Leserbriefe Gemeinschaftsschule: Joachim Buchholz
Deutschland ist das einzige Land in Europa mit einem dreigliedrigen Schulsystem. Von allen 16 Bundesländern ist in Baden-Württemberg der Anteil von Kindern aus Arbeiterfamilien am geringsten, die es bis an die Hochschule schaffen. Dieser Negativ-Rekord steht für Probleme des baden-württembergischen Bildungssystems. In keinem anderen Bundesland werden die Kinder so sehr nach ihrer Herkunft und ihren sozialem Status selektiert. Gesamtschulen gab es vor Einführung der ersten Gemeinschaftsschulen im Ländle staatlicherseits nur in drei Ausnahmefällen im Rahmen von Modellversuchen (Heidelberg, Mannheim, Freiburg) sowie im Rahmen der Ersatzschulen (Waldorfschulen). All das weiß OB Ernst, der bekanntermaßen SPD-Mitglied ist.
Bei aller Kritik an der Grün-Roten Landesregierung muss DIE LINKE anerkennen, dass sie die Möglichkeit geschaffen hat, unser rückschrittliches Schulsystem etwas zu verbessern. Die bestehenden Werkrealschulen können in Gemeinschaftsschulen mit Ganztagesbetrieb umgewandelt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die jeweilige Schule ein schlüssiges Konzept erarbeitet. Geradezu vorbildlich hat das die Geschwister-Scholl-Schule im Leimener Stadtteil St. Ilgen entwickelt. Wer allerdings geglaubt hatte, dass damit von Seiten des Gemeinderates grünes Licht erfolgt und beim Regierungspräsidium in Karlsruhe ein Antrag auf Einführung der Gemeinschaftsschule zum nächstmöglichen Termin gestellt werden kann, sah sich eines Besseren belehrt.
Denn inzwischen machen CDU und FDP im Land Stimmung gegen die Gemeinschaftsschule. Bestes Beispiel in der Region ist die Gemeinde Eppelheim, wo die CDU nachträglich versucht hat, die vom dortigen Gemeinderat bereits mehrheitlich beschlossene Einrichtung einer Gemeinschaftsschule im Nachhinein zu kippen – glücklicherweise ohne Erfolg. Doch im kompletten Ländle sieht diese CDU/FDP-Gesamtbilanz anders aus. Von CDU- Kreisvorständen werden Bürgerinitiativen gegründet, um bereits beschlossene Beschlüsse von Gemeinden per Bürgerentscheid rückgängig zu machen.
In Leimen sind CDU und FDP dazu übergegangen, nach außen zu betonen, dass man für Gemeinschaftsschulen ist – aber für ihre Zustimmung werden unüberwindbare Hürden aufgestellt. So wurde dann auch letztendlich beschlossen, einen Antrag für eine Gemeinschaftsschule dann zu stellen, wenn die regionale Schulentwicklungsplanung erfolgt sei und die angekündigte Änderung der Schulbauförderrichtlinien vorliege. Desweiteren sollte geprüft werden, das Projekt im Rahmen einer Zweckgemeinschaft gemeinsam mit anderen Gemeinden umzusetzen. Damit ist die Einführung einer Gemeinschaftsschule in der Großen Kreisstadt Leimen real auf den St. Nimmerleinstag verschoben.
So ist nun zu befürchten, dass die Eltern sich umorientieren und ihre Kinder in anderen Schulen anmelden, zum Nachteil von Leimen als Schul- und Wohnort. Denn Gemeinschaftsschulen werden nur eingerichtet, wenn eine stabile Zweizügigkeit und eine Mindestschülerzahl von 40 Schülern je Jahrgang für eine Schul-Neugründung erreicht werden.
Das wiederum könnte zur Folge haben, dass das derzeit noch vorhandene weiterführende Haupt- bzw. Werkrealschulangebot an der Geschwister-Scholl-Schule St. Ilgen mangels ausreichender Schülernachfrage bald ersatzlos wegfällt und die Geschwister-Scholl-Schule künftig nur noch als Grundschule existieren wird.
Joachim Buchholz – www.dielinke-leimen.de
(Redaktion) Überblick über alle Leserbriefe und die Anmerkungen der Stadtverwaltung:
- Offener Brief an OB und Gemeinderat zur Umwandlung der GSS in eine Gemeinschaftsschule (mit mehreren Kommentaren)
- Pressemeldung der Stadt zum Beschluß des Gemeinderates
- Leserbrief Gemeinschaftsschule: Brigitte Horr
- Leserbriefe Gemeinschaftsschule: Joachim Buchholz
- Leserbrief Gemeinschaftsschule: D. Dehoust
- Leserbrief Gemeinschaftsschule: A. Unverfehrt
- Leserbrief Gemeinschaftsschule: Wolfgang Krauth
- Anmerkungen der Stadtverwaltung zu den Leserbriefen Dehoust – Unverfehrt – Horr
Kurz-URL: https://leimenblog.de/?p=37557
Stellungnahme der Stadt Leimen zum Leserbrief von Joachim Buchholz / LINKE
1. Der erste Antrag zur Einführung der Gemeinschaftsschule im Jahre 2014 wurde mit 15:14 Stimmen abgelehnt. Oberbürgermeister Ernst hatte eine Stimme.
2. Die zweite Abstimmung zur Einführung der Gemeinschaftsschule im Jahre 2015 fand keine Mehrheit, weil es 7 Enthaltungen gab (Stadträte Buchholz, Reinig, Rajiki, Unverfehrt, Baumann, Wagner und Dr. Sandner). Bei diesem Antrag (Einführung der Gemeinschaftsschule im Jahre 2015) stimmten 8 dafür (OB Ernst, Stadträte Frühwirt, Dr. Scheurich, Hassenpflug, Leiner, Mattheier, Krauth und Kohr).
(von Admin hier eingefügt)