, könne man den Anteil des herkömmlichen Individualverkehrs deutlich verringern, so Lenz. Wichtig sei aber immer die Einbindung in den ÖPNV: „Ohne ÖPNV kommen wir im autonomen Fahren nicht weiter“, betonte Lenz, da man sonst die Autos nicht von der Straße bekomme.

Auch für Heidelberg sei das Konzept geeignet: Willi Diez ist sich sicher, das gerade konkrete und abgeschlossene Quartiere wie z.B. Campus- und Klinikareale ein ideales Testfeld wären, um die Möglichkeiten des autonomen Fahrens perfekt zu nutzen. Lenz ergänzt: „Hier sind die Kommunen gefragt, mutigen Schrittes voran zu gehen“.

Das interessierte Publikum lieferte rege Wortbeiträge, stellte dringliche Fragen an die Experten, wodurch eine leidenschaftliche und breite Diskussion Fahrt aufnahm. Dabei wurde auch immer wieder die Sorge geäußert, ob die Debatte um das autonome Auto nicht den Fokus zu Ungunsten von Fuß- und Radverkehr verschieben könnte. Theresia Bauer erklärte daraufhin, dass nur ein Mix aus verschiedenen Instrumenten die heutigen Verkehrsprobleme beheben könne: „Nur mit einem Lösungsansatz allein kriegen wir die Herausforderung nicht gelöst“.

Zum Abschluss lobte Theresia Bauer das breite und intensive Gespräch und bedankte sich beim Publikum und allen für die sehr aufschlussreiche Diskussion.

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