Haushaltsreden 2023: Klaus Feuchter für die FDP

(27.1.23) Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reinwald, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Felden, liebe Stadtratskolleginnen, liebe Stadtratskollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die mit Tatkraft und Engagement zur positiven Entwicklung Leimens beitragen, und den vielen Ehrenamtlichen, ohne die das öffentliche Leben Leimens um ein Vielfaches ärmer wäre, gerade in dieser schwierigen Zeit.

Die Aufstellung der letzten Haushalte war für die Kämmerei eine große Herausforderung aufgrund der neu eingeführten Doppik. Nun forderten die Corona-Pandemie und deren Folgen die Kämmerei um ein Vielfaches mehr. Der heute vorgelegte Haushalt war ein großer Kraftakt. Hierfür nochmals unseren ausdrücklichen Dank an die Kämmerei.


Die Stellungnahmen der Fraktionen zum Haushalt 2023


Leider liegen uns bis heute noch nicht die erforderlichen Angaben zur Erstellung der Eröffnungsbilanz vor. Hier bin ich jedoch sehr zuversichtlich, daß wir diese bis Mitte 2024 haben werden. Einig sind wir alle uns sicher in einem Punkt: Die Corona-Pandemie und die Flüchtlingsbewegungen durch Krieg fordern sowohl jeden Einzelnen von uns als auch die gesamte Gesellschaft. Zunehmend rücken aber auch soziale und fiskalische sowie wirtschaftliche Fragen in den Vordergrund. All das hat auch Auswirkungen auf uns in Leimen: War das Aufstellen eines genehmigungsfähigen Haushalts für unsere Stadt angesichts der hohen Verschuldung des „Gesamtkonzerns Stadt“ in wirtschaftlich guten Zeiten schon ein schweres Unterfangen gewesen, so waren Rat und Verwaltung in diesem Jahr extrem gefordert. Nicht nur die im großen und ganzen gleichbleibenden Einnahmen und die steigenden Ausgaben erschwerten die Arbeit, sondern auch die völlig offene Frage, wie sich die Flüchtlingsbewegungen und damit auch die gesamtwirtschaftliche Situation im kommenden Jahr entwickeln wird.

Deshalb ist klar: Wie schon im letzten Jahr gründet sich dieser Haushalt auf Annahmen und ist mit erheblichen Risiken belastet. Deutlich wird aber auch: Hätten wir in den letzten Jahren nicht über unsere Verhältnisse gelebt, der zu einem Schuldenstand des Gesamtkonzerns Stadt von ca. 100 Millionen führte, wäre die Aufstellung des Haushalts 2023 einfacher gewesen. Nun zeigt sich nämlich, dass das Sprichwort „Spare in der Zeit, so hast du in der Not“ vollkommen richtig ist.

Wir alle sind sehr froh, daß sich die Pandemie im Laufe des Jahres 2022 in den Griff kriegen lies. Es wird aber noch eine ganze Weile dauern, bis sich die Gesamtsituation wieder normalisiert und die wirtschaftliche und finanzielle Situation wieder stabilisiert. Hinzu kommen die Auswirkungen eines für uns unvorstellbaren Krieges in Europa, der bei uns zu einer erheblichen Inflation führte. Wer die Rechnung für die erheblichen finanziellen Lasten der Corona-Pandemie und dieses Krieges bezahlen muss und inwiefern die Kommunen daran beteiligt werden, ist auch noch unklar.  Am Ende wird es natürlich immer der Steuerzahler sein.

Daher ist schon jetzt aus dieser Wirtschaftskrise die Lehre zu ziehen, dass es unerlässlich ist, die Ausgaben der Stadt Leimen an deren Einnahmen anzupassen. Dies sind wir den zukünftigen Generationen schuldig. Deshalb gilt: Wir sind ausschließlich zu Investitionen für Maßnahmen in die notwendige Infrastruktur und die Jugend bereit.

Wie schon vom Kollegen Dr. Sandner in der entscheidenden Sitzung zum Treffpunkt Leimen hingewiesen, können wir uns nicht alles leisten, was wünschenswert ist. Das sehen wir natürlich genauso und weisen schon seit Jahren darauf hin. Für uns ist es aber nicht wünschenswert 45.000,– € für einen Film zum Treffpunkt Leimen und 7.000,– € für einen Mediator für öffentliche Veranstaltungen zur politischen Meinungsbildung auszugeben und gleichzeitig jungen Eltern sagen zu müssen daß wir nicht ausreichend Geld oder Mitarbeiter für die Sanierung und Unterhaltung von Spielplätzen haben. So hätte dieser Betrag für die Wiederherstellung des Spielplatzes am Waldsportplatz gereicht.

Hier stellt sich für uns schon die Frage wer außer der Verwaltungsspitze dies in diesem Gremium anderst sieht. Wir als Gemeinderat waren in diese Entscheidungen nicht eingebunden. Trotz einer bis vor Kurzem allgemeinen hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung stagnierte die Ansiedlung von Gewerbebetrieben in den letzten Jahren. Mit Ausnahme der Ansiedlung eines großen Autohauses ist es Leimen – trotz aller Versprechungen der Verwaltungsspitze für die Neuansiedlung von Betrieben alles zu tun – nicht gelungen mehr Gewerbebetriebe in den letzten 6 Jahren anzusiedeln. Mehr Gewerbe bedeutet aber höhere Gewerbesteuer-Einnahmen.

