Haushaltsreden 2025 – GALL-Fraktion, Ralf Frühwirt

Ralf Frühwirt

(pm – 7.1.25) Jedes Mal wenn man vor der Aufgabe steht eine Haushaltsrede zu schreiben, überlegt man sich, wie man einsteigt. Vielleicht liest man einen tiefschürfenden Text und zitiert einen weisen Menschen. Weshalb man zu Beginn einer solchen Rede öfters von Sokrates, Rousseau oder Benjamin Franklin hört.

Für meine Haushaltsrede zum Kreistag habe ich das auch getan und mir meine Rede vom letzten Jahr noch einmal durchgelesen und mich selbst zitiert. Auch wenn ich mich nicht mit den drei Berühmtheiten vergleichen will, hat das gut funktioniert, und so habe ich auch im Vorfeld dieser Rede diejenige vom letzten Jahr wieder hervor gekramt.

Damals stieg ich mit einem Zitat vom früheren Oberbürgermeister Rommel ein, das bis vor kurzem im Treppenhaus dieses Gebäudes stand. Sie erinnern sich: „Ist der Weg auch falsch und steinig, Hauptsache ist wir sind uns einig.“ Ich weiß nicht ob der Spruch ein treffender Kommentar auf die Entscheidungsfindung bei der Stadt Leimen war, oder ob sich viele wenn sie daran Richtung Ratssaal oder Verwaltungsbüros vorbei kamen ein Beispiel nahmen. Fakt ist aber, dass er durchaus die Politik der letzten Jahrzehnte in Leimen wider spiegelt.


Die Haushaltsreden aller Fraktionen im Überblick (in alphabetischer Reihenfolge).


So wurden denn in den letzten vierzig Jahren viele falsche Entscheidungen getroffen, die immer wieder mit dem Ruf nach Einigkeit einher gingen. Einigkeit liebe Kolleg*innen ist kein demokratischer Wert. Demokratische Gesellschaften waren und sind dann erfolgreich wenn man aus dem Strauß unterschiedlicher Meinungen die beste Lösung findet. Die beste Lösung ist auch nicht unbedingt die Lösung die die augenblickliche Mehrheit in einem Parlament oder einem Rat
hat. Deshalb entspricht es auch nicht demokratischen Gepflogenheiten, wenn man von der Minderheit verlangt, nach einer Entscheidung ihre Meinung aufzugeben. Dann steuert man irgendwann auf Zustände wie in der Duma oder dem chinesischen Volkskongress zu, wo sich die Herrschenden vor einer Sitzung ihre Mehrheit suchen und sich Menschen mit abweichender Meinung schon gar nicht mehr zu Wort melden. Das ist bequem für die Herrschenden, denn in
diesem Zustand braucht man dann gar keine Argumente mehr um eine Entscheidung zu rechtfertigen.

Zum Glück sind wir in Leimen von solchen Zuständen noch weit entfernt, auch wenn man die Sprüche, dass man sich doch jetzt mit einer Entscheidung anfreunden muss und sie nicht mehr kritisieren darf hier auch schon gehört hat. Falsche Entscheidungen, vor allem wenn sie den Weg unserer Stadt steinig machen müssen kritisiert werden und sei es nur, um solche Entscheidungen in der Zukunft zu verhindern.

Denn so Wahnsinnig sind wir wohl nicht, dass wir immer wieder das Gleiche tun und trotzdem andere Ergebnisse erwarten. Dieses Zitat, das Albert Einstein zugeschrieben wird, hat den Rommel-Spruch mittlerweile abgelöst, und uns gefällt das wesentlich besser, denn es ermahnt uns immer wieder unser eigenes Tun zu reflektieren und auch selbst in Frage zu stellen, statt auf einer einmal getroffenen Entscheidung für alle Ewigkeit zu beharren. Wenn eine solche Haltung Einzug in die Leimener Kommunalpolitik hält, wäre das sicher ein Fortschritt.

Auf jeden Fall darf man an dieser Stelle einen Dank an John Ehret für diesen kleinen Anstoß sagen. Er hat nun mit dem Haushalt 2025 seinen ersten Entwurf vorgelegt und die Tatsache, das wir ihn (den Haushalt) heute schon verabschieden ist auch bemerkenswert. In einem besonderen Jahr, in dem sowohl der Oberbürgermeister als auch der Gemeinderat neu gewählt wurden, und sich alles zunächst einmal finden musste, ist das nicht selbstverständlich. Der Haushalt für 2024 wurde erst im Januar verabschiedet, obwohl es 2023 keine Kommunalwahlen gab und ein eingespieltes Team am Werk war. Wir halten das für ein gutes Zeichen.

