Brauchen auch kleine Unternehmen bald Glasfaser?

Unternehmensvertreter aus dem Rhein-Neckar-Kreis diskutieren mit Wissenschaftlern und dem Ministerium für Ländlichen Raum den Breitbandbedarf von kleinen und mittleren Unternehmen im Heidelberger Landratsamt

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(v.l.n.r.): Michael Kleinemeier (SAP AG), Dr. Axel Nitschke (IHK Rhein-Neckar), Landrat Stefan Dallinger, Jutta Schulz (Regierungspräsidium Karlsruhe), Klaus Strumberger (MLP AG), Dr. Annelie Weiske, (BdS Rhein-Neckar), Helmut Meyer (Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken), Dr. Iris Gebauer (indicatus, Suttgart), Andreas Pohlmann (SOTEC GmbH), Prof. Dr. Jürgen Anders (Hochschule Furtwangen), Dennis Giessegi (Druckerei Ziegler), Michael Reiss (Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz), Ludwig Braun (Microsoft Deutschland), Nils Drescher (Wirtschaftsförderer Rhein-Neckar-Kreis), Dr. Bernd Beckert (Fraunhofer Institut Karlsruhe). Foto: Berno Müller

(rnk – 28.3.13) „Der Glasfaserausbau gehört für uns zur Daseinsvorsorge. Genauso selbstverständlich wie sich Kommunen zum Beispiel um das Straßennetz, Gas- oder Wasserleitungen kümmern, wollen wir auch für den Ausbau dieser zukunftsfähigen Kommunikationsinfrastruktur sorgen“, so Landrat Stefan Dallinger kürzlich bei seiner Begrüßung zu einer Veranstaltung im Landratsamt in Heidelberg zum Thema Breitbandbedarf kleiner und mittlerer Unternehmen. Dallinger berichtete hocherfreut vom erfolgreichen Start des Kreisprojekts fibernet.rnk, das Ende Januar als Modellprojekt der Breitbandinitiative II des Landes Baden-Württemberg anerkannt wurde. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat nun Mitte März 2013 die Freigabe für die zwischenzeitlich erfolgte europaweite Ausschreibung der Projektdienstleistungen erteilt. Für diese schnelle und wertvolle Unterstützung dankte Stefan Dallinger vor den anwesenden Unternehmensvertretern Michael Reiss vom Ministerium für Ländlichen Raum in Stuttgart und Jutta Schulz vom Regierungspräsidium Karlsruhe herzlich.

Danach wurde für die Teilnehmer die Komplexität deutlich, die den Ausbau des schnellen Internets kennzeichnet. Michael Reiss, Breitbandexperte des Landes Baden-Württemberg, erläuterte allen Anwesenden die aktuelle Breitbandinitiative II der Landesregierung und unterstrich dabei die wichtige Rolle der Kommunen, an die sich das Förderprogramm richtet. Der liberalisierte Telekommunikationsmarkt wird flächendeckend den stetig wachsenden Bedarf an schnellem Internet ohne Unterstützung der öffentlichen Hand nicht decken können. Daher sind jetzt die Städte und Gemeinden, insbesondere aber auch die Landkreise zum Handeln aufgefordert. Für deren Unterstützung stellt das Land Fördermittel in Millionenhöhe zur Verfügung. Ziel des Programms ist der Aufbau von flächendeckenden und kostengünstigen Hoch- und Höchstgeschwindigkeitsnetzen.

