Sie haben acht Beine und sechs Augen – Interview mit Terraristikfan Torsten Reiter
von Mac Reutter. Für Produzenten aus den Anfängen der Filmgeschichte war sie das perfekte Monster: Klein, angsteinflößend und ohne Gagenforderung.
Als Peter Parker in den 1990ern Jahren von einer genmanipulierten Vertreterin ihrer Art gebissen wurde, erlange er Superkräfte und wurde zum Spiderman. Woher kommt die Faszination auf der einen und die (Ur)Angst auf der anderen Seite für diese genialen Baumeister der Natur, ohne die die Insekten längst die Herrschaft über unseren Planeten übernommen hätten? Sie haben acht Beine, mindestens sechs Augen und stellen ihrer Beute trickreiche Fallen: Spinnen.
Die Spezies, die weltweit mit über 4.000 ihrer Art vertreten ist, haben eines gemeinsam: Im westlichen Kulturkreis sind sie nahezu allesamt unbeliebt. Zahlreiche Menschen haben sogar panische Angst vor den kleinen Tierchen. Wir wollten wissen, warum viele Menschen diese Wesen als Horror auf acht Beinen bezeichnen und woher andere ihre Leidenschaft für dieses exotische Tier haben. Mit Avicularia Metallica, seiner ersten Vogelspinne, fing alles an. Das war 2002.
Heute hat Torsten Reiter ca. 100 (Vogel) Spinnen in seinem als Groß-Terrarium eingerichteten Wohnzimmer. Der Spinnen- und Reptilienfreund und gelernte Industriemechaniker aus Plankstadt macht zur Zeit eine Umschulung zum Bürokaufmann, da er aus gesundheitlichen Gründen seinen erlernten Beruf aufgeben musste. Doch zwischen Büchern und Fachzeitschriften kümmert er sich täglich um seine haarigen Achtbeiner.
Leimen-Lokal: Herr Reiter, woher kommt Ihre Leidenschaft für diese Krabbeltiere?
Torsten Reiter: Oh je, zum Leidwesen meiner Eltern habe ich schon in frühester Kindheit alles nach Hause geschleppt. Meine Eltern hatten einen Schrebergarten mit Teich. Da habe ich schon immer diverses Krabbelgetier gehalten.
Leimen-Lokal: Was finden Sie an den Vogelspinnen so besonders im Gegensatz zu anderen Spinnen?
Torsten Reiter: Die Ruhe, die sie ausstrahlen, die stinken nicht, die machen keinen Krach, sind sehr pflegeleicht. Aber das Hauptsächliche ist die Faszination, diese Vielfalt, zum Beispiel in den Farben. Von leuchtend Blau bis Pechschwarz reichen da die Nuancen.
Leimen-Lokal:Wann und wo kamen sie mit diesen außergewöhnlichen Tieren erstmals in Kontakt?
Torsten Reiter: Das war in der Schule und später dann oft im Zoo.
Leimen-Lokal: Was füttern Sie und woher bekommen Sie das Futter?
Torsten Reiter: Futter bestelle ich im Internet und dann habe ich eine Schabenzucht, weil ich so selber bestimmen kann was die Tiere fressen.
Leimen-Lokal: Wie viele verschiedenen Vogelspinnenarten gibt es?
Torsten Reiter: So um die 900 Weltweit. Aber es kommen fast täglich neue Arten dazu.
Leimen-Lokal: Wie groß werden Vogelspinnen?
Torsten Reiter: Die Größten haben eine maximale Beinspannweite von zu etwa 30 Zentimeter.
Leimen-Lokal: Und wie viel Nachwuchs bekommt eine Vogelspinne?
Torsten Reiter: Das ist unterschiedlich, manche Arten haben nur etwa 50 bis 60 Eier und andere wiederum fast 1000 oder mehr.
Leimen-Lokal: Kann das Gift der Spinnen zum Tod führen?
Torsten Reiter: Es ist absolut kein Vorfall bekannt, wo es zu einem Todesfall durch den Biss einer Vogelspinne gekommen ist. Das Gift ist, von seiner Wirkung her, nicht stärker als das einer einheimischen Wespe. Unangenehm mit Sicherheit, aber eben nicht tödlich.
Leimen-Lokal: Gibt es denn auch Vogelspinnen die nicht giftig sind?
Torsten Reiter: Nein, ein Gift haben sie alle, das benötigen sie eben, um ihre Beute zu erlegen.
Leimen-Lokal: Woher kommt Ihrer Meinung nach die Angst vieler Menschen vor den achtbeinigen Krabbeltieren?
Torsten Reiter: Zum einen denke ich, das es die Ur-Angst ist und zum anderen beruht es meistens einfach nur auf Falsch- bzw. auf Unwissen.
Leimen-Lokal: Haben Sie schon einmal an einer Ausstellung teilgenommen?
Torsten Reiter: Nein, ich habe noch keine Ausstellung mit meinen Tieren gemacht.
Leimen-Lokal: Haben Sie so etwas eventuell in Planung?
Torsten Reiter: Nein, vielleicht später einmal, aber im Moment habe ich dazu einfach keine Zeit.
Leimen-Lokal: Ich habe gehört, Sie hätten auch eine Auffangstation für Spinnen. Was hat es damit auf sich?
Torsten Reiter: (lacht) Ja, ich habe auch Scheidungsopfer unter den Spinnen. Es gibt halt auch unter Spinnenfreunden mal die Situation, dass im Falle einer Trennung jemand nicht weiß wohin jetzt mit der Spinne. Bevor nun also so ein Tier ausgesetzt oder gar getötet wird, biete ich eine kostenlos Aufnahme
Leimen-Lokal: Können sich Interessierte denn Ihre Spinnen einmal anschauen?
Torsten Reiter: Also, so lange es im Rahmen bleibt, kann man sich die Tiere gerne mal anschauen, da habe ich nichts dagegen.
Leimen-Lokal: Verkaufen Sie denn auch einige Ihrer Exemplare?
Torsten Reiter: Nein, ich verkaufe keine meiner Spinnen, nur wenn ich Nachwuchs habe, wobei ich aber ja nicht gezielt züchte. Ich stehe aber immer gerne telefonisch zur Verfügung, wenn jemand mal Fragen bezüglich Haltung, Anschaffung oder dergleichen hat.
Leimen-Lokal: So spricht ein wahrer Tierfreund. Und wir konnten uns vor Ort davon überzeugen. Denn außer Spinnen hat Torsten Reiter auch noch sechs Katzen, etwa dreißig Fische wie Knochenhechte und Spatelwelse. Allesamt artgerecht in einer sauberen und aufgeräumten Umgebung. Den Stimmen zum Trotz, die ihn einen Spinner nennen.
Den Artikel schrieb und das Interview führte unser freier Mitarbeiter Mac Reutter
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