Vom Slum-Kind zum Tennisstar und jetzt als Trainer im Racket Center Nußloch

(fwu – 30.4.21)Bisher konnte man das das außerordentlich talentiert Tennis spielende äthiopische Kind und dann später den Jugendlichen Yonas Woldetsadik im Racket-Center Nußloch immer nur als Gast bewundern. Doch nun – nach einer fast zwei Jahrzehnte währenden Odyssee, die ihn aus der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba in die USA zu einem Stipendium, einem Bachelor und Master-Abschluß und zu hohen sportlichen Auszeichnungen führte, ist er als neuer Mitarbeiter im Racket-Center Nußloch angekommen.

Sein Werdegang wurde ausführlich in der Racket-Center Kundenzeitschrift RC Premium (s. u.) gewürdigt und beschrieben.

Im Racket-Center durchläuft er im Rahmen seiner weiteren Ausbildung ein Trainee-Programm, lernt vormittags Deutsch als Vorbereitung auf einen weiteren Studiengang und gibt hochkarätige Trainerstunden. Perspektivisch soll er eine Aufgabe im Management des TDKET Projektes übernehmen.


(von Tatjana Teufel – aus RC Premium 1/2021) – dort mit vielen Fotos)

Yonas Gebre Woldetsadik – Vom Slum-Kind zum College-Tennisstar, Bachelor- und Masterabsolventen!

Geschätzte 7 Millionen Einwohner, riesige Hochhäuser und endlose Staus. Addis Abeba eine afrikanische Metropole. Und dazwischen, inmitten der neuen Blume“ wie die äthiopische Hauptstadt auf Deutsch heißt, verbirgt sich die andere Seite des Landes. Hütten aus rostigen Wellblechen, altem Holz, und Plastikplanen -ganze Siedlungen und manch verwahrloste Slums. In der Regensaison von Juni bis September sind die improvisierten Behausungen fast täglich unter Wasser und verschlammt. Esel transportieren riesige Lasten, Frauen schleppen Brennholz auf dem Rücken, Kinder balancieren schwere Trinkwasserbehälter auf dem Kopf. Der Müll liegt direkt vor der Hütte auf dem Boden. Hier in Äthiopien – noch immer eines der ärmsten Länder der Welt – lebt Yonas mit seinen Eltern und drei Geschwistern.

Yonas Geschichte beginnt mit einer überraschenden Einladung zu einem Tennistraining im ,,Greek Club“. Zum ersten Mal in seinem sechsjährigen Leben bekommt Yonas ein richtiges Restaurant und eine Dusche mit fließendwarmem Wasser zu sehen. Tariku Tesfaye, der Initiator dieses Sichtungstrainings und Gründer des TDKET Projektes muss Yonas auf der Clubanlage zeigen, wie Toiletten benutzt werden. Als Yonas daraufhin unter den prüfenden Blicken von Tariku und seinem Bruder Desta seine ersten Übungen mit Ball und Schläger absolviert, weiß er noch nicht, welche Rolle der Tennissport für den weiteren Verlauf seines Lebens spielen wird. Seine Geschicklichkeit und seine Euphorie für diesen für ihn seltsam anmutenden Sport sind ihm jedoch direkt anzusehen. Nach weiteren Einladungen und Trainings zahlt sich Yonas Einsatz aus: Er ist eines der 12 Kinder, die am Projekt teilnehmen dürfen!

Was Yonas von diesem Tag an leistet, ist für Gleichaltrige in Deutschland vermutlich unvorstellbar: Nach dem ersten Tennistraining um 6 Uhr morgens geht es direkt in die Schule und von dort zurück zum Greek Club. Dort werden Hausaufgaben erledigt. Wann immer sich eine Lücke im vollen Belegungsplan findet, gehen die Kinder auf den Platz und spielen Tennis – und das an jedem Tag. Der wichtigste Aspekt dabei: Eine Mahlzeit für ihn und seine Trainingskameraden, finanziert von der Schülerhilfe des Friedrich Ebert Gymnasiums Sandhausen.

