Hymnus an die Liebe – Letzter Teil des Forums Bach, Bibel, Persönlichkeit

(mkz) Für den dritten und letzten Teil seines Forums „Bach, Bibel, Persönlichkeit“ – in Verbindung mit der Reihe „Musik in der evangelischen Mauritiuskirche“ in Leimen – lud Kirchenmusiker und Konzertorganist Michael A. Müller den Leimener Mundartautor Manfred Zugck ein, um Texte aus der Bibel sowie anderen (auch eigenen) Quellen zum Thema „Liebe“ vorzutragen.

Waren bei den vorangegangenen Lesungen die Themen „Glaube“ (Frau Nathalie Müller) und „Hoffnung“ (Herr OB Hans Reinwald) im Fokus, so lag der Ausgangspunkt dieses Mal im „Hohelied der Liebe“, wie der bekannte Passus aus dem 1. Korintherbrief des Paulus aus Tarsus genannt wird (bei vielen Hochzeiten als Trauungsspruch gewählt): „Von nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.“

Michael A. Müller präsentierte in virtuoser Form passende Orgelwerke von Johann Sebastian Bach – geprägt durch das Reformationsjubiläum und den Frühling: zur Eröffnung das Präludium Es-Dur, ferner „Dies sind die heilgen zehn Gebot“ aus Bachs drittem Teil der „Clavierübung“ sowie die zweistimmige Fuge „Jesus Christus unsere Heiland, der von uns den Zorn Gottes wandt“, einer kunstvollen Begleitung zum cantus firmus von Luthers Abendmalhlslied.

Pure italienische Lebensfreude begegnete deutscher kompositorischer Tiefe in der Sonate VI G-Dur, bevor schließlich die Toccata und Fuge F-Dur (BWV 540) als ausgesprochen monumentaler, anspruchsvoller, aber auch feierlicher Abschluss des Konzerts erklangen.

Manfred Zugck verriet vor seinen Lesungen zwischen den Orgelkompositionen in einem launigen Vierzeiler, dass keine Mundartpräsentation auf dem Programm stehe.

Wohl wissend, dass „Liebe“ ein Wort ist, das besonders facettenreiche Interpretations- und Auslegungsvarianten beinhaltet, zitierte er zunächst aus dem „Hymnus an die Liebe“, wie man besagte Korintherbriefpassage auch charakterisiert: „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.“

Sodann spannte Zugck den Bogen vom Markusevangelium und dem Zusammenhang mit der Frage nach dem wichtigsten Gebot – für den gläubigen Christenmenschen die uneingeschränkte Liebe zu Gott – bis hin zum Alltag, in dem eine ganze Reihe weiterer Aspekte der Liebe von Bedeutung seien: nämlich die eines Menschen zu sich selbst und zu seinen Nächsten. Die Liebe sei ein wichtiger Bestandteil eines erfüllten Lebens: „Wir alle möchten geliebt werden. Doch die Liebe lebt mehr vom Geben als vom Nehmen.“

Meist habe man von der Liebe eine verklärte und romantische Vorstellung, denn in den Texten der Liedermacher und Schriftsteller, in Filmen und Romanen werde die Liebe als das höchste der Gefühle dargestellt. Im Allgemeinen liebe man jemanden umso mehr, wenn dieser einem das gebe, was man möchte. „Wir lieben einen Menschen nicht immer um seiner selbst willen, sondern manchmal auch, weil er uns gewisse Bedürfnisse und Wünsche wie Anerkennung, Zärtlichkeit, Verständnis und Zuwendung erfüllt.

Zur Liebe zähle aber auch die von Jesus geforderte Liebe zu sich selbst. „Wir können nur geben, was wir besitzen. Wenn wir für uns selbst keine Liebe empfinden können, dann können wir diese auch nicht weitergeben.“

Für ein gutes, funktionierendes Miteinander in eine Beziehung müssten beide bereit sein, zu geben, zurückzustecken und Kompromisse zu machen. Es sei ähnlich wie mit den Kleidern: Beide brauchen ein bisschen Spielraum, sonst fühlt man sich eingeengt. Zugck brachte seine Ausführungen auf den Punkt: „Liebe ist das, was man daraus macht, denn: Glauben ohne Liebe macht fanatisch, Ordnung ohne Liebe macht kleinlich, Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart, ein Leben ohne Liebe macht krank.“

In all dem über die Liebe Gesagten spiegele sich eine bestimmte Fähigkeit wider, die eine große, unabdingbare Rolle spielt – vielleicht heute mehr denn je: nämlich die Toleranz und der Respekt im Dialog, deutlich gemacht in einem Satz des Heidelberger Philosophen Hans-Georg Gadamer: „Wer in einen Dialog eintritt, der lässt sich darauf ein, dass der andere vielleicht Recht haben könnte.“

Zusammenfassend führte Zugck aus: „Erst wenn Toleranz mehr wird als gnädige Duldung, nämlich Respekt vor dem anderen und seinem Wahrheitsanspruch, erst dann enthält die Toleranz auch ein Ja zur Freiheit des anderen.“  Erst dann gelänge übrigens auch Demokratie…

Dem letzten Teil seiner Lesung gab Manfred Zugck die Überschrift „Liebe das Leben!“ Darin zeigte er mit zwei nachdenklich stimmenden Gedichten auf, wie ungemein wichtig es für jeden Menschen sei, das eigene Leben als Ganzes zu lieben – und auch vermeintlich Banales zu schätzen. Seinen Dank für die Aufmerksamkeit und die guten Wünsche für das Publikum brachte Zugck zum Schluss mit einem eindrucksvollen japanischen Liedvortrag zum Ausdruck (natürlich nicht ohne den Inhalt zuvor zu übersetzen).

Lang anhaltender Beifall für die Interpreten des Abends.

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