Leserbrief Wolfgang Müller: Stirbt der Leimener Sommertagszug?

Wolfgang Müller, Altstadtrat

(wm – 27.4.22) Der Sommertagszug ist ein uralter Brauch, den es in und um die Kurpfalz gibt. Er gehört zum Brauchtum des Winteraustreibens und dürfte ganz alte, heidnische Wurzeln haben. Dabei ziehen, früher meist traditionell drei Wochen vor Ostern, vor allem Kinder und Vereine – bunt geschmückt und mit Sommertagsstecken – in einem Umzug durch die Straßen und meistens wird der Zug von Musikkapellen begleitet. Und dies ist auch seit vielen Generationen in Leimen so und typische Lieder wurden und werden gesungen wie „Strih, Strah, Stroh“, „Winter ade“ oder „Alle Vögel sind schon da“.

So auch vergangenen Sonntag in Leimen-Mitte bei nicht gerade „Sommer anmutenden Temperaturen“. Und die RNZ titelte „Mit Farben gegen den Regen“, vielleicht aber war es auch ein „Mit Farben für den Erhalt dieses so wunderbaren Brauchtums“ und zur Freude ganzer – und früher textsicherer – Kindergenerationen. Denn Leimen-Mitte hat ein Problem. Zum Umzug gehören traditionell „Sommertags-Butzen“, die den Sommer und den Winter verkörpern, teilnehmende Vereine und „Sommertags-Stecken“, alle drei aber kaum zu finden.

Bis vor Jahren hatten zahlreiche Vereine noch „ihre Butzen“. Dieses Jahr war nur noch die „Liedertafel“ präsent und bildete mit der Stadt- und Feuerwehrkapelle die Spitze und das Herz dieses Zuges. So gut wie nicht präsent waren die Vertreter der Stadt, Mandatsträger und Vereinsvorstände. Und was die Vereine anbelangt, die alle von einem städtischen Vereinszuschuss-Programm profitieren, sollten sich diese die Frage stellen lassen, was sie als Gegenleistung für ihre Stadt tun können – nämlich teilnehmen.

So war dieser diesjährige Umzug am Ende teilweise ein „Sommertagszug in Moll“ mit viel zu vielen „Sommertags-Brezeln“ für die überschaubare Teilnehmerschar. Vielleicht sollte man mehr in Sommertagsstecken, in Ideen und in Motivationen investieren, denn sonst stirbt in Leimen-Mitte dieses alte Kulturgut, unser Sommertagszug.

Wolfgang Müller, Altstadtrat