Nur drei Jahre nachdem Yonas das erste Mal einen Tennisschläger in der Hand gehalten hat, gewinnt er das berühmte Hilton-Youth-Turnier im Hilton Hotel, an dem ausschließlich Kinder aus privilegierten Kreisen teilnehmen. Eine Sensation! Mit diesem Sieg, der der Anfang seiner Karriere werden sollte, gewinnt Yonas mehr als nur das Turnier: Er erlangt Respekt und Empathie und rückt, ohne es zu wollen, in den Fokus der kleinen äthiopischen Tennisszene.

Zusätzlich zu dem Leistungsdruck im Tennis und in der Schule, muss der 11-Jährige zuhause schwere Verluste hinnehmen: Die Behörden entfernen im Zuge der Stadtentwicklung illegale Siedlungen – und somit auch Yonas Hütte. Von einer alternativen Unterbringungs-Möglichkeit ist keine Rede. Er wird vom Slum- zum Straßenkind – für einen Tag.

Tariku, längst mehr als nur Tennistrainer und Projektleiter, kümmert sich. Irgendwo ein paar hundert Meter weiter findet sich eine Bleibe. Kanalisation und Wasser gibt es nicht. Immerhin ist die Unterkunft legal und hat einen Stromanschluss. Hier, auf 3 mal 3 Metern lebt Yonas, das größte Tennistalent des Landes, mit seinem Vater, der seit zwei Jahren krank ist und im Bett liegt. Geld für eine ärztliche Versorgung hat die Familie nicht.

Während die meisten Kinder in Deutschland aus Freude und dem Streben nach persönlichem Erfolg Tennis spielen, sind Yonas und seine Familie auf das wenige Geld, das er bei Turniersiegen gewinnt, angewiesen. „In dem Umfeld, in dem ich mich befand, hatten die Menschen nicht viel. Sie lebten nur, um zu überleben. Aber ich wollte mehr. Ich wollte in der Lage sein, für meine Familie zu sorgen und etwas zu verändern. Das trieb mich dazu, nach mehr zu streben und härter zu arbeiten als je zuvor.“ Yonas hat einen Traum, für den er lebt. Auf die Frage, was Tennis für ihn bedeutet, antwortet Yonas: „Für mich ist Tennis mein Leben“

Yonas merkt früh, dass der Traum, vom Tennissport sein Dasein zu bestreiten, in Äthiopien unter den gegebenen Umständen nicht möglich ist. Daher konzentriert er sich darauf, durch seine schulischen und sportlichen Leistungen ein Stipendium zu bekommen. Dafür büffelt er über seinen Schulaufgaben bei Kerzenlicht und zwischen Hühnern bis in die Nacht hinein. Er will die private Schule, welche ihm durch Spenden ermöglicht wurde und in der er auf Englisch unterrichtet wird, erfolgreich abschließen! Der unglaubliche Einsatz und Wille des jungen Tennisspielers zahlt sich aus:

Er wird am Ende als Jahrgangsbester „The most outstanding student of the class“ ausgezeichnet!

Die Belohnung: das heiß ersehnte Tennis-Stipendium in den USA.

2013 startet das Abenteuer Bachelorstudium am Lewis-Clark College in Lewiston / Idaho. Als Yonas die Kinder des TDKET Projektes verlässt, laufen vielen jungen Tennistalenten die Tränen runter. Die Kinder sehen in Yonas ein Idol und träumen davon, einmal genauso erfolgreich zu sein wie er.

Diese Szene ist nur eine von vielen, in der Yonas sein großes Herz zeigt: Yonas nimmt die Kinder in den Arm, tröstet sie und verspricht ihnen, wieder zu kommen. Aber nicht nur von den Kindern, auch von seiner Familie muss Yonas sich verabschieden. Damals kann er nicht wissen, dass dies die letzte Begegnung mit seinem Vater war. Als er nach Jahren zum ersten Mal zurück zu seiner Familie reist, war sein Vater zwei Wochen zuvor verstorben.

