Theater am Friedrich-Ebert-Gymnasium: „Corpus Delicti“ – Gesundheit über alles
(von Paul Eckartz – 15.5.18) Seit einiger Zeit zeichnet sich ein gesellschaftlicher Trend ab: Von Crossfit zu Yoga, von Veganismus bis Urkost, werden Ernährung und körperliche Aktivität für viele Menschen wichtige Bestandteile ihres Selbstbildes.
Die Theater-AG des Friedrich-Ebert-Gymnasiums warf mit ihrer aktuellen Produktion von Juli Zehs „Corpus Delicti“ nun die Frage auf, wie eine Gesellschaft aussähe, in der dieser Trend zur Grundlage einer totalitären Ideologie wird.
Im Jahr 2057 regiert die METHODE: Krankheiten gelten als überwunden, doch wer sich den strengen Vorschriften zur korrekten Ernährung und körperlichen Betätigung widersetzt, gilt schnell als Gefährder der „santé générale“.
Durch den Freitod ihres unschuldig wegen Mordes angeklagten Bruders Moritz (Leon Renner) stürzt die junge Biologin Mia Holl (Victoria Schlüter) in einen Gewissenskonflikt: Eigentlich von der METHODE überzeugt, kann sie die Verurteilung ihres Bruders nicht akzeptieren. Im inneren Dialog mit der „Idealen Geliebten“ (Carmen Adrian) – einer Fantasiegestalt, die Moritz ihr vor seinem Tod an die Seite stellte – wachsen Mias Zweifel an der METHODE. Bald bekommt sie die geballte Staatsgewalt zu spüren, während Journalist und Methodenverfechter Heinrich Kramer (Maksym Rudnytskyy) ihre Geschichte für seine Propaganda zu instrumentalisieren versucht.
Die sich entfaltende Dynamik wirft Fragen auf, die weit über den Sinn der METHODE hinausreichen. Es geht dabei um den Konflikt zwischen Gemeinwohl und dem Wohl des Einzelnen um den Widerstreit zwischen unserem Bedürfnis nach Kontrolle und dem Drang nach Freiheit. Und es geht um den Sinn in einer Gesellschaft, die nur noch nach dem Wie fragt – und nicht mehr nach dem Warum.
Damit eine solch ambitionierte Produktion gelingen kann, bedarf es eines großen Engagements: Allen voran sind an dieser Stelle natürlich die beeindruckenden Schauspieler/innen zu nennen, die von den Protagonisten bis hin zu den Nebenrollen mit brillanten Darstellungen überzeugten. Doch auch hinter der Kulisse wirkten zahlreiche Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte am Gelingen des Stücks mit: Kein Theaterstück ohne Bühnentechnik und Maske, Redaktion und Souffleuse!
So wurde „Corpus Delicti“ dank des unermüdlichen Einsatzes aller Beteiligter zu einem beeindruckenden Erlebnis, dessen Denkanstöße noch lange nachwirken werden. Indem das Stück so viele Menschen zusammenbrachte, wurde es zugleich jedoch auch zu einem wunderbaren Ausdruck der Schulgemeinschaft.
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