Gernot Hödl zur Diskussion: HIL – Neuschäfer – Kirche – Gott

(gh – 29.7.17) Sehr geehrte Sprecher der Humanistischen IG Leimen!

Ich finde es auch gut, dass die Diskussion aus den Kommentarspalten bei Leimenblog.de herausgekommen ist. Danke, Frau Neuschäfer, für ihren Mut zum Widerspruch! Die Replik auf den Kommentar von Frau Neuschäfer durch Sie beide, Herr Scheurich und Herr Hennenberger lässt mich nun auch in die Tasten greifen. Denn Sie sind Leimen, wie Sie Ihre Homepage betiteln, aber nicht nur Sie, sondern auch andere!

Pastoralreferent Gernot Hödl

Außerdem soll sich ja nicht der Eindruck verstärken, die Kirche sei tot. Diese Perspektive nehmen Sie ein. Ob Sie nun Kirche als tot oder fast tot sehen– ich persönlich erlebe sie an vielen Punkten als durchaus vital. Vielleicht zu ihrem Leidwesen, aber in der Kirche steckt auch Leben – gutes Leben. In der Kirche gab es durch die Jahrhunderte auch immer wieder schlechtes Leben. Dies ist einzugestehen und dies wird auch immer wieder eingestanden. Aber die Kirche ist nicht Gott. Deswegen wird sie auch immer eine Gemeinschaft mit Fehlern sein Trotzdem wird gutes Leben in ihr stecken. Gleichzeitig wird es weiterhin notwendig sein, Missstände aufzudecken. Propheten – als Kritiker der jeweiligen Zustände, zum Beispiel Amos – hatten innerhalb der Glaubensgemeinschaften immer schon eine wichtige, wenn auch keine leichte Aufgabe. Und doch haben ihre Worte Eingang in die Bibel gefunden!

ABER – und nun komme ich zur kritischen Antwort auf Ihre Replik: Ist es ein Aufdecken von Missständen, „Gott als psychische Marotte“ zu bezeichnen? Ist es ein Zeichen von aufgeklärten Gedanken, vom „Glauben als Krankheitsbild“ sprechen, wie Sie es durch das Zitieren von Michael Schmidt-Salomon tun – worin letztlich auch das Herabwürdigende in ihren Ausführungen und Kommentaren liegt? Ich antworte auf beides: NEIN!

Wenn ich Sie richtig verstehe, stellen Sie folgende Überlegungen an: die Entwicklung eines persönlichen Glaubens lässt sich entwicklungspsychologisch beschreiben, es lassen sich vielleicht auch Hirnströme bei religiösen Gedanken beobachten. Daraus folgt ihrer Meinung nach, dass Gott oder der Glaube eine psychische Marotte oder ein Produkt kindlicher Phantasie sei. Religiöse Gedanken sind für Sie krankhaft. ABER: nur weil wir religiöse Prozesse auch aus der Sicht der Psychologie, der Hirnforschung, der Entwicklungspsychologie usw. beschreiben können, heißt das noch lange nicht, dass sie krankhaft sind oder dass sich darin die ganze Wirklichkeit erschöpft. Genauso können Sie auch Trauer, Verliebtheit usw. aus medizinischer Sicht beschreiben bzw. sie auf Hormon-Ausschläge zurückführen. Die Trauer oder das Verliebtsein bleiben aber menschliche Gefühlslagen, die weit mehr sind als Körperprozesse. Erklären Sie einem verliebten Menschen, welche hormonellen Prozesse gerade in ihm ablaufen. Er wird Sie auslachen.

Ihre Argumentationsweise scheint sich überall durchzuziehen: Weil sich der Glaube an Gott vor 2000 Jahren in einer bäuerlichen Kultur manifestiert hat, kann man heute nicht mehr daran glauben. Weil die Gentechnik und andere Biowissenschaften das Leben in vielen Facetten ergründen, weil wir über Satelliten kommunizieren, ist die Existenz Gottes widerlegt. Mehr als eine psychische Marotte sei er nicht.

Aber ihre Argumente sind nicht ausreichend. Denn Natur- und Geschichtswissenschaften haben andere Fragestellungen, sodass sie gar keine Beweise bringen können, ob es Gott gibt oder nicht. Ein redlicher Naturwissenschaftler, der sich seiner Methodik bewusst ist, wird nicht sagen „Ich beweise, dass es keinen Gott gibt“. Wenn er es tut, verlässt er die Ebene der Naturwissenschaft und wechselt zu seinen Überzeugungen. Es mag für ihn plausibel erscheinen, aber es ist kein Beweis. Andere Naturwissenschaftler gehen einen anderen Weg: Sie forschen genauso an den Geheimnissen des Lebens und des Universums und staunen darüber. Und beginnen vielleicht sogar an etwas zu glauben, das hinter den Dingen steht.

In meinen Beerdigungsansprachen sage ich: ich kann keinen naturwissenschaftlichen Beweis für die Existenz des Himmels oder eines Lebens bei Gott bieten. Das kann ich als Theologe nicht – würde ich es tun, wäre das meine unredliche Grenzüberschreitung. Ich kann über den Grund meines Glaubens und meiner Hoffnung Auskunft geben – auf der Ebene des Glaubens. Ich kann versuchen, den Glauben plausibel zu machen mit meinen Grundannahmen. Mit einem Experiment beweisen kann ich Gott nicht – widerlegen kann man seine Existenz so aber auch nicht.

Sie könnten meinen Glauben mit Hirnforschung und mit Entwicklungspsychologie untersuchen. Sie hätten etwas beschrieben, aber meinen Glauben trotzdem nicht erfasst. Sie meinen jedoch, mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen den persönlichen Glauben eines Menschen umfassend ergründen zu können. Das ist nicht möglich. Sie meinen, damit den persönlichen Glauben eines Menschen als „Krankheitsbild“ disqualifizieren zu dürfen. Das ist verletzend.

Mit freundlichen Grüßen
Gernot Hödl, Pastoralreferent

PS: Ich bin glücklich darüber, in einem Land zu leben und zu arbeiten, in dem freie Meinungsäußerung möglich ist. Natürlich gestehe ich Ihnen diese zu! Im Übrigen gesteht Ihnen diese auch die Kirche zu. Sie sind nicht die einzigen, denen dies ein Anliegen ist.


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