Das interkommunale Gewerbegebiet Heidelberg-Leimen nimmt Gestalt an. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch mindestens fünf Jahre bedarf, bis hier unter Umständen einmal Gewerbesteuer-Einnahmen erzielt werden und die hohen Investitionskosten der kommenden Jahre in die Infrastruktur des interkommunalen Gewerbegebiets sich rechnen werden. Gerade deshalb müssen alle bestehenden unbebauten und eventuell noch zu entwickelnde Gewerbegebiete in Leimen im Fokus der Verwaltung stehen.

Nach Fertigstellung des Neubaus der 3-zügigen Geschwister-Scholl-Gemeinschaftsschule für ca. 16 Millionen müssen nun in den Jahren 2023 und 2024 nochmals 1,25 Millionen für den Einbau neuer Technikräume im Haus A bereitgestellt werden. Hier hätten wir uns durch die Sanierung der vorhandenen Technikräume im Haus B eine kostengünstigere und ebenfalls praktikable Lösung vorstellen können. Die für den Neubau angekündigten Zuschüsse des Landes von 1,04 Millionen für das Schulgebäude und 200.000,- € für die Mensa – gerade einmal 7 % der Gesamtbaukosten – sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Da die Auszahlung in 2023 erfolgt kann dadurch die ursprünglich geplante Kreditaufnahme um diese 1 Million reduziert werden. Die Realisierung eines angedachten 2. und 3. Bauabschnittes mit weiteren Investitionen von über 20 Millionen können wir uns bei der finanziellen Situation der Stadt nicht vorstellen. Hier wird man mit den Gebäuden die man besitzt zurechtkommen müssen.

In den Jugendtreff Basket II müssen wir 2023 noch 1,25 Millionen zur Fertigstellung investieren. Der lang vom Gemeinderat erklärte Realisierungswunsch geht nun endlich in Erfüllung. Dieses Gebäude ist für die dringend erforderliche Sozialarbeit in Leimen Grundvoraussetzung. Für die Sanierung der mutwillig – durch einen herbeigeführten Wasserschaden – beschädigten Trauerhalle auf dem Friedhof in Leimen müssen im Jahr 2023 550.000,- und im Jahr 2024 nochmals 500.000,– € investiert werden.

Die restlichen geplanten Finanzmittel für Hochbaumaßnahmen fliesen dann ausschließlich in den Treffpunkt Leimen. Hier sind im Jahr 2023 1.000.000,– vorgesehen und auf Grundlage der Gemeinderatsbeschlüsse 13,95 Mill als Verpflichtungsermächtigung für die Folgejahre einzuplanen.

Die Digitalisierung an den Schulen scheint ins Stocken geraten zu sein.  Hier sind die Anstrengungen wieder zu intensivieren.

Aufgrund der prekären Finanzsituation der Stadt muss an allen Stellen und in allen Bereichen gespart werden. Hierzu hat auch die Verwaltung ihren Beitrag zu leisten. An den nur geringfügigen Steigungen der Personalkosten können wir erkennen, daß unsere Rufe von der Verwaltung gehört wurden und nun alle Personal-Neueinstellungen auf ihre absolute Notwendigkeit hin hinterfragt werden. Nicht zu verleugnen ist natürlich daß in manchen Bereichen die Fluktuation sehr groß ist und diese Stellen nicht mehr nachbesetzt werden können. Hier sollten sich alle selbstkritisch fragen wieso dies so ist und was in der Verwaltung verbessert werden muß um die Angestellten zu halten. Es ist sicherlich nicht nur die fehlende Klimaanlage im neuen Rathaus oder die Vergütung. Wo diese Mitarbeiter sich hin wegbewerben ist die Bezahlung oftmals nicht viel anderst.

In den Vorverhandlungen zu dem aktuellen Haushalt gab es wie seit Jahren nur Einsparvorschläge von 2 Fraktionen. Alle Einsparungsvorschläge der FDP – die teilweise auch schmerzhaft wären – wurden mit Ausnahme der Einsparungen bei der Klimaanlage für das Rathaus in Leimen und einer Kürzung der bereitgestellten mittelfristigen Mittel für den neuen Schulhof der Turmschule abgelehnt.

Der Einbau einer Klimaanlage – der nach Aussage der KLIBA Heidelberg umweltschädlich ist – ist aus unserer Sicht in der heutigen Zeit untragbar. Wir sollten uns auch Gedanken machen, ob es richtig ist daß wir unsere Bürger auf Kosten der Stadt von der KLIBA beraten lassen und wir als Stadt uns nicht daran halten. Wir sollten nicht Wasser predigen und Wein trinken.

