“Europa aus Sicht der USA“ – ehem. USA -Botschafter Scharioth zu Gast bei SPD

v.l. Prof. Gert Weisskirchen, Botschafter Klaus Schariot

(Veranstaltungs-Video <hier>)

Der Leimener SPD gelingt es immer wieder ausgesprochen namhafte, außenpolitische Referenten als Gastredner zu gewinnen. Die guten persönlichen Kontakte von Prof. Gert Weisskirchen aus dem Auswärtigen Ausschuß des Bundestages sind dabei entscheidend. Nach dem ehem. Botschafter der Bundesrepublik in Japan (Dr. Volker Stanzel – Bericht <hier>), konnte nun auch der noch bis Juni dieses Jahres in den USA als Botschafter tätige Klaus Scharioth für einen Vortrag mit anschließender Diskussion gewonnen werden. Man traf sich dazu am Freitag in den Räumlichkeiten der AWO in der Turmstraße in Leimen.

Scharioth ist einer der profundesten Kenner der USA in Deutschland und kennt das Land bereits seit seinem Studium dort vor 44 Jahren  Seit 2006 war er der Deutscher Botschafter.

Nach der Begrüßung durch den SPD Ortsvorsitzenden Hartwig Wätjen, führte Klaus Scharioth zunächst in das Thema ein und beschrieb, welche Themen die außenpolitische Sicht der USA auf Deutschland und Europa bestimmen und welchen Wandlungen dies in den letzten ca. 20 Jahren erfahren hat.

Zunächst führte er drei Hauptpunkte an, die die Sicht auf die Europäische Union definieren. Da ist zunächst ein ein gewisses Verständnis für die Deutsche und Europäische Sicht der Finanzkirche, die man ja zu Zeiten der Lehman-Pleite ebefanlls hatte. „Böse Spekulanten“ (und jetzt schummelnde Staaten und „böse Banken“) wären durch nicht-Hilfe bestraft worden.  Die Lehmann-Pleite Folgekosten von ca. 750 Mrd.-$ hätten aber gezeigt, daß dies ein Fehler war. Europa würde nicht aus dem Fehler der USA lernen und reagiere nach dem Motto „Too little  – too late“.

Auch sei man zweitens über die Umsetzung des Vertrages von Lissabon enttäuscht. Man hatte geglaubt, die bisherige traditionelle, außenpolitische Länderpolitik durch die EU-Außenbeauftragte Lady Ashton ersetzen zu können, was sich als falsch erwies, da nach wie vor keine zentral-europäische, sondern nationale Außenpolitik vorherrsche.

Positiv gesehen wird hingegen inzwischen die Europäische Sicherheit und Verteidigungspolitik. Diese ist nicht gegen die NATO gerichtet, sondern eine Stärkung des Westens. Bis 2005 war die gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik Politik Europas in den USA umstritten. Das änderte sich jedoch mit der Entsendung von Wahlbeobachtern in den Kongo. Die USA waren dankbar, daß dies von Europa übernommen wurde. Nur am ganz rechten Rand des pol. Spektrums der USA wird das noch anders gesehen. Alle anderen Player auf der politischen Bühne der USA sehen die europ. Sicherheitspolitik nicht mehr als gegen die Interessen der USA gerichtet an.

Bei der Sicht auf Deutschland seien ebenfalls drei Bereiche hervorzuheben. Zunächst gäbe es auch hier die Enttäuschung nach Lissabon und die Rückkehr der USA-Außenpolitik zu den Länderkontakten der Europäischen Hauptspieler. Deutschland wäre noch nie so stark wahrgenommen worden und wird als  DER Hauptspieler innerhalb der europ. Union angesehen. An Deutschland hänge die Zukunft des Euro. Die Entwicklung des Euro wird dabei simplifizierend einseitig nahezu ausschließlich Deutschland zugeordnet.

Zweiter Betrachtungspunkt sei die erstaunliche Entwicklung Deutschlands durch der Wirtschaftskrise. Zunächst angesehen als „kranker Mann“ mit zu viel Staatinterventionismus und  Bürokratie, wurde staunend zur Kenntnis genommen, daß hier die Rezession sehr schnell überwunden wurde. Es gibt heute weniger Arbeitslose als vor der Krise, während in den USA die Arbeitslosigkeit von 4,4 auf 9 % anstieg. Die ehemals belächelte Kurzarbeit wird nun von US-Unternehmern als interessantes Mittel angesehen und diskutiert.

Große Bewunderung herrsche auch für die Tatsache, daß es in Deutschland noch eine erhebliche Industrieproduktion gibt! Dies wurde vormals belächelt, da Wachstum nur noch vom Dienstleistungs- und Finanzsektor erwartet wurde. Die „alte“ Industrie wurde als „tot“ angesehen. Dies erwies sich jedoch als Irrtum.  Die wichtigsten Gründ für die gute Krisenbewältigung in Deutschland seien anerkanntermaßen das Instrument der Kurzarbeit, die vielen „Hidden Champions“ des Mittelstands und ein immer noch 25%iger  Anteil der Industrieproduktion am Bruttoinlandsprodukt gewesen (Zum Vergleich: USA: 13%, GB 9%). So habe Präsident Obama in seiner State-of-the-Union-Rede auch lediglich zwei Länder namentlich genannt: China und Deutschland. Deutschland wird in einigen Bereichen von den USA inzwischen als Vorbild gesehen.

Große Rolle spiele Deutschland aus der Sicht der USA auch bei der Klimapolitik und Energieumstellung. Es sei hierfür der große Experimentierkasten und Weltführer auf dem Sektor. Das Einspeisungsgesetzt wurde anfänglich mit großer Skepsis betrachtet. Heute würde jedoch anerkannt, daß es im Gegensatz zu direkten Subvention (die in anderen Ländern nicht funktioniert), erfolgreich ist. Dies wird als kreativ angesehen und findet großes Interesse. Aus der Sicht der USA entscheidet sich in Deutschland , ob es eine neue Energiepolitik gibt, ob die Nuklearenergie eine große Bedeutung behält oder ob der Atomausstieg gelingt. Deutschland steht hier im Zentrum der amerikanischen Aufmerksamkeit. Auch trage Deutschland eine Führungsrolle bei der Verhinderung des Klimawandels (Kyoto-Protokoll erfüllt!). Andere Staaten hingegen lägen weit hinter ihren Kyoto-Verpflichtungen zurück.

Nach dem Vortrag konnten noch verschiedene Aspekte der Wirtschaft-, Sozial- und Außenpolitik der USA von den Teilnehmern mit dem Referenten ausführlich über mehr als eine Stunde diskutiert werden.

Als Dank der SPD wurde am Ende der Veranstaltung von Dr. Sandner ein Weingeschenk an Klaus Scharioth überreicht, der nach eigener Aussage ein Glas (badischen) Wein durchaus zu schätzen weiß.

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