Die 20ger Jahre: Tech-Megatrend fahrerlose Mobilität verändert die Stadt

(fwu – 2.1.20) Mit Prognosen soll man vorsichtig sein, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Dieses schöne Bonmot ist sehr treffend, wenn es um genau datierte Vorhersagen von einzelnen Ereignissen geht. Bei der prognostizierten Fortschreibung von bereits laufenden Trends und Entwicklungen hingegen, ist die Irrtumswahrscheinlichkeit geringer. Also analysieren wir im Angesicht des anbrechenden neuen Jahrzehntes einige unbestreitbare Megatrends und das, was sie auch für uns hier im Lokalen bedeuten können.

Heute beginnen wir die kleine Artikelserie mit dem autonomen Fahren.

Alle mit Mobilität befassten Firmen und Manager gehen davon aus, dass sich autonome Fahrzeuge im Laufe der nächsten 10-15 Jahren durchsetzen wird. Ob als Bus, LKW oder PKW, ob mit Elektro- oder einem anderen Antrieb.

Zunächst auf speziellen, technisch aufgerüsteten Strecken, später dann generell. Damit einher geht eine deutliche Verbilligung von Mobilität und ein immer weitergehender Verzicht auf die Nutzung eines eigenen Fahrzeuges, respektive der gänzliche Verzicht auf ein eigenes Fahrzeug. Günstiges „Mobility as a Service“ (MaaS) für jeden ändert weit mehr, als nur die Art, wie wir von A nach B kommen. MaaS verändert auch das Aussehen unserer Städte und die Art, wie wir sie nutzen.

Das autonome „MaaS“-Taxi benötigt keinen Parkplatz, da es nahezu immer unterwegs ist. Und wenn es einmal parkt, dann nicht da, wo es Menschen stört. Also nicht in der Stadt, sondern am Rand, möglicherweise an einer Ladestation. An den Ladestationen werden dann aber die Batterien getauscht – leer gegen voll – und das MaaS-Taxi ist sofort wieder einsatzbereit.

Es werden daher immer weniger Parkplätze am Straßenrand oder Parkhäuser benötigt. Trotzdem werde die Innenstädte belebter, weil man viel billiger und ohne Parkplatzsuche in sie gelangen kann. Das zieht dann Gewerbe, Kleingewerbe, Läden, Künstler usw. an und macht die Innenstädte noch attraktiver.

Straßen ohne den bisher üblichen Parkstreifen können begrünt und zu Shared-Spaces werden – also zu von allen Verkehrsteilnehmern gemeinsam genutzten Bereichen. Wobei „KFZ-Selbstfahrer“ von der Nutzung ausgeschlossen werden. Also Shared-Spaces ohne traditionelle Autos. Autonom fahrende Fahrzeuge hingegen dürfen einfahren, denn sie halten sich konsequent an Verkehrsregeln und – ja, auch das! – an Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Im Gesamtergebnis also attraktivere, belebtere Innenstadtbereiche ohne traditionellen PKW-Verkehr und seine gigantische Infrastruktur.


ÖPNV 4.0 – Nachhaltige fahrerlose Mobilität

Illustration von: Initiative Hamburger AutoTransit (IHAT)

(G.-U. Tolkiehn) Heute werden in Deutschland über 80% der Mobilitätsleistung vom Motorisierten Individualverkehr (MIV) erbracht. Er hat durch sein jahrzehntelanges starkes Wachstum die früheren Massenverkehrsmittel marginalisiert und ist so heute das Maß der Dinge, auch hinsichtlich Leistung, Komfort, Sicherheit, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Kosten etc.

Bereits deutlich früher als voll-autonome Einzelfahrzeuge, vermutlich vor 2027, werden fahrerlose PKW als Elemente gemanagter Flotten straßenverkehrstauglich verfügbar sein.

Sie werden umweltfreundliche Mobilität als Dienstleistung auf individuelle Anforderung (Mobility-as-a-Service, MaaS) auf dem Komfort-Niveau des heutigen MIV ermöglichen – nur viel billiger.

Disruptive Veränderungen in allen mit Mobilität verbundenen Wirtschaftszweigen sind die Folge.

Damit wird dann MIV und heutigen ÖPNV-Angeboten ein Angebot „individualisierter Massenverkehr on-demand“ gegenüberstehen. MaaS-Angebote können eine User Experience bereitstellen, wie sie bisher nur der Taxi-Dienst liefert, jedoch nach Expertenschätzungen zu Vollkosten von nur 0,1 € je Personenkilometer, also ca. 66% unter MIV und 90% unter Taxi.