Doch hierfür einfach die Bagger losrollen zu lassen oder Verträge mit Anbietern zu schließen, so einfach wird es den Kommunen nicht gemacht. Dafür sorgt das europäische Beihilferecht, das zunächst den Nachweis des Marktversagens fordert. Dies geschieht normalerweise anhand einer Befragung der in der Kommune ansässigen Gewerbebetriebe. Ergebnisse aus diesen Umfragen und aktuelle Studienergebnisse erläuterte Prof. Dr. Jürgen Anders, Inhaber der Stiftungsprofessur Digitale Medien an der Hochschule Furtwangen. Befragt man aktuell kleinere und mittlere Unternehmen, antwortet im besten Fall nur jeder fünfte Betrieb und noch viel heikler, die Unternehmen können nur ihren aktuellen und nicht den zu erwartenden Bedarf, beispielsweise durch neue IT-Entwicklungen, angeben. Dies ist problematisch und führt oft nicht zum gewünschten Ergebnis. Die Lösung seitens der Wissenschaft könnte nach Michael Reiss ein neues Gutachten des Landes sein, welches den Verantwortlichen in den Kommunen an die Hand gegeben werden wird. Dieses soll eine Kategorisierung von Unternehmen beim Breitbandbedarf ermöglichen. Die vorgegebenen Kategorien könnten dann mit den ansässigen Unternehmen vor Ort abgeglichen werden. Ergebnis wäre die Erhebung des gewerblichen Breitbandbedarfs, quasi vom Schreibtisch des Bürgermeisters aus.

 

Doch für das Gutachten wird die Einschätzung von innovativen Unternehmern benötigt, deren zukünftige Produkte einen schnellen oder ultraschnellen Zugang in das weltweite Netz erfordern. Und diese Experten findet man im Rhein-Neckar-Kreis, nach einer Studie des Fraunhofer Instituts Software- und IT-Dienstleistungsstandort Nr. 1 in Europa.

 

Einer dieser Experten ist zum Beispiel Michael Kleinemeier, Regionalpräsident für Europa und den mittleren Osten der Walldorfer Softwareschmiede SAP, der in seinen präzisen Statements insbesondere auf die Entwicklungen im Bereich Industrie 4.0 hinwies. Damit ist die softwaregestützte Abbildung von komplexen, arbeitsteiligen und geografisch verteilten Produktionsketten, beispielsweise in der Kfz-Produktion gemeint. Aber auch der rasante Datenhunger in der Medizin ist laut Kleinemeier beachtlich. Ludwig Braun, Vertreter von Microsoft Deutschland, berichtete von den zukünftigen Programmen aus seinem Haus, die ohne DVD und Handbuch Online wesentlich kostengünstiger zur Verfügung stehen und von den hohen Einsparungen der Unternehmen durch die teilweise Speicherung von Unternehmensdaten in der Cloud. Auch im Rhein-Neckar-Kreis wenden immer mehr Unternehmen diese Technologien an, pflichtete Andreas Pohlmann bei. Er ist Geschäftsführer des Laudenbacher Systemhaus SOTEC, das unter anderem Software von SAP und Microsoft bei Kunden implementiert. In die Zukunft der Finanzberatung, in der der Kunde via Onlinevideokonferenz von seinem Berater über das für ihn persönlich geeignete Produkt informiert wird, schaute Klaus Strumberger, IT-Chef der Wieslocher MLP AG. Dies spart Zeit, ist flexibel und reduziert Fahrtkosten. In dem sich anschließenden spannenden Dialog wurden auch Entwicklungen deutlich, die alle Unternehmen betreffen. Die virtuelle Erreichbarkeit der Mitarbeiter in der eigenen Wohnung, in Zukunft auch gerne per Videokonferenz, wird für die Attraktivität als Arbeitgeber immer wichtiger. Ein Heimarbeitsplatz ist für viele Eltern die optimale Möglichkeit, Familie und Beruf effizient zu verbinden. Aber dies geht eben nicht mit der sprichwörtlichen Schnecke im Netz.

