Schnelles Internet im Rhein-Neckar-Kreis – Projekt „Fibernet.RNK“ startet

In Südkorea verfügen bereits 80% der Bewohner über schnelles Internet und mit „schnell“ ist dabei nicht Schnecken-DSL über Koaxkabel gemeint, sondern wirklich SCHNELLES Internet. Leider ist Deutschland bei der erforderlichen Glasfasertechnik noch weitgehend Entwicklungsland, was die Verbreitung betrifft. Aber die regionale Politik (Kreistag) will mit dem Projekt „Fibernet.RNK“ Abhilfe schaffen, wie Landrat Dallinger erläuterte:

Aus dem Bericht: Landrat Stefan Dallinger zieht Halbzeitbilanz

2062 - Dallinger„Ein wirklich leistungsfähiger Breitbandanschluss, also schnelles Internet, ist für Städte und Gemeinden im Kreis heute ein echter Standortfaktor“, erläutert Dallinger, „vor allem für den führenden IT-Standort in Deutschland.“ Beschlossen hat der Kreistag das im Juli 2013 gestartete landesweite Modellprojekt fibernet.rnk für ein flächendeckendes Glasfasernetz am 1. April 2014. Zuvor war von einem Lenkungsausschuss, in dem auch die Gemeinden und das Land als Fördermittelgeber vertreten waren, und einem Projektteam in den letzten Monaten eine Mammutaufgabe zu bewältigen: Über 1.500 Seiten Dokumentation und weit mehr als achtzig Pläne, die im Detail die Machbarkeit einer flächendeckenden Glasfaserversorgung im Rhein-Neckar-Kreis beleuchten. Nun sind rund 300 Kilometer Trassen in 24 einzelnen Abschnitten geplant. Erfreulich ist, dass 200 Kilometer der notwendigen Trassen bereits existieren und hier kein Tiefbau notwendig ist. So kann dieses Netz im Vergleich sehr kostengünstig für rund 12,4 Millionen Euro errichtet werden. Diese Kosten sollen solidarisch über die Kreisumlage, in Aussicht gestellte Fördermittel des Landes sowie eine Kreditaufnahme finanziert werden. Damit haben die 54 Städte und Gemeinden die Möglichkeit, ausgehend von den Anschlusspunkten, den Ausbau zu den Gewerbebetrieben und den Haushalten voranzutreiben. Die Entscheidung, ob und wie vor Ort ausgebaut wird, liegt in den Händen der Gemeinde- und Stadträte. Unterstützung erhalten die Kommunen dabei vom Teilprojektteam der Hochschule Furtwangen. Dieses entwickelte im Rahmen des Projektes eine innovative Ausbaustrategie, die einen Zeitplan, die Kosten und eine technologische Empfehlung beinhaltet. Aufgrund des stetig wachsenden Datenhungers empfiehlt das Team, den kompletten Rhein-Neckar-Kreis schrittweise bis zum Jahr 2030 mit Glasfaseranschlüssen in die Gebäude (FTTB) auszubauen. Dabei ist es wichtig, jetzt mit dem Ausbau zu beginnen, denn durch die Mitverlegung bei Tiefbauarbeiten können bis zu 80 Prozent der Ausbaukosten eingespart werden. Und die Kosten sind gewaltig. Rund 250 Millionen Euro sind zu investieren, wenn flächendeckend alle 240.000 Gebäude im Rhein-Neckar-Kreis umgehend angeschlossen würden. Die Finanzierung könnte über einen Zweckverband erfolgen.

Stellungnahme im Kreistag – Ralf Frühwirt, B90 / Grüne:

Ralf Frühwirt, Fraktionsvorsitzender GALL

Ralf Frühwirt, Fraktionsvorsitzender B90/Grüne im Kreistag

„Eine wichtige Entscheidung für die Zukunft des Rhein-Neckar Kreises wurde bei der letzten Kreistagssitzung zum Thema fibernet getroffen.

Wir leben im Zeitalter der Informationsgesellschaft. So gut wie alle unsere Lebensbereiche sind mit Informations- und Kommunikationstechnologien durchdrungen und die digitalen Infrastrukturen werden als das Nervensystem unserer Informationsgesellschaft bezeichnet.

Um unseren Wirtschafts-Standort in Deutschland für die Zukunft zu sichern und weiterzuentwickeln brauchen wir als Grundvoraussetzung eine flächendeckende, zuverlässige IT-Infrastruktur.

Vergleiche mit anderen Ländern zeigen, dass in Deutschland noch einige Anstrengungen notwendig sein werden, um im Wettbewerb mit schnellerer Informationstechnologie bestehen zu können. So sind 5% der niederländischen Haushalte mit superschnellen Glasfaseranschlüssen versehen, 14% der russischen, 23% der schwedischen , 50% der japanischen und 70% der südkoreanischen Haushalte, dagegen haben in Deutschland weniger als 1% der Haushalte einen superschnellen Glasfaseranschluss.

Bei uns in Deutschland ist durch die Privatisierung des Telekommunikationsmarktes eine Situation entstanden, dass die am Markt agierenden Unternehmen nur dort investieren, wo sich kurz- und mittelfristig gute Renditen erzielen lassen. Die Studie des Kreises spricht zu Recht von „Marktversagen“, weshalb Land und Kreis sich nun engagieren.