Ursächlich dafür sind die vielfach höhere Auslastung, die höhere Laufleistung sowie die durch e-Technik und standardisierte Großserien geringeren Stückkosten der Fahrzeuge. Das senkt den Anteil der Anschaffung an den Gesamtkosten (bei heutigen MIV-PKW ca. 80%) dramatisch.

MaaS ist deswegen als revolutionäre Nachfolgetechnologie im Mobilitätsmarkt zu sehen. MaaS-Fahrzeuge absolvieren die Transportleistung des MIV mit wesentlich mehr Betriebsstunden je Fahrzeug und Tag.

Die Folge ist: Fahrzeuganzahl und damit der Parkflächenbedarf sinken drastisch.

Nur in strukturschwachen Regionen kann der Rückgang der Mobilitätskosten zu höherer Inanspruchnahme von Mobilitätsleistung führen. In Ballungsgebieten geht das selbst mit MaaS-Ride-Sharing und verringerten Sicherheitsabständen kaum, weil die Straßeninfrastruktur ausgelastet ist. Es ist deshalb ein Rückgang der Mobilitätskosten zu erwarten, dem frei werdende Geldmittel der Nutzer gegenüberstehen.

Angesichts des enorm hohen Rationalisierungsgewinns kann es keinen Zweifel daran geben, dass MaaS kommt. Wesentlich ist vielmehr die Frage, wer MaaS-Dienste einführen wird und zu welchen Konditionen, denn es entsteht ein infrastrukturabhängiger Markt, der zur Bildung eines natürlichen Monopols neigt und deswegen reguliert werden muss.

„Natürliche“ MaaS- Provider wären die bisherigen ÖPNV-Anbieter, die damit auch die Chance bekommen, sich in Form eines integrativen ÖPNV 4.0 große Teile des in den letzten 60 Jahren vom MIV besetzten Mobilitätsmarktes zurückzuholen. Dies wird aber nur möglich sein, wenn sie hier frühzeitig und entschlossen, international abgestimmt und mit voller Unterstützung der Politik einsteigen und sich auch von dem Dogma der fahrplan- und liniengebundenen Großfahrzeuge befreien. Nur dann können sie den neuen MaaS-Markt mit allen Optionen für Nachhaltigkeitsvorteile in den Legacy-ÖPNV integrieren und so der sonst drohenden Marginalisierung des eigenen Geschäfts (und ggf. auch der europäischen Autoindustrie) etwas entgegensetzen.

Denn ungeachtet erheblicher Eintrittsinvestitionen lockt der enorme Rationalisierungsgewinn von MaaS auch Mobilitäts-Newcomer zum Eintritt in das digitale Mobilitätsgeschäft, insb. globale Internetunternehmen. Anders als die heutigen ÖPNV-Betreiber haben diese Unternehmen Erfahrungen damit, per Schichtdominanzstrategie den Kundenkontakt zu erobern, globale Marken aufzubauen, die Gewinne international (und damit steuerfrei) abzuschöpfen und den übrigen Beteiligten die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen zu diktieren.

Der eigentliche Fahrzeugbetrieb würde dann vermutlich von regionalen Lizenz- oder Franchisenehmern realisiert. Die Autoindustrie muss sich als Zulieferer von standardisierten Komponenten bewerben, deren Spezifikationen und vermutlich auch wesentliche Softwarekomponenten von den MaaS-Providern vorgegeben werden. Die heutigen ÖPNV-Betreiber könnten sich dann möglicherweise als abhängige Franchisenehmer bewerben, wobei die Gefahr der Kannibalisierung ihrer traditionellen Angebote und des Wertverlusts für ihre staatliche Infrastruktur besteht. Der Vergleich mit der in den 90er Jahren noch weltweit führenden, heute aber praktisch verschwundenen früheren deutschen Telekommunikations-Industrie drängt sich auf.

Auch die heutige Autoindustrie stellt natürlich Überlegungen an, wie sie sich als MaaSIndustrie neu erfinden könnte, auch in Kooperation mit ÖPNV-Betreibern. Jedoch steht dem die Kannibalisierung des bisher sehr lukrativen MIV-Geschäfts durch MaaS im Weg.

Welche Anteile des allein in Deutschland zwölfstelligen jährlichen Rationalisierungs-Gewinnpotenzials von MaaS am Ende der EU-Wirtschaftszone, ihren Mitgliedsstaaten und ihren Bürgern verbleiben, wird deshalb neben der Innovationskraft der Wirtschaft auch von der mehr oder weniger geschickten politischen Rahmensetzung des Entwicklungsprozesses abhängen.

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