Schnelles Internet wird nicht nur von Unternehmen, sondern auch von Freiberuflern benötigt, die oftmals nicht im Gewerbegebiet ansässig sind. Auf diesen Umstand und die oft schlechte Versorgungssituation in Wohn- und Mischgebieten vor allem im Ländlichen Raum machte Dr. Annelie Weiske vom Kreisvorstand des Bundes der Selbstständigen aufmerksam. Betrachtet man die gesamte Versorgungssituation einer Gemeinde, darf man die Verwaltungsstellen und vor allem die Schulen nicht vergessen. Auch hier werden sich Cloudanwendungen aufgrund der möglichen Einsparpotentiale und der leichteren Wartung durchsetzen, ist sich Helmut Meyer, Regionalgeschäftsführer der Kommunalen Informationsverarbeitung Baden-Franken in Heidelberg sicher. Und der Datenstrom wird schneller wachsen als erwartet. Die heutigen Schüler werden in Kürze noch viel höhere Anforderungen an die Datengeschwindigkeiten an ihren Arbeitsplätzen und in ihrem privaten Umfeld haben.

Lassen sich Unternehmen bezüglich ihres Breitbandbedarfs nun kategorisieren? Das wird für die Wissenschaftler um Prof. Dr. Anders ein schwieriges Unterfangen, vermischt sich doch in Zukunft privater und gewerblicher Bedarf. Klaus Strumberger hatte hier die Idee, eher in modularen Anwendungen zu denken. Lassen sich auch umfangreiche Datenmengen sehr gut komprimieren, ist dies beim rauschfreien Telefonieren und bei Videokonferenzen über das Netz ohne Qualitätseinbußen bisher nicht möglich. Es war Dennis Giessegi von der Druckerei Ziegler aus Neckarbischofsheim, der die Wissenschaftler auf einen weiteren Ansatz aufmerksam machte. Er berichtete vom Wandel seiner ehemals klassischen Druckerei zu einer modernen Cross-Media Agentur. Dies sorgte alleine im letzten Jahr für eine Verzehnfachung des Datenvolumens. Es ist demnach die Unternehmensstrategie, auch hinsichtlich des Einsatzes neuer Technologien, die hier einen wesentlichen Einfluss auf die benötigte Bandbreite hat. Zum Schluss der Veranstaltung zeigte sich Prof. Dr. Anders und sein Team sehr zufrieden, gab es doch genügend Erkenntnisse für das angedachte Gutachten.

Eines wurde an diesem Abend allen Anwesenden deutlich. Es gibt kaum ein wichtigeres Thema, als die Schaffung einer zukunftsfähigen Kommunikationsinfrastruktur. Schließlich will man auch in Zukunft Europas Top Standort der Software- und IT-Dienstleistungsbranche sein und weiterhin den Einwohnern im Rhein-Neckar-Kreis eine perfekte Symbiose aus Wirtschaftskraft und Lebensqualität bieten.

Bildunterzeile (Foto Berno Müller): Viele Verantwortlichen unter anderem aus kleineren und mittleren Unternehmen aus der Region nahmen auf Einladung der Wirtschaftsförderung im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis teil an der Veranstaltung zum Thema Breitbandbedarf „Brauchen auch kleine Unternehmen bald Glasfaser?“. (v.l.n.r.): Michael Kleinemeier (SAP AG), Dr. Axel Nitschke (IHK Rhein-Neckar), Landrat Stefan Dallinger, Jutta Schulz (Regierungspräsidium Karlsruhe), Klaus Strumberger (MLP AG), Dr. Annelie Weiske, (BdS Rhein-Neckar), Helmut Meyer (Kommunale Informationsverarbeitung Baden-Franken), Dr. Iris Gebauer (indicatus, Suttgart), Andreas Pohlmann (SOTEC GmbH), Prof. Dr. Jürgen Anders (Hochschule Furtwangen), Dennis Giessegi (Druckerei Ziegler), Michael Reiss (Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz), Ludwig Braun (Microsoft Deutschland), Nils Drescher (Wirtschaftsförderer Rhein-Neckar-Kreis), Dr. Bernd Beckert (Fraunhofer Institut Karlsruhe).

 

 

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