Rückblick: Diljemer Nachtwächterführung rund um den Bahnhof St. Ilgen

(be – 14.2.23) Mit Manfred Mattern als unseren churfürstlicher Nachtwächter hörten wir, was sich einst hier zugetragen. „Hört ihr Leut  und lasst euch sagen, unsre Uhr hat 18:00 Uhr geschlagen.“ Der Anlass der Nachtwächterführung war das  Projekt und die Vorarbeiten von 1837, der Bau der Bahnlinie Heidelberg -Karlsruhe.

Manfred Mattern als churfürstlicher Nachtwächter

Dies stieß jedoch damals  auf vehemente Ablehnung der Sandhäuser Bauern. Sie verhinderten den Bau, denn sie weigerten sich, das erforderliche Gelände zum Bahnbau zur Verfügung zu stellen. Sandhäuser Bürger verteidigten und verjagten mit Stangen, Sicheln und Heugabeln alle in Richtung Dilje. Auch hatten sie unter anderem Angst, dass so ein dampfendes, rauchendes, lärmendes Ungeheuer (Dampflok) die Häuser in Brand setzen könnten.

Seht sie euch an, wie wild sie kämpfen, aber auch die Bürger aus Leimen und Nußloch weigerten sich, auf ihren Gemarkungen den Bahnbau durchführen zu lassen. So blieb letztlich nur die Linienführung über die St. Ilgener Gemarkung zu verwirklichen. Der Mut der Diljemer Bürger war ein großer zukunftsweisender Schritt. So kam und es ist auch heute noch so, die Bahn nach St. Ilgen!  Seit 1841 fuhren die ersten Züge durch Dilje. Heute ist es die S-Bahn mit regelmäßigem Halt.

Die offizielle Eröffnung der Bahnstrecke Heidelberg – Karlsruhe war am 10. April 1843; und ein Jahr darauf, am 1. Mai 1844 feierte man den ersten Zughalt in St. Ilgen.

Zu unseren Musikbeiträgen haben wir jeweils für sie  Liedtext zum mitsingen. 

Musik: Hejo, spann den Wagen an  – ….. 

Die Bürgerin  Helga Bender ruft Hejo, spann den Wagen an …

So oder so ähnlich schallte es in  St. Ilgen, Sandhausen, Leimen und Nußloch durch die Gassen – spann den Wagen an! Waren wurden aufgeladen und an den Güterplatz gebracht, um die Waren schnell in alle Winde transportieren zu lassen. Die herzogliche Bahn machte es möglich. Die 31500 Tonnen ankommender Güter im Jahr 1910,  bestehend meistens in Kohlen aus Mannheim, Holz von Russland, vom Schwarzwald und Odenwald, sonstige Baumaterialien und Kolonialwaren, Gerbereiartikel und Tabaken.

Der Versand ist allerdings viel bedeutender,  daunter 46000 Tonnen Cigarren, Zwetschgen, Hopfen, Handschuh- und feine Lederlacke, Galmei aus den Gruben von Nußloch und eine Anzahl Kleingüter.

Im Jahre 1862 wird von St. Ilgen und den Nachbargemeinden Sandhausen, Leimen und Nußloch erstmals eine Güterstation beantragt. Diese wird jedoch nicht befürwortet; die damit befasste großherzogliche Inspektion der Verkehrsanstalten in Karlsruhe lehnt den Antrag ab.

1866 wird erneut eine Petition an den badischen Landtag gerichtet,  betreffs Errichtung einer Güterexpedition (Güterschuppen / Güterhalle) beim Bahnhof St. Ilgen zur vorübergehenden Unterbringung von Stückgütern bei ihrem Übergang zwischen der Straße und der Eisenbahn; auch die Gemeinden wiederholen ihre Anträge vom Jahr 1862. 1868 wird die Petition des Josef Müller aus Leimen wegen einer Güterexpedition in der 2. Kammer des badischen Landtages beraten. Sie wird jedoch zunächst auch wieder abschlägig beschieden.

Erst im Jahr 1872 erklärt sich die Großherzogliche Eisenbahndirektion gegen eine Kostenbeteiligung der Petenten(Eingabe)  bereit, der Errichtung einer Güterstation näher zu treten.

 Im selben Jahr bewilligt die Regierung dann auch 3.700 Gulden unter der Voraussetzung, daß die sonstigen Interessenten 2.500 Gulden aufbringen. Es sollen hierzu die Fabrikanten von Sandhausen, Leimen, Nußloch und St. Ilgen herangezogen werden.

 Am 11. Juni 1872 wird die Errichtung der Güterstation dann endgültig beschlossen. Der Staat trägt 3800 Gulden bei (1820 ergeben 3800 Gulden 2022 einen Eurowert von ca. 83.930, 00) die beteiligten Gemeinden 2.500, nämlich Sandhausen 600, Leimen 400 und die in Leimen und Sandhausen ansässigen Zigarrenfabrikanten 1500.  Hier konnte nun jeder seine Güter aufgeben und abholen. An der Rückseite der Güterstadion kann man noch die Be- und Entladerampe erkennen. Davor lag ein drittes Gleis für die Güterwaggons. Diese Güterstation steht heute noch und ist damit eines der historischen Gebäude in St. Ilgen.