24 Stunden dauern die Free von Addis Abeba Uber Washington DC nach Seattle. Dann noch mal über 300 Kilometer mit dem Auto nach Lewiston, Yonas ist eine Weltreise von seinem Zuhause entfernt und beginnt ein neues Leben. Den schweren Abschied und dem Kopfzerbrechen über seine lebensverändernde Entscheidung, sein Studium zehntausende Kilometer weit weg von seiner Heimat zu absolvieren, stehen glorreiche Aussichten gegenüber, ein eigenes Bett, jeden Tag genügend Nahrung, ausreichend frische Kleidung und permanenten Zugang zu Büchern.

Was für uns Standardbedingungen sind kennt Yonas bis dato nur aus Erzählungen. Auch in seinem gänzlich neuen Umfeld am Lewis Clark College geht Yonas Erfolgsgeschichte weitere Im zweiten Studienjahr 2016 verhilft er seiner Mannschaft nicht nur zur ersten Teilnahme an dem nationalen Turnier seit drei Jahren, sondern verdient sich auch durch seine im schulischen und sportlichen Sinne herausragenden Leistungen die Auszeichnung „All-American“ – Den Höhepunkt seines Studiums! Diese Auszeichnung erhalten herausragende junge Talente, die von den Medien als die besten Spielen einer bestimmten Sportart in der jeweiligen Saison gewählt werden. Damit ist er der erste Lewis Cark State Men’s Tennisspieler seit 2007 der eine All-American Auszeichnung gewinnt.

Und damit nicht genug. Ein Jahr später die Sensation. Yonas erhält den „Arthur Ashe Leadership and Sportsmanship Award“. Seit 1982 wird studentischen Sportlern und Sportlerinnen diese Auszeichnung verliehen. Sie ist das Vermächtnis der Tennisikone Arthur Asher und wird in seinem Andenken für herausragende schulische sportliche und soziale Erfolge rund um das Engagement als College Tennisspieler verliehen. Die ITA Intercollegiate Tennis Association ehrt einen Spieler und eine Spielerin aus jeder ihrer 12 Regionen bevor sie einen Gewinner oder eine Gewinnerin des nationnalen Preises auswählt. Bei dieser Ehre die Yonas in diesem Jahr zuteil wird, gerät sein erfolgreich abgeschlossener Bachelor fast in den Hintergrund.

Erst vor kurzem dann die aktuellste Erfolgsmeldung: Yonas wird ins LC State Men’s Tennis All-Decade Team, also das Tennisteam des Jahrzehnts, gewählt. Innerhalb dieses Teams wird er – Yonas Gebre aus einer klammen Blechhütte am Rande einer Müllkippe – 2020 zum „Most Valuable Player of the Decade“ (Wertvollster Spieler des Jahrzehnts“) ausgezeichnet. Als ihn die Nachricht erreicht, hat er den USA bereits den Rücken gekehrt. Zurück in Addis Abeba tankt er Kraft für die nächsten Schritte auf seinem eindrucksvollen Lebensweg.

Yonas Geschichte macht deutlich, was mit Leistungswillen, Durchhaltevermögen, Erfolgsstreben und hilfsbereiten Menschen alles möglich ist. Dass er auch nach diesen unglaublichen Erfolgen im Tennis und dem akademischen Abschluss nicht aufhört, und noch einen zweijährigen Master am West Virginia Wesleyan College (MBA)  absolviert, zeigt die Kraft, die in dem Tennisbildungsprojekt der TDKET steckt – und in diesem Jungen Mann.

Auf die Frage, wie er zu den zahlreichen Auszeichnungen steht, antwortet Yonas: Nicht nur ihm selbst, vor allem für die vielen Förderer in all diesen Jahren, bedeuten ihm diese Erfolge viel. „Meine Geschichte zeigt, dass jeder mit Einsatz, Glaube und der Unterstützung entgegenkommender Menschen etwas erreichen kann. Auch für die Zukunft hat Yonas große Ziele: Er möchte das TDKET Projekt unterstützen, um mehr Kindern den Weg, den er gegangen ist, zu ermöglichen. Seinem Mentor und den Menschen des Projekts und seines Landes wird er zeitlebens verbunden sein…

Yonas, wir sind stolz auf dich und wünschen dir auf deinem Weg weiterhin viel Erfolg!

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