Aufgrund all der geplanten Investitionen wird die Netto-Neuverschuldung im Jahr 2023 um voraussichtlich 3,6 Mio. EUR bei einer Kreditaufnahme von 5,0 Mill. steigen. Durch die bereits beschlossenen Baumaßnahmen im Zuge des Treffpunktes Leimen werden in den Folgejahren dadurch die Schulden noch mehr steigen da viele Kosten erst 2024, 2025 und 2026 zu begleichen sind.

Beim zu verabschiedenden Ergebnishaushalt decken die Einnahmen schon nicht mehr die Ausgaben. Wir müssen 630.000– € aus der Reserve nehmen. Ziel muß es sein die Abschreibungen als Gewinn zu erwirtschaften. Genau dies und eine Folgekostenbetrachtung soll ja die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik sichtbar machen und das Verständnis dafür erhöhen. Nur so können wir in Zukunft ohne eine grenzenlose Verschuldung in unsere Stadt und die Infrastruktur investieren.

Schaut man in die mittelfristige Finanzplanung, so muss man sich fragen: Ist ein ausgeglichener Haushalt wirklich unser aller Ziel? Für die FDP-Fraktion kann ich ganz klar sagen: Ja, auf jeden Fall! Deshalb muss zukünftig bei jedem einzelnen Ausgabeposten, der dem Rat vorgelegt wird, die Spardisziplin deutlich erhöht werden. Denn Steuererhöhungen als alternative Einnahme-Erzielungsmöglichkeiten sind für uns ganz und gar keine Option.

Bei den Einnahmen aus Wohn- und Geschäftsgebäuden hat sich die Situation gegenüber früherer Jahre erheblich verbessert. Nachteilig sind jetzt natürlich auch für die Stadt die sehr hohen Energiepreise für alle städtischen Liegenschaften.

Ein wesentlicher Posten im Haushalt sind die Kosten für die Kinderbetreuung. Ein Ende der Steigerung dieser Kosten ist derzeit bei der gesellschaftlichen Forderung der Kinderbetreuung von der Krippe bis zum Schulabschluss nicht absehbar. Außerdem kommen die gesamten Kosten für die Betreuung und Beschulung von Flüchtlingskindern hinzu. Aber das ist sehr gut investiertes Geld in die nächste Generation. Hier ergibt sich jedoch die Problematik, dass errichtete Kindergartenräumlichkeiten nicht bespielt werden können, da das dementsprechende Personal fehlt. Dieses fehlende Personal ist ein über Leimen hinaus bestehendes Problem das gesellschaftlich gelöst werden muss. Es muss aber auch in seiner gesamten Tragweite vor Ort im Fokus stehen.

Wie in jedem Jahr stehen wir allen Anregungen zum Sparen anderer Fraktionen offen gegenüber und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Gestaltungsraum bleibt zwar auch mit wenigen Mitteln, aber sparendes Wirtschaften ist dringend erforderlich. Und nicht alles, was wünschenswert ist, können und dürfen wir uns auch leisten.

In Krisenzeiten wie jetzt ist es entscheidend, dass wir zusammenrücken und unter den widrigen Bedingungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Leimens gemeinsam das Bestmögliche für unsere Stadt schaffen. Hier scheint es jedoch keinen parteiübergreifenden Konsens zu geben. Aus unserer Sicht lebt die Stadt an vielen Stellen über Ihre Verhältnisse. So ist es für uns unvorstellbar nur aus architektonischen Gründen den Bestandsschutz einer funktionierenden Heizzentrale in Frage zu stellen. Dies kann mittelfristig zu erheblichen Kosten bei der Sanierung der betroffenen städtischen Liegenschaften führen.

Genauso ist es für uns unvorstellbar einen Schulhof für mehrere Millionen zu bauen. Wenn – wie schon absehbar – die Zinsen auch für die Kommune erheblich steigen – wir reden von 0 auf 4 % – dann sind die Möglichkeiten der Stadt ganz schnell bei handlungsunfähig angekommen.

Die letztjährige Grundsteuererhöhung, die Wasserkostenerhöhungen und die Steigerung der Energiekosten belastet die Bürger in solch einem Maße dass viele ihre Nebenkosten nicht mehr bezahlen können und immer mehr Unterstützung vom Staat brauchen. In dieser Zeit ist es nicht angebracht großzügige Wahlgeschenke zu machen. Auch Versprechungen die man nicht erfüllen kann sollte man unterlassen.

Hätten alle Fraktionen Einsparungsvorschläge im gleichen Umfang wie die FDP vorgeschlagen, so wäre nicht eine weitere Kreditaufnahme von 5 Millionen erforderlich und damit eine weitere Erhöhung der Verschuldung um dann Ende des Jahres 2023 bei ca. 110 Millionen des Gesamtkonzerns Stadt vorhanden.

Da eine weitere Schuldenerhöhung aus unserer Sicht zukünftig verhindert werden muß – um die Handlungsfähigkeit nachfolgender Generationen zu gewährleisten – werden wir den Haushaltsentwurf mit einer weiteren Schuldenerhöhung ablehnen.

Klaus Feuchter – Vorsitzender FDP-Fraktion 

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