Durch Umorganisation und Verlagerung des Stückgutverkehrs auf die Straße, wurde die Güterhalle stillgelegt. Inzwischen führt sie auch nicht mehr das Mauerblümchendasein wie in den 70er und 80er Jahren dieses Jahrhunderts, als der Güterverkehr kaum noch von Bedeutung war und folglich auch eingestellt wurde, denn heute befindet sich darin eine Kühlgerätefirma. Seit 2005 wurde die Adresse mit „Am Güterbahnhof angegeben.

Gleichfalls aus dem Jahre 1862 hören wir von einem Billetausgeber Holtz im Bahnhof St. Ilgen. Dies deutet darauf hin, dass es damals ein kleineres Stations- oder Abfertigungsgebäude, wahrscheinlich aus Holz, am Haltepunkt St. Ilgen gab. Auf jeden Fall hat das Großherzogliche Postamt im Anwesen des Billetausgebers Holtz eine Postablage eingerichtet, nachdem per Gesetz vom 1. April 1863 die Landpost neu organisiert worden war. Versorgt über die Güterstation und den haltenden Güterwaggons in St. Ilgen.

Die Bürgerin Angela Weisgerber berichtet uns über die  ehemalige 1909 erbaute stählernen Bahnüberführung, die beide Gleisseiten verband und am 20.12.2002 mit dem Abbau des Steges begonnen wurde.  Das uns gegenüberliegende Gebäude – Restauration am Bahnhof, hier werden wir  über die Geschichte des Hauses eingeweiht nach der musikalischen Einleitung von „Ein Heller und ein Batzen“. Wann die Restauration am Bahnhof erbaut wurde, lässt sich nur erahnen. Es wird vermutet, um 1870 gewesen sein.

„Die polizeilichen Verhältnisse bieten nichts bemerkenswertes, wenn an Sonntagen und Festtagen namentlich die Bahnstation St. Ilgen förmlich belagert, worüber seit einiger Zeit besondere polizeiliche Überwachung angeordnet wurde, so fällt dies zum geringsten Teile dem Ort St. Ilgen als vielmehr der anstoßenden Nachbargemeinde Sandhausen zur Last. In dieser Zeit (ganz genau am 18. Juni 1884) wurde vom Bahnspediteur Wilhelm Kletti aus Sandhausen die Bitte um Erbauung und Betrieb einer weiteren (zweiten) Restauration am Bahnhof gestellt. Dies lehnte der Gemeinderat mit der Begründung ab, daß dazu kein Bedarf bestehe und es jetzt schon in polizeilicher Hinsicht genug Probleme mache, dort alles in den Griff zu bekommen.“ In den 90er wurde in dem Gebäude ein Eifersuchtsmord verübt, die das Gebäude einige Zeit leerstehen ließ. Heute beherbergt das Gebäude eine Pizzeria mit einem schönen Gartenanteil.

Vor dem Bahnhofsgebäude  (Willy Brand Platz) treffen wir auf Hans Georg Hack, Altstadtrat, welcher uns nach der musikalischen Einleitung  Muss i denn, muss i denn… nun berichtet.

Das heutige Bahnhofsgebäude und Dienstwohnungsgebäude wurde erst um 1878/79 erbaut, da 1844 Dilje eine Bahnstation bekam. In der Folge erweiterte sich der Ort auf der gegenüberliegenden Seite des Leimbaches zum Bahnhof hin. Außerdem kam es in kleinerem Maße zur Ansiedlung von Industriebetrieben, darunter ein Lederhersteller und drei Zigarrenfabriken als Zweigwerke größerer Unternehmen, von Thorbecke, Neuhausund Gebrüder Mayer, später Bruns bey Rhein. Das brachte bescheidenen Wohlstand in den Ort, zeitweise war die Hälfte der Erwerbstätigen St.Ilgens in der Zigarrenindustrie beschäftigt. Heute beherbergt der Bahnhof Cans Bahnhofskiosk und Backwaren.

Nach dem Musikstück,  „Die kleine Kneipe in unserer Straße“ hören wir von der Bürgerin Elke Herd einiges über das Samba-Heisl. Das Sambaheisl wurde vermutlich zwischen 1945 und 1950 erbaut. Ursprünglich diente es als Kiosk. Dort bekam man Getränke, Zeitungen, Zigaretten, Süßigkeiten und mehr. Am Spätnachmittag konnte dann noch eingekehrt werden. In geselliger Runde war immer viel los und es wurde nach der Arbeit gerne ein Abendbier getrunken. Gefährlich wurde es, wenn die Einkehrer ihre Lohntüten bekamen. Da kamen die Frauen, um das Geld für die Versorgung der Familien zu retten. Warum Sambahäusel? – Es gab dann bald zwischen den Bahnhöfen Karlsruhe und Mannheim, mit Halt in St. Ilgen, die Sambazüge. Vielleicht wurde der Name davon übernommen. Es wird auch erzählt, dass im Heisl oft das Lied erklang: „Tanze Samba mit mir“

2006 / 2007 kam es dann zur Schließung des gern besuchten Samba-Heisl. Zitat: „Ach wie war es früher doch so scheeh, konnte man ab fünfe schon ins Samba-Heisl gehen!“ Den Abschluss machten wir am alten Wartesaal. Auf Einladung des Stadtteilvereins gab es Snacks, Bügelbierflaschen und Libella. Die Schlussworte übernahm Annette Ebinger. Intoniert wurden alle  Lieder von Andrea Unverfehrt – dafür wie immer herzlichen DANK!

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