Wir nehmen auch in anderer Hinsicht deutliche Unterschiede zwischen John Ehret und seinem Vorgänger wahr. Diesen hatten wir immer wieder durch seine gesamte Amtsperiode für seine Lust das Geld der Steuerzahler*innen und natürlich der Banken, mit vollen Händen auszugeben. Er wollte die Braut Leimen schmücken, so drückte er sich im ersten Jahr aus. Mal ganz abgesehen von der patriarchalen Haltung des Spruches, löste er in mir das Bild von billigem Tinnef
aus, das den Mangel an Substanz verschleiern sollte. Auch wenn es heute noch zu früh ist, sich schon ein Gesamtbild von John Ehret als Leimener OB zu machen, zumindest kann man schon fest halten, dass er mit solchen Sprüchen nicht aufgefallen ist. Auch an einzelnen kleinen Entscheidungen merkt man, dass die Herangehensweise an die Frage, wie man mit dem Geld der Steuerzahler*innen umgeht doch eine andere ist. Auch wenn man weiß, dass er gerne feiert, hat er
die Weinprobe im Rahmen der Weinkerwe gestrichen, die sein Vorgänger eingeführt hat, um es sich im Rahmen geladener Gäste gut gehen zu lassen.

Das ist schon einmal positiv, aber spiegelt sich diese geänderte Haltung auch in dem uns vorliegenden Haushaltsentwurf wieder? Sicher nicht zu 100%, denn viele Dinge lassen sich nicht in ein paar wenigen Monaten verändern und viele der Baumaßnahmen, die zu den wesentlichen Investitionen gehören sind schon angelaufen und ziehen sich über mehrere Jahre, und manches ist einfach unausweichlich. Auf jeden Fall wird die GALL auch in der Zukunft ein scharfes Auge darauf haben, dass wir nicht wieder in die laissez-faire Haltung von Hans Reinwald mit seiner „Was kostet die Welt“-Attitüde zurück fallen.

Ich habe vorhin lobend erwähnt, dass wir heute schon den Haushalt verabschieden. Das ist allerdings auch darauf zurück zu führen, dass es nicht viel zu verteilen gab. Große kostenträchtige Anträge der Fraktionen bleiben also entsprechend aus, damit deren Befassung und Beschlussfassung und dem Einarbeiten in den Haushalt. So haben wir uns in den Vorberatungen vor allem damit befasst die Defizite und die zunehmende Verschuldung möglichst gering zu halten.

Immerhin haben wir damit die Neuverschuldung von 6 Mio. € bei der Einbringung des Entwurfs jetzt auf 4 Mio. € herunter gebracht. Das ist schon einmal etwas, aber bei einer Gesamtverschuldung der Stadt mit den Eigenbetrieben, die sich in diesem Jahr den 100 Mio. € nähert, ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Eine solche Schuldensumme ist für eine Stadt in der Größe von Leimen auf die Dauer nicht tragbar, und wir erwarten von unserem neuen OB, dass er in Zusammenspiel mit dem Gemeinderat Leimen von einem der hinteren Plätze bei der pro Kopf Verschuldung von Kommunen in unserer Größe weg holt.

Natürlich liegt das finanzielle Wohl unserer Stadt nicht alleine in unserer Hand. Gerade dieses Jahr haben wir das sehr deutlich zu spüren bekommen. Der Kreis hat seine Umlage zum ersten Mal seit vielen Jahren deutlich erhöht. Von 27,5 Punkten ging es zunächst auf 32,75 Punkte nach oben, ehe die Verwaltungsspitze dann wieder auf 31,25 Punkte herunter gehandelt wurde. Diese Steigerung von fast 4% Punkten hat für heulen und Zähneklappern bei den Bürgermeistern
im Kreistag geführt. Dabei können sich die Kommunen des Rhein-Neckar Kreises eigentlich glücklich schätzen in diesem Kreis beheimatet zu sein. Wir haben seit Jahrzehnten eine der geringsten Kreisumlagehebesätze in ganz Baden-Württemberg. Das bedeutet, dass hier die Kommunen von jedem eingenommenen Euro mehr selbst behalten können als in den meisten anderen Kreisen.