Das strategische Ziel des Kreises, die Breitbandinfrastruktur zu verbessern, ist identisch mit dem langfristigen politischen Ziel des Landes Baden-Württemberg, die flächendeckende Verfügbarkeit der FTTB „Fibernet to the building“ Technologie zu gewährleisten.

So wurde bereits die von der Stabstelle Wirtschaftsförderung und Europa entwickelte Machbarkeits- und Planungsstudie mit 50% der Kosten gefördert.

Insgesamt werden zur Anbindung aller 54 Kommunen (mit mind. Zwei Übergabepunkten an das schnelle Glasfasernetz) insgesamt 300 km Basisnetz- die sog. Backbonetrassen – zu realisieren sein. Die hierfür anfallenden Finanzierungskosten für den Kreis werden in Höhe von 14 Mio€ beziffert denen 3,3 Mio € Fördermittel durch das Land BW gegenüberstehen.

Die Basisnetze in den Kommunen werden dann wesentlich länger und teurer, aber jede Kommune entscheidet selbst in welchem Tempo die eigenen Netze ausgebaut werden. Aber keine Kommune wird es sich leisten können diese Aufgabe zu vernachlässigen.

Stellungnahme im Kreistag – Joachim Buchholz, www.dielinke-rhein-neckar.de

Joachim Buchholz, DIE LINKE Leimen

Joachim Buchholz, DIE LINKE

„Gestatten Sie mir, dass ich mit einem neuen, modernen Märchen beginne: Es war einmal ein großes Telekommunikationsunternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hatte, überall in Deutschland zukunftsweisend und flächendeckend die Bevölkerung mit schnellem Internet zu versorgen. Dazu plante es in ganz Deutschland hochmoderne Glasfasernetze zu verlegen, um allen Bürgerinnen und Bürgern, Gewerbebetrieben, Körperschaften und öffentlichen Verwaltungen den schnellen Zugang zum Internet zu ermöglichen. Für das Unternehmen war das natürlich nur ein Klacks – denn schließlich war das Unternehmen mal staatlich, doch „dank“ unserer Regierung ist es jetzt privatisiert. Denn es sei ja bekannt, dass die Privaten angeblich alles besser können – sei es auf dem Energiesektor von Strom und Gas oder anderswo, kurzum überall – und das ganz uneigennützig. Damit endet mein Märchen, denn die Realität sieht nämlich völlig anders aus: Die Kreistagsvorlage spricht sehr deutlich vom partiellen Marktversagen, weil die Unternehmen nur bei kurz- oder mittelfristig zu erzielenden Renditen investieren – auf gut Deutsch: Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren. Soll doch die Allgemeinheit die Investitionskosten tragen, danach übernehmen die Privaten nach Möglichkeit noch für einen Spottpreis die fertigen Netze. Doch dazu soll es natürlich nicht kommen.

Unsere Kreistagsgruppe begrüßt ausdrücklich den Abschlussbericht des Projekts fibernet.rnk und das weitere diesbezügliche Vorgehen.

Schnelles Internet gilt heutzutage als Standortvorteil. Die Bundesrepublik ist – was das Internet betrifft – um mit den Worten der Kanzlerin zu sprechen, nicht nur Neuland – sondern sogar Entwicklungsland. Wir rangieren diesbezüglich weltweit an den hintersten Plätzen. Da gilt es so schnell wie möglich aufzuholen, zumal diese Technik erst am Anfang steht. In Deutschland sind unsere derzeitigen Kupferkoaxial-Breitbandkabel, die in den 80-iger Jahren noch von der staatlichen deutschen Post verlegt wurden, ausgereizt. Damit lassen sich auf Dauer und für viele Nutzer keine schnellen Internetverbindungen mit großem Datenumfang generieren bzw. transportieren. Hier ist Glasfasertechnik gefragt – der Name fibernet.rnk kommt nicht von ungefähr, sondern leitet sich von Fiberglas (wird auch beim Stabhochsprung verwendet) ab. Mit dieser Technik kann man sehr große Datenmengen mit Lichtgeschwindigkeit auf die Reise schicken.

Es ist bekannt, dass DIE LINKE uneingeschränkt dafür eintritt, dass die Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand gehört. Hierzu zählen wir auch die Fiber-Glas-Breitband-Verkabelung. Durch den Ausbau der Netze – möglichst, wie auch bei den Stromnetzen wünschenswert, in kommunaler Hoheit und in Kombination mit starkem bürgerschaftlichen Engagement und öffentlicher Kontrolle – ergibt sich für alle Bürgerinnen und Bürger eine Win-win-Situation. Auch hinsichtlich der Kostensituation sind die Auswirkungen auf den Kreishaushalt mit jeweils 2 Mio. EUR in den Jahren 2015 und 2016 sowie mit 1 Mio. EUR im Jahr 2017 mehr als vertretbar. Das in das Projekt investierte Geld ist gut angelegt und dient der Zukunftssicherung. Die LINKE stimmt ausdrücklich zu.“

 

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