Geschichte zum Leben erweckt:
Mit dem Nachtwächter durch St. Ilgen

(fwu – 22.10.24) Am Abend des 19. Oktober 2024 versammelten sich die Bewohner von St. Ilgen zu einer besonderen Veranstaltung, die in Erinnerung bleiben wird: Die traditionelle Nachtwächterwanderung, organisiert vom Stadtteilverein. Unter dem Motto „Wenn’s in Dilje leidä dut“ (Wenn es in St. Ilgen läutet) führte Nachtwächter Jürgen Steinbächer eine neugierige Gruppe von rund 100 Teilnehmern durch die nächtlichen Straßen, vorbei an historischen Stätten, begleitet von Musik, Geschichten und lebhaften Erzählungen.

Der Startpunkt der Wanderung war der Karoline-Röth-Platz, wo die Vorsitzende des Stadtteilvereins, Helga Bender, die Gäste im Namen des Organisationsteams, bestehend aus Annette Ebinger, Birgit Stumpf, Gabriele Zinke und Angela Weisgerber, herzlich begrüßte. Der historische Rahmen der Wanderung wurde durch die Begleitung des stadtbekannten Troubadours, Organisten  und Akkordeonspielers Rudi Sailer verstärkt, der mit seinem Akkordeon Lieder wie „Ein Jäger aus Kurpfalz“ und „Der Mond ist aufgegangen“ spielte. Diese stimmungsvolle musikalische Untermalung verlieh dem Abend eine ganz besondere Atmosphäre.

Station 1: Elly Weißbrod und der erste Kindergarten in St. Ilgen

Die erste Station der Führung führte die Gruppe in die Weberstraße zu Elly Weißbrod, die gemeinsam mit ihrem Sohn Harald die Geschichte ihrer Uroma Karoline Röth erzählte. Karoline Röth war eine außergewöhnliche Frau, die 1871 den ersten Kindergarten in St. Ilgen in ihrem Haus eröffnete.

In diesem Kindergarten betreute sie Kinder vom Säuglingsalter bis zum Ende der Schulzeit – eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass Stoffwindeln anstelle von Wegwerfwindeln verwendet wurden, was die Betreuung besonders fordernd machte. Rund 40 Jahre leitete Röth den Kindergarten, bevor sie die Leitung der Industrieschule übernahm, die sich direkt gegenüber, in der Weberstraße 18, befand.

 


Station 2: Friedrichsplatz und die Geschichte der Industrieschule

Am Friedrichsplatz, gegenüber der ehemaligen Industrieschule, trat Angela Weisgerber als Rednerin auf. Sie erläuterte die Bedeutung der Industrieschule, die zwar keinen nachhaltigen Erfolg hatte, aber darauf abzielte, Jungen und Mädchen auf das Berufsleben vorzubereiten. Zu jener Zeit war es üblich, dass Kinder bereits früh auf dem Feld oder in der Hausarbeit mit anpacken mussten, um die Familie zu unterstützen.

Die Ausbildung in der Industrieschule spiegelte diese Bedürfnisse wider, indem sie sowohl theoretische als auch praktische Fähigkeiten vermittelte. Mädchen lernten Handarbeiten und Kochen, während Jungen handwerkliche Fähigkeiten erwarben. Das Ziel war es, die Kinder zu fleißigen und gottgefälligen Bürgern zu formen.

Station 3: Geschwister-Scholl-Schule – ein modernes Bildungskonzept

Die nächste Station führte die Teilnehmer in die Geschwister-Scholl-Schule, wo Konrektor Heiko Hecker einen Einblick in die heutige Schulsituation gab. Die Schule hat sich zu einer modernen Gemeinschaftsschule entwickelt, die Bildung auf drei Niveaustufen (Grund-, Mittel- und Erweiterungskurs) anbietet. Über 700 Schülerinnen und Schüler besuchen derzeit die Schule, die eine umfassende Betreuung von der ersten bis zur zehnten Klasse gewährleistet. Herr Hecker führte Interessierte aus der Gruppe durch den Neubau, in dem die Teilnehmer die moderne Lernumgebung besichtigen konnten, bevor es weiter zur nächsten Station ging.

Station 4: Katholische Kirche St. Aegidius – Die Keimzelle von St. Ilgen

Die beeindruckende St.-Aegidius-Kirche war die vierte Station der Wanderung. Berno Müller, der die Gäste im Namen von Pfarrer Arul Lourdu begrüßte, brachte den Teilnehmern die fast 850-jährige Geschichte der Kirche näher. Sie ist das älteste Gebäude des Ortes und vereint in seiner Architektur verschiedene Stile von der Romanik über die Gotik bis hin zur Moderne.

Müller ging auch auf das berühmte romanische Portal ein, das Christus als den Herrscher über die Welt darstellt. Diese Kirche, so Müller, sei die Keimzelle des heutigen St. Ilgen, da sich um die Propstei und die Mönche, die das Sumpfgebiet urbar machten, die ersten Bauern ansiedelten.

Station 5: Abschluss im Maximilian-Kolbe-Haus

Der Abend endete im Maximilian-Kolbe-Haus, wo Dr. Karl-Peter Herb die Gäste mit einer Präsentation historischer Bilder von St. Ilgen begeisterte. Bei Leberwurst- und Presskopfbrot hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, die Geschichte ihres Stadtteils noch einmal Revue passieren zu lassen. Dr. Herb stellte außerdem den zweiten Kalender „So war’s in Dilje“ vor, der im Anschluss zum Verkauf angeboten wurde.

Ein gelungener Abend voller Geschichte und Gemeinschaft

Die Nachtwächterwanderung bot den Teilnehmern nicht nur einen tiefen Einblick in die Geschichte von St. Ilgen, sondern förderte auch das Gemeinschaftsgefühl der St. Ilgener. Dank des hervorragenden Organisationsteams und der vielen engagierten Redner wurde die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg. Besonders die musikalischen Einlagen von Rudi Sailer, der auch auf der Orgel in der St.-Aegidius-Kirche spielte, verliehen dem Abend eine besonders stimmungsvolle Note.


Die diesem Bericht zugrunde liegenden Informationen wurden von Angela Weisgerber zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

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