Die Tatsache, dass der Kreis in absoluten Zahlen einen drastischen Sprung nach oben macht, hat damit zu tun, dass das Basisjahr der Berechnung 2023 ist, in dem die Steuern für die Kommunen ordentlich sprudelten. Dass das zwei Jahre später zu mehr Umlagen führen würde, wussten auch die Kommunen, aber statt sich darauf vorzubereiten hat man das Geld lieber schnell ausgegeben, und drückt jetzt auf die Tränendrüse. Und für alle, die nicht im Kreistag sitzen: die 1,5 Punkte, auf die der Kreis im nächsten Jahr verzichtet, werden wir in 2026 zu spüren bekommen. Dann wir der Hebesatz wohl über 35 Punkte gehen, und der Spielraum nach unten wird noch geringer sein. Auch darauf sollten wir uns vorbereiten.

Das bedeutet auch, dass wir uns uns und der Bevölkerung gegenüber ehrlich machen und deutlich sagen, dass wir uns nicht mehr alles werden leisten können, dass wir Prioritäten setzen müssen und auf manches Wünschenswerte zumindest für eine Zeit verzichten müssen. An dieser Stelle muss ich noch ein letztes Mal auf unseren alten OB zurück kommen, denn er hat diese Setzung von Prioritäten vermieden, was uns auch in diese finanziell kritische Situation geführt hat. Er hat lieber jedem alles versprochen, um Ärger zu vermeiden.

Ganz besonders deutlich wurde das bei der Bebauung der Innenstadt. Er wollte eine Lösung für das Stadthaus und eine Tiefgarage unter dem Schulhof. Als er festgestellt hat, dass die Turmschule und die entsprechenden Eltern über die Pläne nicht wirklich glücklich waren und auch eigene Ansprüche anmeldeten, machte er aus der Tiefgarage ein Parkdeck und erfand den Treffpunkt, ohne irgendwie deutlich zu machen, wie das alles zu bezahlen wäre. John Ehret hat im Wahlkampf versprochen noch einmal einen kritischen Blick auf den Treffpunkt zu werfen. Er hat damit Wort gehalten und mittlerweile ergibt sich ein deutlicheres Bild von dem was alles auf uns zu kommt. Fest steht für uns, wenn wir mit der Tiefgarage/dem Parkdeck anfangen wird es für den Erweiterungsbau der Turmschule oder für einen schönen Rathausplatz in absehbarer Zeit nicht reichen, ganz zu schweigen von einer dauerhaften Lösung für die Musikschule oder gar für ein angemessenes Zuhause für die Stadtbücherei.

Liebe Kolleg*innen, wir müssen Prioritäten setzten. Für die GALL bestehen sie darin möglichst schnell einen attraktiven Schulhof zu bauen und den Stadtkern fertig zu stellen. Nach der bisherigen desaströsen Suche nach einem Investor, bedeutet das für uns das Stadthaus als Erweiterungsbau der Turmschule selbst zu bauen, am besten als flexibles Kombigebäude in dem auch die Musikschule und die Stadtbücherei unter kommen können. Das hätte für alle Nutzungen Synergieeffekte, würde den Stadtkern beleben und wir hätten den Zeitplan und die Gestaltung in unseren Händen. Leider sind wir bei der Entscheidungsfindung für die Innenstadt noch nicht zu einem Ergebnis gekommen, weshalb der Haushalt noch immer die aktuellen Pläne wider gibt, mit einer Tiefgarage und ohne eine Perspektive für die Musikschule.

Ich weiß, dass die Verwaltungschefs ihren Haushalt immer wie ihr Baby ansehen, und wenn ihr Baby abgelehnt wird, sind sie wie jede vernünftige Mutter oder jeder vernünftige Vater etwas angefressen. Dennoch werden wir trotz all des Lobes für die ersten Monate ihrer Amtszeit aus den genannten Gründen den Haushalt ablehnen.

Wir sind aber guter Dinge, dass uns die Stadtverwaltung mit ihrem anderen Verständnis vom Umgang mit dem Geld der Steuerzahler*innen und mit dem eingekehrten Realitätssinn in absehbarer Zeit auch einen für uns zustimmungsfähigen Haushalt vorlegt. Wir danken den Kolleginnen und Kollegen für die gute Diskussion in den Ausschüssen, der Verwaltung für die Bereitstellung der Unterlagen und die kompetente und schnelle Beantwortung unserer Fragen, und allen Mitarbeiter*innen der Stadt und der Eigenbetriebe für ihre Arbeit für die Menschen in Leimen.

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